Ich bemerke es immer wieder beim Einkaufen oder auch in der Uni: Ich lebe in einer kapitalistischen Welt. Wir sind ständig auf Profit ausgerichtet und jagen in fast allen Bereichen einer dieser beiden Maximen nach:
- Versuche, mit dem, was dir zur Verfügung steht, deine Bedürfnisse und Wünsche bestmöglich zu befriedigen.
- Versuche, ein Ziel mit einem minimalen Einsatz an Mitteln zu erreichen.
Diese Denkweise ist auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen: Beim Einkaufen versuche ich Schnäppchen zu machen, indem ich schon im Vorfeld vergleiche, in welchem Supermarkt ich die günstigsten Weintrauben kaufen kann. Möglichst viel für mein veranschlagtes Lebensmittelbudget bekommen – diese Kunst beherrsche ich inzwischen! Den zweiten Grundsatz habe ich in der Uni perfektioniert. Eine Klausur mit möglichst wenig Aufwand zu bestehen – auch das kann gelernt werden und sich in stressigen Phasen als nützliche Fertigkeit erweisen.
Die beiden Strategien sind großartig für Unternehmen, Schnäppchenjäger und vielbeschäftigte Studenten. Es gibt aber auch einen Bereich, da kommt man mit diesem ökonomischen Prinzip nicht weit, und das ist ausgerechnet sie: die Liebe.
Liebe ist kein Businessplan, ...
...aber manchmal drängt sich mir die Frage auf, ob ich sie nicht als solchen missbrauche, wenn ich unter meinen handverlesenen Freunden entscheide, wer wie viel meiner Zeit bekommt, weil es sich mehr „lohnt“. Doch wer anfängt, Liebe als Handel zu verstehen, der wird unweigerlich Frustration erleben. Denn obwohl Beziehungen vom gegenseitigen Geben und Nehmen leben, wird Liebe im Keim erstickt, wenn sie als ein Geschäft betrachtet und als Gegenleistung eingefordert wird. Dagegen blüht sie auf, wenn sie freigiebig geschenkt wird.
Ich habe neulich Psalm 78 gelesen. Der Musiker Asaf fordert Israel darin auf, sich an die guten Dinge zu erinnern, die Gott für sein Volk getan hat. Dabei führt er folgendes Beispiel an:
Denn sie [die Israeliten] glaubten Gott nicht, und vertrauten nicht auf seine Hilfe. Und trotzdem gab er den Wolken über ihnen einen Befehl, ja, er öffnete die Türen des Himmels. Er ließ Manna auf sie regnen, damit sie zu essen hatten, Getreide aus dem Himmel gab er ihnen. Jeder von ihnen aß das Brot der Engel, und Gott gab ihnen Speise in Fülle.
(Psalm 78,22-25)
Aus einer menschlichen Perspektive heraus hätte Gott allen Grund gehabt, die Israeliten hängen zu lassen. Wenn sie ihm kein Vertrauen entgegenbringen, sondern stattdessen seine Fürsorge hinterfragen, hätte er kalt und abweisend reagieren können. Er aber gibt ihnen Essen; einen honigsüßen Beweis für seine persönliche und direkte Versorgung. Wie beschämend muss es für das Volk gewesen sein, als sie erlebt haben: Gott gibt, obwohl sie es nicht verdient haben.
Gott ist kein Investment-Banker
Wirtschaftlich betrachtet sind wir eine denkbar schlechte Investition für Gott, denn in Summe wird er immer mehr für uns tun, als wir ihm je zurückgeben könnten. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, uns seine Liebe auf tiefste Art und Weise am Kreuz auszudrücken. Er hat uns verschwenderisch geliebt. Nicht, weil wir uns angemessen revanchieren könnten, sondern weil er Liebe ist, gibt er großzügig. Sollten wir aus dem Grund die Menschen um uns herum nicht auf die gleiche Art und Weise lieben? Bedingungslos, großzügig, freigiebig.
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Die geschilderte Lebenseinstellung, insbesondere die beiden Handlungsmaxime, die in den ersten Abschnitten des Textes zum Ausdruck kommen, sind ostdeutschen Christen völlig fremd, da sie stärker im … mehrWIR erzogen worden sind als die Christen der westlichen Hemisphäre. Es aber mit dem "Kapitalismus" in Zusammenhang zu bringen, trifft es auch nicht ganz. Vielleicht kommt man mit dem Begriff "Konsummentalität" dem Phänomen näher, dem man in den Gemeinden immer häufiger begegnet, nämlich dass es zu viele Christen gibt, die alles Streben und Handeln nur immer am Eigennutz orientieren und nie selbstlos und leidenschaftlich für eine Sache brennen und es obendrein schlimmstenfalls noch nicht einmal merken.
Liebe Frau Brandebußemeyer, heute wird leider der Kapitalismus für alles verantwortlich gemacht. Das ist schade! Ich (Jahrgang 1964) bin froh in einer pluralistischen und damals noch christlichen … mehrGesellschaft (Westdeutschland) aufgewachsen zu sein. Wir hatten noch echten Religionsunterricht mit biblischen Geschichten und haben auch über den Tellerrand hinausgeblickt, indem wir etwas über ärmere Länder und das Leben dort erfahren haben. Und wir haben das Teilen auch noch gelernt. Obwohl ich heute von einer wirklich kleinen Rente (für die ich sehr dankbar bin!) lebe, will ich dennoch großzügig sein und immer wieder auch anderen eine Freude machen. Ich bin auch kein "Schnäppchenjäger" und versuche regional und saisonal einzukaufen. Es ist die persönliche Einstellung eines jeden Menschen, die den Unterschied macht und nicht eine Gesellschaftsform!!!! Und es ist auch die Prägung vom Elternhaus her, was ich als Kind schon gelernt habe - sich um andere kümmern beispielsweise - werde ich auch als erwachsene Person (in der Regel) übernehmen.
Klasse !!! uns seine Liebe auf tiefste Art und Weise am Kreuz auszudrücken. Er hat uns verschwenderisch geliebt. Nicht, weil wir uns angemessen revanchieren könnten, sondern weil er Liebe ist""