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© Emanuel Andreatta

14.07.2024 / Porträt / Lesezeit: ~ 10 min

Autor/-in: Elisa Meyer

Auf ewig vergeben

Bernadette Lang ist geweihte Jungfrau. Wie sie vom Ruf Gottes den Weg zur Weihe fand. Ein Porträt.

„Noch immer ist es ein sehr neues Lebensgefühl für mich. Freude durchströmt mich. Ich fühle mich sehr privilegiert. Tatsächlich bin ich nun ganz formal eine geweihte Jungfrau, jetzt ist es offiziell. Ich bin auf ewig vergeben.“ So beschreibt Bernadette Lang die ersten Tage nach ihrer Jungfrauenweihe.

Als geweihte Jungfrau verzichtet sie auf Ehe und Familie, um ihr Leben Jesus und seinem Dienst zu widmen. Man könnte meinen, das Leben in diesem Stand könnte einsam, langweilig und trist sein. Genau das hat Bernadette als Teenager befürchtet. Doch heute weiß sie, dass sie damit falsch lag.

Die Jungfrauenweihe gibt es bereits seit dem frühen Christentum. Frauen, die die Berufung verspüren, ihr Leben ganz Jesus zu widmen, werden bei diesem Ritus in der katholischen Kirche zur Braut Christi geweiht. Dies ist ein Zeichen der unzertrennlichen Liebe von Christus und den an ihn Gläubigen. Seit dem zweiten Vatikanischen Konzil der 1960er leben geweihte Jungfrauen nicht mehr in Klöstern und sind für ihren Lebensunterhalt selbst verantwortlich.

Bernadette Lang ist eine offenherzige und abenteuerlustige Frau. Die 34-Jährige hat sich Gott vor zwei Jahren im Salzburger Dom geweiht und Jesus als ihren ewigen Bräutigam angenommen. Sie lebt aber nicht in einem Kloster, sondern schult junge Erwachsene und ist Autorin, Podcasterin und Speakerin.

Ein Porträt über den Weg eines schüchternen jungen Mädchens, das an Gottes Existenz zweifelte und sich zu einer jungen Frau entwickelte, die ihr Leben voller Überzeugung und Leidenschaft Jesus weiht.

Der Traum vom Abenteuer

Bernadette Lang wächst auf einem Bauernhof in Oberösterreich auf. Sie ist ein schüchterner Teenager, schreibt gute Noten in der Schule und macht Leistungssport im Turnen. In ihrer Freizeit liest sie Fantasy-Romane und sie versucht, nicht großartig aufzufallen. Dennoch sehnt Bernadette sich danach, genau wie ihre Helden Abenteuer zu erleben und einen Unterschied in dieser Welt zu machen: „Ich träumte, dass ich für irgendjemanden da draußen unglaublich wichtig und bedeutsam sei. Dass es jemanden gäbe, mit dem ich ein Abenteuer bestehen würde.“

Sonntags schleppen ihre Eltern sie und ihre Geschwister zur Messe – eine für sie sehr langweilige Zeit, die sie ungeduldig absitzt. Über Gott glaubt sie lange, dass er viel Leistung von ihr erwartet und sie ist überzeugt davon, dass Gott ein langweiliger Gott sein muss.

Mit 14 Jahren nimmt ihre beste Freundin sie zu einem katholischen Jugendfestival nach Bosnien mit. Bernadette steckt zu diesem Zeitpunkt in einer Krise. Sie hört destruktive Musik, die einen solchen Einfluss auf sie nimmt, dass sie glaubt, früh sterben zu müssen. Nach außen hin zeigt sie aber wenig davon. In der Krise der Pubertät fragt sie sich, ob Gott überhaupt existiert und ist voller Zweifel.

Wasserfall der Liebe

Das Jugendfestival im Wallfahrtsort Medjugorje beeindruckt sie. 40 000 junge Menschen aus 70 Ländern sind auf einem riesigen Platz versammelt. Es gibt Lobpreismusik und sie feiern Gottesdienste. Die Menschen haben eine freudige Ausstrahlung, feiern und tanzen – ohne Alkohol oder Drogen. Besonders schön findet Bernadette es, wenn sie still beten. Sie ist fasziniert von dem, was sie sieht.

