Navigation überspringen
Schau bis zum Ende hin

/ Wochenration / Lesezeit: ~ 3 min

Schau bis zum Ende hin

Selbstfürsorge als Mutter.

Kinder brauchen so viel von uns. Je kleiner sie sind, desto mehr, so scheint es manchmal. In den ersten Jahren meiner Mutterschaft hatte ich das Gefühl, nichts anderes zu tun als zu geben, zu kümmern, zu bespaßen, säubern, trösten etc. Das waren Tage, in denen ich manchmal vergaß, etwas zu trinken oder zu essen und eine kurze Dusche als Luxus einstufte. Ich dachte auch immer, das sei normal. Ich erinnere mich, wie meine eigene Mutter sagte, zu duschen sei ein Luxus als Mutter.

Heute weiß ich, dass so ein Satz ein großes Warnsignal sein sollte. Wenn Grundbedürfnisse wie Körperpflege für Mütter zum Luxus deklariert werden, ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Kein Mensch sollte sich so allein mit den Aufgaben der Elternschaft fühlen, dass es so weit kommt. Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzubekommen. Ein Dorf. Wo war dieses Dorf für meine Mutter damals? Wo für all die Mütter, denen gerade die Tränen kommen, weil sie einfach nicht mehr können?

Was brauchen Kinder denn von uns?

Natürlich brauchen Kinder Liebe, Fürsorge, Nahrung und Schutz. Das Übliche eben. So üblich, dass ich mir kaum noch Gedanken darüber machte. So dachte ich, meine Tochter würde schon verstehen, was ich meine, wenn ich ihr beim Schlafengehen sage, dass ich sie liebe. Doch Taten sprechen vor allem für Kleinkinder so viel mehr als Worte, denn non-verbale Kommunikation verstehen Kinder von Anfang an, während die Bedeutung von abstrakten Begriffen wie Liebe und Gefühle im Allgemeinen erst nach einigen Jahren wirklich Sinn für sie ergibt.

„Mama, guck mal!“

Vor wenigen Wochen machte mich meine Tochter auf eine subtile, aber eindeutige Art und Weise aufmerksam, dass ich sehr abgelenkt war und sie sich nicht wirklich beachtet fühlte. Wie so ziemlich jedes Kind hat sie Tage, an denen ich gefühlt eine Million Mal „Mama, guck mal!“ höre und mir einen Hopser, ein Bild eine Grimasse, eine Haarspange und andere weltbewegende Dinge anschauen muss. Ich hörte diesen Satz letztens so oft, dass ich nur kurz einen Blick hinwarf und ein abwesendes „Mhm“ rausbrachte, während sie versuchte mir etwas zu zeigen.

Ein paar Mal an diesem Tag sagte sie dann „Mama, schau mal bis zum Ende!“ Da erst bemerkte ich, dass ich tatsächlich so oft nicht bis zum Ende ihrer Aktion geschaut hatte und wie ich ihr dadurch unbewusst gezeigt hatte, dass es gerade irgendwas Wichtigeres gab, was meine Aufmerksamkeit einnahm. Wenn ich mich in sie hineinversetze, fühlt es sich alles andere als wertschätzend an.

„Sie bewegen gerade ihre Welt.“

Ich überlegte, was an solchen Tagen anders war als sonst, und stellte fest: Es waren Tage, an denen ich im Übermaß gab und mich kümmerte und mich dabei selbst komplett übersah. Es waren Tage, an denen ich einfach nicht ausgeglichen war und es mir dadurch super schwerfiel, im Moment zu sein. Denn auch, wenn es gerade etwas ironisch klang: Die Dinge, die meine Tochter mir zeigt, sind für sie weltbewegend, weil sie gerade ihre Welt bewegen – und das zählt, denn Sie bedeutet mir die Welt.

Wenn ich mich gut um selbst kümmere, bestenfalls als erstes am Morgen, dann bin ich innerlich ruhiger, meine Gedanken drängen sich nicht auf und ich kann mehr bei meinen Kindern sein, wenn sie es brauchen. Deshalb ist so ein selbstaufopfernder Dauerzustand, den viele Mütter an den Tag legen, auch so fatal, denn keinem ist damit geholfen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sich Kinder schnell verantwortlich fühlen, wenn es Mami nicht gut geht.

Selbstfürsorge als Mutter

Ich wünsche mir für meine Kinder, dass sie nicht mit dem Glauben aufwachsen, eine Last zu sein. Langsam verstehe ich, dass Selbstfürsorge auch als Mutter alles andere als selbstsüchtig ist, sondern die Basis, um friedvoll und achtsam Mutter sein zu können!

Selbstfürsorge sind eben nicht nur ein schöner Tee und eine warme Dusche, sondern zur Therapie zu gehen, Weiterbildungen besuchen, in Gottes Gegenwart zu verweilen, tiefe Gespräche zu nahestehenden Menschen führen, Beziehungen allgemein pflegen, innehalten und in sich hineinspüren, Tagebuch schreiben, künstlerisch tätig sein, Tanzen, Dinge tun, die mich lebendig machen. Wenn ich mir Zeit nehme, bei mir selbst hinzuschauen, kann ich so viel mehr auch bei meinen Kindern hinschauen. Und zwar bis zum Ende.

Dieser Text von Claire Gonzales wurde zuerst auf www.keineinsamerbaum.org veröffentlicht

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte dich auch interessieren