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© Hanaoka / unsplash.com

25.05.2023 / Buchauszug / Lesezeit: ~ 14 min

Autor/-in: Tony Reinke

Mit dem Smartphone smart leben

Autor Tony Reinke gibt Tipps für einen gesunden Umgang mit dem Handy.

Tony Reinke (*1977) ist Journalist mit den Schwerpunkten Theologie und Ethik. Als solcher nutzt er sein Smartphone gerne und auf vielfältige Weise. Reinke hat aber auch gemerkt, dass das Smartphone sein Leben und seine Gottesbeziehung nicht nur zum Guten beeinflusst.

In seinem Buch Wie Dein Smartphone dich verändert greift er zwölf Lebensbereiche auf, die seiner Meinung nach von den eher negativen Auswirkungen der smarten Technik besonders betroffen sind.  Er geht dabei auch der Frage nach, ob oder wie das Smartphone das geistliche Leben eines Christen verändert. Gleichzeitig wirbt der Autor für, einen ausgewogenen Umgang mit dem Smartphone und gibt praktische Tipps, wie das aussehen kann.

Wir veröffentlichen mit freundlicher Genehmigung des Betanien Verlages einen Auszug aus dem Buch. Hier finden Sie eine ausführliche Rezension zum Buch.

Wie wir uns müde scrollen

Als ich heute müde von der Arbeit kam und auf der Suche nach ein wenig Ablenkung war, öffnete ich Facebook auf meinem Handy. Ich scrollte zu einem Video von einer Katze, die wie ein weinendes Kleinkind klingt.

Dann guckte ich ein neues Video über Waffenkontrolle an; dann sah ich eine neuentwickelte Tastatur für Tablets; anschließend las ich eine Story aus dem neuesten Prominentenklatsch; dann wurden mir zwanzig Fotos von Schauspielern angeboten, die verblüffend stark gealtert aussahen (was ich ignorierte); dann sah ich eine Eilmeldung über eine illegale Miliz in Oregon; dann las ich, dass Nordkorea offenbar einen Atombombentest durchgeführt hat; dann schaute ich ein virales Video von einer »Monster-Schredderanlage«, die Kühlschränke, Sofas und ganze Autos mit ihren riesigen Metallringzähnen zerquetscht; und dann sah ich ein Foto von einem Freund und seiner Frau aus ihrem Island-Urlaub.

Immer weiter scrollte ich die endlose Liste zusammenhangloser, bruchstückhafter Beiträge durch. Die meisten von ihnen waren eigentlich so unwichtig wie uninteressant. Ich war weder erbaut noch erfrischt, nur noch müder als schon vorher, weil ich ein Nickerchen versäumt hatte, das ich eigentlich hätte nehmen sollen oder einen Spaziergang, den ich hätte machen können.

Stattdessen wurde ich schnell zurück zu meinem Handy gelockt, um noch mehr zu bekommen. Und dann erinnerte ich mich, dass ich schon morgens meine guten Vorsätze missachtet hatte. Mein Kampf gegen meinen hartnäckigen Hang zum Smartphone, den ich in meinem Herzen bemerke, hat gerade erst angefangen.

Strategie des Nichts

Was mir allmählich klar wird: Dieser Impuls, am Hebel eines Glücksspielautomaten viraler Inhalte zu ziehen, ist die uralte Taktik des Satans. C. S. Lewis nannte sie die Strategie des Nichts. Es ist die Strategie, die einen Menschen am Ende seines Lebens schließlich mit der Klage zurückblicken lässt:

„Ich sehe jetzt, dass ich die meiste Zeit meines Lebens damit vergeudet habe, weder das zu tun, was ich tun sollte, noch das, was ich gerne getan hätte … Diese Strategie des Nichts ist sehr stark: stark genug, um die besten Jahre eines Menschen zu stehlen – nicht in süßen Sünden, sondern in trostlosem Geflimmer des Verstandes über ich weiß nicht was und ich weiß nicht warum, in der Befriedigung von Neugierden, die so schwach sind, dass der Mensch selbst sich ihrer nur halb bewusst ist … oder in dem langen, schummrigen Irrgarten von Träumereien, denen nicht einmal Lust oder Ehrgeiz einen Geschmack verleihen. Doch die Kreatur ist zu schwach und zu berauscht, um sie abzuschütteln, sobald sie durch zufällige Assoziation entstanden sind.“ 1

Routinen des Nichts. Gewohnheiten, die unnütz sind für unsere Berufung. Ein Hamsterrad dessen, was niemals unsere Seelen sättigen wird. Lewis’ Warnung vor dem trostlosen Geflimmer vor unseren Augen ist ein lauter prophetischer Weckruf an unser digitales Zeitalter. Wir sind immer beschäftigt, aber immer abgelenkt – diabolisch weggelockt von dem, was wirklich wichtig und wahrhaft befriedigend ist.