Auf dem Festivalplatz erlebt sie einen einschneidenden Moment, der ihr ganzes Leben verändern wird: Während eines Gottesdienstes hält der Priester eine Scheibe Brot hoch und sagt: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ Obwohl sie diese Worte schon häufig gehört hat, versteht sie nicht, was sie bedeuten.

Noch während sie darüber nachdenkt, begegnet ihr Gottes Liebe auf eine immense Art und Weise. Von oben bis unten wird sie von einer unerklärlichen Wärme durchströmt: „Es ist wie eine Geborgenheit, die mit Sanftheit und Bestimmtheit auf mich herab- und durch mich hindurchrieselt.“ Vor Bernadettes innerem Auge taucht das Bild eines Wasserfalls auf. Das innere Bild beschreibt sie so: „Während ich so da knie, fällt das Wasser sanft auf mich herab. Ich weiß, dass es der Wasserfall der Gegenwart Gottes ist.“

In diesem Moment werden Bernadette zwei Dinge klar: Erstens weiß sie nun, dass Gott existiert, ohne, dass sie weitere Beweise dafür braucht. Zweitens wird ihr bewusst, dass Gott sie bedingungslos liebt und dass sie sich Gottes Liebe durch ihr Verhalten weder verdienen noch verlieren kann. Sie weiß, dass Gott sie einfach deshalb liebt, weil sie existiert.

Während ich so da knie, fällt das Wasser sanft auf mich herab. Ich weiß, dass es der Wasserfall der Gegenwart Gottes ist.

Dieses Erlebnis ist für Bernadette der Start in die Beziehung mit Gott. Zuhause packt sie ihre Bibel aus und beginnt, darin zu lesen und mit Jesus über alles zu sprechen, was ihr auf dem Herzen liegt. Zusammen mit ihrer Schwester, die auch auf dem Festival dabei war und Feuer gefangen hat, gründet sie eine Jugendgruppe. Sie treffen sich regelmäßig zum Singen und Beten.

Eine aufwühlende Frage

Auch im nächsten Jahr fährt Bernadette wieder zum Jugendfestival nach Bosnien. Wieder erlebt sie einen besonderen Moment mit Jesus. Doch dieses Mal ist er nicht nur sanft und einladend, sondern es fordert sie zugleich heraus.

In einer Zeit der Anbetung kniet sie auf dem Boden und sie vernimmt eine Stimme in ihrem Inneren, die sie fragt: „Willst du mir gehören?“ Sie weiß direkt, woher diese Frage kommt. „Es besteht kein Zweifel, wer mich da fragt. Ich weiß es mit absoluter Sicherheit: Es ist Jesus.“ Intuitiv weiß sie außerdem: „Wenn ich Ja sage auf diese Frage, dann bedeutet es, dass ich Jesus ganz exklusiv gehören soll. Dass er diesen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen wird, der sonst nur einem zustünde: meinem Ehemann. Dass ich also niemals heiraten werde.“

Geteiltes Herz

Aus Angst, dass sie ein langweiliges, klösterliches Leben führen würde, verdrängt Bernadette die Frage. Sie befürchtet, dass ein „Ja“ auf die Frage bedeuten würde, ein farbloses Leben ohne Abenteuer und Leidenschaft zu führen. Mit 15 Jahren geht Bernadette eine Beziehung ein, die sie aber mit 18 Jahren wieder beendet.

Dennoch spürt Bernadette eine starke Sehnsucht, Gottes Ruf mit „Ja“ zu beantworten. In ihren stillen Zeiten bekommt diese Einladung Gottes mehr und mehr Raum. Der Gedanke, Gott allein zu gehören, lässt sie nicht mehr los.

Eine klare Entscheidung trifft Bernadette aber nicht und sie geht weiter ihren Weg ins Erwachsenenleben. Schulabschluss und Berufseinstieg stehen an, sie beginnt ein Studium der Religionspädagogik und Theologie.

Auf dem Pfad der Sehnsucht

Es gibt einige junge Männer, die Interesse an Bernadette bekunden. Ihre frühere Schüchternheit ist gewichen und sie ist immer offener gegenüber Menschen. Dennoch gibt sie den jungen Männern immer wieder einen Korb. Einfach fallen ihr diese Entscheidungen nicht und es tobt jedes Mal ein Kampf in ihrem Herzen. Doch möchte sie ihrer tiefen liegenden Sehnsucht folgen.

