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© Artem Bali / unsplash.com

17.03.2019 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Annabel Breitkreuz

Neid auf das perfekte Leben der anderen

Tipps für einen gesunden Umgang mit Social Media.

„Booking cancelled, because the tropical storm is coming“, stand auf dem Zettel, der für mich an der Hotelrezeption hinterlegt wurde. Ich kneife meine noch verschlafenen Augen fest zu und wieder auf, doch der Satz ist noch der gleiche: Meine Reservierung für die Schifffahrt zu den thailändischen Inseln in der Andamanensee wurde storniert.

Frustriert lege ich meinen bereits gepackten Rucksack ab und werfe einen Blick auf mein Handy. Ein Freund fragt mich via WhatsApp, ob es mir gut gehe und wie schlimm der Sturm sei. Irritiert klicke ich auf die Wetter-App, um mich über die aktuelle Situation zu informieren und bin sofort hellwach.

Ein Tropensturm zieht auf, so etwas habe es noch nie in Thailand außerhalb der Regenzeit gegeben. Die ersten Inseln sind bereits evakuiert, erklärt mir der freundliche Mann an der Rezeption. In den nächsten drei Tagen darf kein Schiff aufs Meer. Na toll, denke ich und verlängere genervt meinen Aufenthalt.

Ich ärgere mich, weil ich etwas nicht bin, was ich gern wäre

Als ich mich am Nachmittag das erste Mal aus dem Hotel wage, regnet es noch immer ununterbrochen. Vom Strand aus versuche ich den berühmten James Bond Felsen zu erkennen, der jährlich von Touristen aus der ganzen Welt bestaunt wird. Doch die Wolken hängen zu tief, um ihn sehen zu können.

Meine Füße sind bereits klatschnass, aber ich laufe immer weiter. Ich denke an die vielen Instagram-Fotos, die ich schon von diesem Ort gesehen habe und werde immer wütender. Nichts deutet darauf hin, dass ich das gleiche jemals erleben werde. Der Kloß in meinem Bauch wird immer größer: Warum kann ich das nicht auch haben?

Kennst du dieses unangenehme Gefühl, das entsteht, sobald du etwas siehst, was du auch haben möchtest? Ich glaube, jeder von uns war schon mal neidisch und ich behaupte sogar, dass wir, seitdem Social Media unseren Alltag bestimmt, besonders häufig neidisch sind.

Umso mehr Zeit wir in den sozialen Netzwerken verbringen, desto öfter werden wir mit dem Schönen und Perfekten im Leben der Anderen konfrontiert und umso mehr Gründe haben wir, neidisch zu werden. Ganz logisch! Nur spricht keiner ehrlich darüber.

Neid hat immer etwas mit mir selbst zu tun

Neid entsteht nicht bei jedem Foto, das wir in unserer Timeline sehen, sondern nur, wenn wir darin unseren eigenen Mangel oder Defizite entdecken. Rolf Haubl, Professor für Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie, bringt dieses Gefühl in seinem Buch Neidisch sind immer nur die anderen folgendermaßen auf den Punkt:

Ich sehe das von mir begehrte Gut im Besitz eines anderen und muss mit der Tatsache fertig werden, dass ich dieses Gut nicht bekommen werde. – Rolf Haubl

In meinem Fall wird Neid zum Beispiel durch ein neues WhatsApp-Profilfoto meiner Freundin ausgelöst, auf dem sie bei Sonnenschein vor dem James Bond Felsen in Thailand zu sehen ist.

Haubl unterscheidet verschiedene Sorten von Neid, die wiederum zu unterschiedlichen Konsequenzen führen. Der depressiv-lähmende Neid zum Beispiel macht mich so traurig, dass ich mich zurückziehe. Das Thailandfoto meiner Freundin könnte mich in diesem Fall dazu bringen, den Kontakt zu ihr abzubrechen.

Der feindselig-schädigende Neid hingegen würde dazu führen, dass ich das Bild als Angriff interpretiere und meiner Freundin deutlich mache, dass es mir überhaupt nicht gefällt und sie es lieber wechseln sollte. In beiden Fällen leidet die Beziehung zu meiner Freundin unter meinem Gefühl, dass sich allein aufgrund eines Fotos auf Social Media in meinem Bauch groß gemacht hat.

3 Tipps für einen gesunden Umgang mit Social Media

Die Frage ist also, wie wir mit dem Erfolg von anderen in den sozialen Netzwerken umgehen können, ohne dabei uns oder anderen zu schaden. Oder anders ausgedrückt: Wie schaffen wir es, dem Neid seine Macht zu nehmen?

Die gute Nachricht vorneweg: Es gibt einen gesunden Umgang mit Social Media und ich bin davon überzeugt, dass Christen dabei sogar einen entscheidenden Vorteil haben.  Der Glaube an Jesus Christus gibt klare Antworten auf die Frage danach, wer wir sind (1), was wir haben (2) und wozu wir geschaffen wurden (3) – noch bevor wir uns mit anderen Profilfotos vergleichen müssen.

In den folgenden drei Tipps erkläre ich, wie und warum diese Wahrheiten über unser Leben einen solchen Unterschied im Umgang mit Social Media machen.

 

Vergleichen ist durch Social Media so leicht, aber auch so falsch wie noch nie. Auf Facebook, Twitter oder Snapchat werden uns durch Likes, Follower und Shares Zahlen zugeschrieben, an denen wir uns automatisch orientieren. Wie reagieren die anderen auf mein neues Profilfoto? Werde ich in der Story meiner Freundin markiert? Wurde mein Post schon geteilt? Doch Gott hat dir einen Wert zugeschrieben, noch bevor du irgendetwas posten konntest – noch bevor du überhaupt irgendetwas tun konntest.