Halbwaches Irren in digitalen Eitelkeiten

Geleitet von unseren ungezügelten digitalen Gelüsten schaffen wir es, jene beiden Gebote zu übertreten, die Ziel und Orientierung in unser Leben zu bringen verheißen. Wir scheitern darin, uns an Gott zu erfreuen. Wir scheitern darin, unseren Nächsten zu lieben.

Inmitten dieser Gewohnheiten der Nichtigkeit irren wir halbwach in digitalen Eitelkeiten umher und neigen dazu, unsere digitale Verantwortung preiszugeben, um digitale Wichtigtuer und Einmischer zu werden.2 Wir opfern unsere Zeit für Dinge, die zwar nicht direkt sündig sind, die uns aber weder Freude vermitteln noch uns zur Hingabe an Gott zurüsten können.

Satans Strategie des Nichts zielt darauf ab, uns mit endlos scrollenden Worten, Bildern und Videos zu füttern, die unsere Gefühle abstumpfen – anstatt unsere Freude zu beleben und uns vorzubereiten, uns Gott in Liebe hinzugeben.

Das Smartphone als „Zauberstab“, der glücklich macht?

Technik macht das Leben leichter. Doch Unreife macht Technik selbstzerstörerisch. Mit meinem Handy erlebe ich, dass ich ständig zwischen nützlicher Effizienz und sinnloser Gewohnheit hin und her schwanke. Ich werde oft daran erinnert, dass mein Handy vieles sein kann, aber kein Spielzeug ist.

Der Zauberer und der Handynutzer sind enge Verwandte,3 und das liegt daran, wie Literaturkritiker Alan Jacobs schreibt, dass moderne Technik uns eine Zauberkraft bietet, die der magischen Kraft in den Harry-Potter-Romanen ähnelt: „Oft spaßig, oft überraschend und aufregend, aber auch immer potentiell gefährlich … Die Technokraten dieser Welt halten Mächte in ihren Händen, die schier unendlich größer sind als die Kräfte von Albus Dumbledore und Voldemort.“4

In unsere Hände wurden diese Zauberstäbe gegeben, diese Smartphones, diese Mächte des Götzendienstes, vollgeladen mit der Erwartung, sie könnten uns Erlösung verschaffen.

Werden wir als Marionetten einer lukrativen Industrie?

Das digitale Zeitalter kann unsere Herzen in ungesunder Weise verzaubern und fesseln. Unsere technischen Errungenschaften neigen dazu, Gott immer bedeutungsloser für unsere Welt und unser Leben zu machen – und das ist Weltförmigkeit in Reinkultur.5

Und wenn unsere digitale Technik unser Gott, unser mächtiger Zauberstab wird, wird diese Technik uns unweigerlich zu Technikern umformen, die meisterhaft die Komfortzonen einer toten Welt beherrschen.

Ziellos stundenlang durch Feeds und Fotos klickend fühlen wir uns, als hätten wir die Kontrolle über unsere Geräte, während wir in Wahrheit Marionetten sind, die von einer lukrativen Industrie beherrscht werden.

Ein Störenfried in der Gottesbegegnung

Unsere Technik macht uns zwar nicht gleich zu Atheisten, aber sie scheint die Anbetung Gottes immer irrelevanter zu machen, je mehr Gott aus unserem Leben verdrängt wird. Wir vergessen, wie man Gott begegnet, und doch verteidigen wir unsere Smartphones und sind nicht bereit zuzugeben, dass uns mehr daran liegt, die Mechanismen unseres Lebens zu beherrschen, als den Gott anzubeten, dessen souveräne Kraft jeden unserer Atemzüge lenkt.

Wir müssen auf die Anzeichen dafür achten, dass unsere Anbetung vom Kurs abkommt. Wir können nicht mehr einfach voll Bewunderung Gott anbeten, ohne dabei zwanghaft und zappelig nach unseren Handys zu fingern. Wir reden mehr über Gott als mit ihm. Unser Herz will lieber leeren Anbetungsmustern folgen als dem Geist Gottes begegnen.