Als ein Freund sie am Valentinstag zu einem Spaziergang einlädt und sie offen mit ihm über ihre Sehnsucht spricht, bringt dieser sie auf den Gedanken, öffentlich zu ihrer Überzeugung zu stehen.

Mit der Unterstützung eines geistlichen Mentors entscheidet Bernadette sich mit 21 Jahren dazu, ein Jahr lang enthaltsam zu leben und keine Beziehung einzugehen. Sie gibt dazu ein feierliches, öffentliches Versprechen vor circa 300 Menschen bei einem Loretto-Gemeinschaftstreffen ab, einer charismatisch-katholischen Gemeinschaft. Dieses Jahr verbringt sie in der Loretto-Gemeinschaft, und in Australien, wo sie eine Jüngerschaftsschule macht. Überrascht stellt sie fest, dass sie diese Zeit besonders genießt: „Ich habe keinen einzigen Tag bereut. Jeder Tag war sehr erfüllend.“ Jahr für Jahr erneuert sie dieses Versprechen. Aus einem Jahr werden zehn.

Überrascht stellt sie fest, dass sie diese Zeit besonders genießt: „Ich habe keinen einzigen Tag bereut. Jeder Tag war sehr erfüllend.“

In dieser Zeit verwirklicht sie mit einigen anderen Christen ihren Traum, einen Ort zu schaffen, an dem junge Menschen zum Gebet, Lobpreis und für Schulungen zusammenkommen. So gründen sie die HOME Base Salzburg.

Berufung auf dem Prüfstand

Die Idee der Jungfrauenweihe festigt sich immer mehr in ihr und sie stellt den Antrag bei der Kirche. Doch noch während sie auf die Bewilligung wartet, geraten ihre Pläne ins Wanken. Sie lernt einen jungen, attraktiven Mann über einen Video-Call kennen. Sie ist fasziniert von seinem smarten Wesen und seiner ungewöhnlichen Geschichte. Als sie ihn kurzerhand ins HOME einlädt und er ihrer Einladung folgt, lernen sie sich näher kennen und schließlich verlieben sie sich ineinander. Bernadette erzählt ihm von ihrer Sehnsucht nach einer exklusiven Beziehung zu Gott und dass sie eigentlich schon ihre Jungfrauenweihe plant.

Der junge Mann macht ihr einen Vorschlag: „Wenn du dir in deiner Berufung so sicher bist, dann könntest du sie ja testen.“ Er möchte einen Monat mit ihr verbringen und in dieser Zeit soll sie ihre Berufung ehrlich überprüfen. Diese Idee wühlt Bernadette auf. Innerlich ist sie zerrissen. Sie fragt sich erneut: „Folge ich meinem schnellen Wollen, dem vielversprechenden leichteren Pfad meines Verliebtseins? Oder folge ich dem schwierigen Pfad hinauf auf den Berg, hinein in die rosagraue Wolke – hinein ins Ungewisse, hinein in die zerklüfteten Felsen meiner tiefsten Sehnsucht, nämlich: Gott allein zu gehören?“

Als sowohl ihr geistlicher Mentor als auch ein weiterer Priester sie dazu ermutigen, ihre Berufung tatsächlich noch einmal zu prüfen, lässt Bernadette sich auf das Experiment ein. Wie verabredet kommt der junge Mann für einen Monat nach Salzburg. Sie verbringen eine intensive Zeit miteinander: Sie gehen aus, machen Ausflüge, führen tiefe Gespräche. Sie lachen und singen, aber es gibt auch schwierige Diskussionen und Momente des Schweigens zwischen ihnen. Nach zwei Wochen bricht er das Experiment nach einem schwierigen Gespräch ab – kommt dann aber wieder zurück und sie versuchen es weiter.

Endgültig entschieden

Am Ende des Monats weiß Bernadette: Sie kann sich auf die Beziehung langfristig nicht vollkommen einlassen. Sie ist sich sicher, dass sie die Beziehung irgendwann abbrechen würde. Denn sie spürt klar und deutlich: „Ich weiß, dass Jesus mich gerufen hat. Und dass ich im tiefsten Innersten lieber ihm als einem Mann gehören möchte.“

Obwohl sie weiß, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, tut es ihr sehr weh, den lieb gewonnenen Freund zu verletzen. Sie leidet an dieser Erfahrung und die kommenden Monate sind für sie eine sehr harte Zeit.