Es klingt vielleicht abgedroschen, ist aber schon lange nicht mehr selbstverständlich: Du bist wertvoller als deine Likes. Gottes Wert für dich bekommt womöglich keine Aufmerksamkeit oder Anerkennung auf Social Media, dafür aber ist es ein Wert, der außerhalb jeder Messinstanz liegt und dort für immer bleiben wird. Das, was Gott in dir sieht, ändert sich nicht. Du möchtest dich mal intensiver mit deinem wahren Wert beschäftigen? In diesem Artikel findest du Anregungen.

Gottes Wert für dich bekommt womöglich keine Aufmerksamkeit oder Anerkennung auf Social Media, dafür aber ist es ein Wert, der außerhalb jeder Messinstanz liegt und dort für immer bleiben wird.

Finde einen Weg, dich immer wieder daran zu erinnern, wer du wirklich bist. Vielleicht hilft es dir, deinen Tag ganz bewusst mit Gott zu beginnen, anstatt mit dem Aufruf deiner Social Media-Apps. Orientiere dich an Gottes Zuspruch, nicht an Zahlen in den sozialen Netzwerken.
 

Je häufiger ich durch den Newsfeed scrolle, umso mehr fühle ich mich dazu getrieben, mein eigenes Leben zu optimieren: Mehr arbeiten, öfter Sport machen und gesünder kochen. All das sind gute Vorsätze, wenn sie aus der eigenen Überzeugung entstehen. Doch meistens steht dahinter der soziale Druck, mithalten zu können. In den sozialen Medien jagen wir immer irgendwelchen Trends hinterher, die sich schneller ändern, als wir sie jemals erreichen könnten.

Zur Ruhe kommen, Dankbarkeit und Ankommen haben wenig mit einem aktiven Social Media-Leben zu tun. Gott hingegen hat nicht ohne Grund den letzten Tag der Woche geruht und uns damit einen gesunden Lebensrhythmus vorgegeben. Er schenkt uns sozusagen eine Leistungspause, um uns aus dem Hamsterrad der Selbstoptimierung herauszuholen. Wenn du dir noch keine Gedanken über Gottes Idee vom Sonntag gemacht hast, kannst du sie hier nachlesen.

Ich möchte dich an dieser Stelle dazu ermutigen, an einem Tag in der Woche einen Raum zwischen dir und Social Media einzuräumen, an dem du nicht einem Ideal hinterherjagst und ein perfektes Leben vortäuscht. Vielleicht hilft es dir, dich sonntags sogar ganz auszuloggen, um dich darüber freuen zu können, was Gott dir bereits schon alles in deinem Leben geschenkt hat. Ich verspreche dir, du wirst mehr sehen, als du jemals in deiner Instagram-Story veröffentlichen könntest.
 

Auf Facebook, Instagram und Co. können wir mit unzähligen Unbekannten in Kontakt treten und ihr Leben verfolgen. Das ist zwar einerseits inspirierend, auf der anderen Seite aber lenkt es uns stark von den eigenen Schritten im Leben ab. Wir verlieren uns in den sozialen Netzwerken oft in einer Welt der Möglichkeiten und verpassen dadurch das, was uns Gott direkt vor die Füße legt.

Du bist dazu geschaffen, auf deine eigene Art Gott zu ehren – an dem Ort, wo er dich hinstellt. Gott hat einen individuellen Lebensplan für jeden von uns, den wir nur ergreifen müssen. Stattdessen greifen wir aber zu den Lebensideen und -konzepten, die wir bei anderen beobachten. Oder anders ausgedrückt:

Gott hat dich geschaffen, damit du in seinen Fußstapfen laufen kannst und nicht in denen von einer anderen Person.

Die Frage ist also, wem folgst du? Eifere nicht jemand anderem nach; suche Orientierung für dein Leben nicht auf den Profilen von anderen Menschen. Wenn du nicht weißt, wohin dein nächster Schritt gehen soll, lege einen Social Media-Detox ein, damit du dich auf Gottes Fußspuren fokussieren kannst. Dieser Onlineworkshop hilft dir dabei, deinen eigenen Weg mit und für Gott zu finden.
 

Zurück in Thailand

Auch nach einem sehr langen Spaziergang durch den Regen in Thailand war kein Stück Sonnenschein zu sehen. Den James Bond Felsen habe ich bis heute noch nicht gesehen. Stattdessen landete ich einige Tage später bedingt durch den Tropensturm in einer anderen Region Thailands und entdeckte dort die wohl schönste einsame Insel.

Für diese Entdeckung gab es keinen Like-Applaus, dafür aber eine tiefe Zufriedenheit, endlich das gefunden zu haben, was ich brauchte: Ruhe und eigene Erfahrungen anstelle von Nacheifern und Vergleich.

Heute muss ich darüber schmunzeln, wie gut mich Gott kennt. Er wusste, dass mich ein Selfie vor einem Felsen niemals so lang erfüllen wird wie das Erkunden von einsamen Inseln mit einem roten Kajak. Ich wünsche dir, dass du die Führung Gottes auch in deinem Leben erleben darfst und dass dich dein Neid dazu wachrüttelt, dich auf das Wesentliche im Leben zu fokussieren.


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 Annabel Breitkreuz

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