Unser Gottesdienst am Sonntag ist oberflächlich, aber unsere Woche ist angefüllt mit einer endlosen Suche nach geistlichem Rat, wie wir das in Ordnung bringen können, von dem wir wissen, dass es nicht in Ordnung ist.

Wir suchen eine mechanische Beziehung zu Gott und suchen neue Techniken, die geistliche Leere in unserem Leben zu füllen. Solche Anzeichen offenbaren, wie Technik unsere Prioritäten herabstuft. Doch Anbetung verlangt Neuausrichtung in unserem Leben.

Ist der Glaube machbar?

„Vor einhundert Jahren wäre kein Christ auf die Idee gekommen, ein Buch mit dem Titel zu schreiben: Drei leichte Schritte, um mit dem Heiligen Geist gefüllt zu werden“, sagt Tim Keller. „Wisst ihr, einerseits sind wir so von unserer technikbegeisterten Gesellschaft angesteckt, dass wir alles zu einer Ware machen möchten. Lasst uns alles auf eine einfache Methode reduzieren. Ich will die Kontrolle behalten.“6 So funktioniert das Leben heute.

Keller stellt ein kritisches Warnsignal für uns christliche Pilger im digitalen Zeitalter auf. In unserer Vorliebe für Methoden, Techniken und Macht verlieren wir unseren Weg aus den Augen – wir verlieren unsere Anbetung und unser Gebet, weil Gott für unsere Technik zweitrangig geworden ist.

Aber Gott ist der souveräne König, der sich nicht vor unseren Geräten und deren Beherrschung verneigen wird. Apps können mir helfen, meinen Bibelleseplan einzuhalten, und sie können mir helfen, mein Gebetsleben zu organisieren, aber keine App kann meiner Gemeinschaft mit Gott Leben einhauchen.

Mut zum (selbst-)kritischen Umgang mit dem Smartphone

Selbstkritik ist im digitalen Zeitalter eine notwendige Disziplin und ein Akt der Courage. „Durch unsere Kritikfähigkeit zeigen wir unsere Freiheit. Das ist die einzige Freiheit, die wir noch haben, wenn wir nur den Mut haben, sie zu ergreifen.“

Unsere Freiheit von Technikmissbrauch lässt sich daran messen, ob wir fähig sind, Technik wohldurchdacht zu kritisieren und keine zu hohen Erwartung an sie für unser Leben zu haben. Unsere Verknechtung unter die Technik lässt sich daran messen, ob wir unfähig sind, uns selbst wohldurchdacht zu kritisieren.

Was nützt es dem Menschen, wenn er die neuesten technischen Geräte hat und den Touchscreen perfekt beherrscht, aber Schaden nimmt an seiner Seele (Markus 8,36)? Sind wir couragiert genug, uns das zu fragen?

Ein Smartphone kann nie die größten Bedürfnisse des Lebens erfüllen

Die Wahrheit ist: Die freundliche Roboterstimme in meinem Smartphone kann ein nahegelegenes Restaurant für mich finden und mir sagen, wann ich das Restaurant verlassen muss, um dem Berufsverkehr zu entgehen. Aber mein Smartphone kann niemals die größten Bedürfnisse des Lebens erfüllen.

Mein Handy kann nicht erklären (ebenso wenig wie jede andere Technik), weshalb ich existiere, kann nicht Sinn und Zweck meines Lebens definieren, kann mir nicht sagen, wann ich mich im Leben verrannt habe, kann nicht die Prioritäten meines Lebens ordnen und kann mir nicht sagen, welche Lebensentscheidungen moralisch richtig oder falsch sind.

Couragiert und selbstkritisch muss ich mir drei Fragen stellen:

  • Meine Ziele: Bewegt mich mein Smartphone-Verhalten zu Gott hin oder von ihm weg?
  • Mein Einfluss: Ist mein Smartphone-Verhalten für andere erbaulich oder bewirkt es nichts von bleibendem Wert?
  • Mein „Dienstherr“: Offenbart mein Smartphone-Verhalten Freiheit in Christus oder Verknechtung unter die Technik?
     

Auf den Heiligen Geist hören lernen

Sollten Christen ihre Smartphones also gegen einfache Dummphones eintauschen? Diese Entscheidung muss jeder für sich treffen und dabei auf den Heiligen Geist in seinem Leben hören. Wir widmen unseren Handys mehr Aufmerksamkeit als der dritten Person der Dreieinigkeit; aber er kümmert sich mehr um uns als wir selbst.