Nun beschäftigt sie sich wieder intensiv damit, was ein zölibatäres Leben bedeutet. Sie macht sich Gedanken, wie sie diese besondere Beziehung zu Gott gestalten und wie sie Intimität auf gute Art und Weise leben kann.

Der große Tag

Dann steht endlich die lang ersehnte feierliche Weihe bevor. Die Tage vor der Weihe verbringt Bernadette in einem abgeschiedenen Kloster, wo sie sich innerlich ganz auf Jesus ausrichten kann. Dort wird sie von einer Journalistin abgeholt. Diese hatte sie zuvor darum gebeten, sie an ihrem Tag begleiten zu dürfen, da sie sich mit dem Thema Jungfrauenweihe beschäftigte. Doch es bleibt nicht bei der einen Journalistin. Bernadette Lang wird mit Anfragen von weiteren Zeitungsverlagen überflutet. Und nicht nur das: Sowohl im Internet als auch in den Zeitungen findet sie zahlreiche Berichte über ihre anstehende Weihe.

Am 15. August 2022 ist es so weit: Fast 1 000 Menschen kommen in den Dom nach Salzburg, um diese besondere Weihe mitzuerleben und zu feiern. In ihrem Brautkleid durchschreitet Bernadette den Mittelgang des Doms. Sie spürt eine große Freiheit und Freude darin, sich Jesus zu schenken. Mit jedem Schritt ist sie sich sicher in dem, was sie tut.

Sie spürt eine große Freiheit und Freude darin, sich Jesus zu schenken.

Bei der Fürbitte – sie liegt dem Ritus gemäß flach auf dem Boden – empfindet Bernadette, dass die Gebete wie Wellen über sie kommen. In diesem Moment auf dem Boden spürt sie die Gegenwart Gottes sehr deutlich.

Der Tag der Weihe ist für Bernadette ein Tag unbändiger Freude. Sie spürt, dass dieser Bund mit Jesus von großer Bedeutung ist, die das Diesseits übersteigt.

Geweihtes Leben

Seit fast zwei Jahren ist Bernadette nun geweihte Jungfrau. Über ihren Weg berichtet sie in ihrem Buch „Skandalöse Liebe“. Darin beschreibt sie Gottes Liebe zu uns Menschen so: „Ein Gott, der bis zum letzten Tropfen seines Bluts liebt. Ein Gott, der den größten Brautpreis bezahlt, den das Universum zur Verfügung hat: das Leben eines Gottes, sein Leben. Und das strömt jetzt in mein Herz.“

Die Fülle dieses Lebens ist Bernadette anzusehen. Die Erlebnisse in Bosnien und im Salzburger Dom waren für sie besonders heilige Momente. Aber auch ihr Alltag ist gefüllt von Begegnungen mit Jesus. Sie unterbricht ihren Tag immer wieder, um Gottes Nähe zu suchen und auf seine Stimme zu hören.

Bernadette lebt und arbeitet in der HOME Base in Salzburg, ein Haus unter dem Dach der Loretto-Gemeinschaft. Dort leitet sie eine Akademie, die Räume für junge Erwachsene schafft, um Gott zu begegnen und um eine Vision und Mission für ihr Leben entwickeln zu können. Mit fünf anderen Leitern wohnt sie in einer WG in der HOME Base. Außerdem ist Bernadette Lang weltweit als Sprecherin unterwegs. Sie organisiert zudem Konferenzen und Online-Meetings, um den Austausch unter Menschen zu stärken, die zölibatär leben oder darüber nachdenken, ihr Leben Gott in dieser Form zu weihen.

Heute freut sich Bernadette an ihrer Berufung. Trist und langweilig sieht ihr Leben nicht aus – im Gegenteil! Sie ist überzeugt: „Obwohl ich viele tolle Männer kennengelernt habe, kommt meinem Prinzen keiner gleich. Jesus ist der Schönste von allen.“

 Elisa Meyer

Elisa Meyer

  |  Crossmedia-Volontärin

Die crossmediale Redaktionsvolontärin setzt sich im Bereich Online und auf Social Media ein. In ihren Beiträgen gibt sie am liebsten ermutigende und biblische Themen weiter. Die studierte Kommunikationsgestalterin ist auch in ihrer Freizeit gerne kreativ oder in der Natur unterwegs.

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