Vielleicht glaubst du, geistlich davon zu profitieren, dass du eine Zeitlang auf dein Handy verzichtest. Oder du fühlst dich dazu geleitet, deine einschränkenden Regeln für deinen Smartphonegebrauch neu zu überdenken. Oder du hast die Schnauze voll von deiner Lieben-hassen-deaktivieren-löschen-reaktivieren-Beziehung zu den sozialen Medien und du bist bereit, dich von deinem Smartphone komplett zu trennen.

Ich kann dir nicht sagen, was du tun musst, doch ich kann dich ermutigen, auf die Überführung des Heiligen Geistes zu hören, der dir helfen wird, den nächsten Gehorsamsschritt zu gehen.

Einander gnädig begegnen

Manche Leute erweisen sich als Meister eines ausgewogenen Umgangs mit dem Smartphone und fallen nicht den in diesem Buch beschriebenen mächtigen Verlockungen und Fallstricken zum Opfer. Manche integrieren die Vorzüge digitaler Errungenschaften harmonisch in ihr Leben, als seien sie technisch-menschliche Kentauren. Doch nicht alle schaffen diese Ausgewogenheit. Für uns alle gilt die Herausforderung, einander gnädig zu begegnen.

Der Hochmut der Technophobie spricht wie der Pharisäer in Lukas 18,11: „Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie dieser Gadget-Junkie bin, der ständig von seinen Geräten abgelenkt und von den Banalitäten einer Scheinwelt gefesselt ist.“ 

Der Hochmut der Technophilie sagt ganz entsprechend: „Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie dieser Technik-Verächter bin, der zu undiszipliniert ist, um mit den digitalen Ablenkungen der realen Welt umzugehen.“

Beide Haltungen sind arrogant.

Smartphone-Vielfalt in der christlichen Gemeinde

Die Gemeinde braucht Christen, die Smartphones benutzen und solche, die sie nicht benutzen. Wie ich im Vorwort dieses Buches schrieb: Unser Smartphone-Verhalten deckt unser Herz auf. Das bedeutet, dass die Lösung für ungesunde Smartphone-Gewohnheiten nicht allein darin liegt, sich in ein prä-digitales Utopia von Schreibmaschinen und Venylschallplatten zurückzuziehen.

Einfach alle Christen aufzufordern, ihre Smartphones wegzuwerfen, ist nicht die Zauberformel, weil wir ohne echte Demut, echtes Sündenbekenntnis und übernatürliche Herzensveränderung nicht frei sein werden von den banalen Ablenkungen und Zuckerwatte-Verlockungen, die uns auch offline begegnen. 

Am Anfang dieses Buchprojekts sagte der Theologe David Wells, dass wir keine digitalen Mönche werden können. Nein, nicht wir alle. Der Historiker Bruce Hindmarsh äußerte mir gegenüber als erster den Gedanken, dass die Gemeinde einige junge Christen braucht, die bereit sind, offline und außerhalb der digitalen Welt zu leben, damit Gläubige, die in der digitalen Welt verstrickt sind, einen Gegensatz und Vergleich für die persönliche Reflektion finden können.

Oder wie er es ausdrückte: „Jene, die außerhalb des Internets leben, fungieren etwa wie im Weltraum lebende Astronauten, die bei ihrer Rückkehr berichten können, wie es ist, in einem völlig anderen Umfeld zu leben.“

Oder, wenn wir die Metapher umkehren (für jene, die sich an dem Ausdruck digitaler Mönch stören9): Wir brauchen Leute, die quasi auf der Erde ein unvernetztes Leben führen, damit wir, die wir mit dem digitalen Zeitalter verkabelt sind und jetzt im Weltraum technischen Fortschritts schweben, rückblickend sehen können, ob unsere Handys uns im Leben wirklich vorangebracht haben oder ob wir nur ziellos umhertreiben.

So oder so, wir brauchen sie – diese Christen, die möglichst offline leben (selbst wenn manche voraussagen, dass die Begriffe online und offline bald der Vergangenheit angehören werden).

Zeitweise leben wie ein digitalter Mönch

Für Smartphonenutzer wird ein zeitweiliges digitales Mönchtum zweifellos zur notwendigen Disziplin gesunder christlicher Lebensführung werden. Ich hätte dieses Buch nicht schreiben können, ohne mein Handy oft abzuschalten. Und in intensiven Phasen des Schreibprozesses schaltete ich das WLAN meines Computers aus.

Anfangs fühlte ich mich sehr isoliert, doch mit der Zeit wurde diese Praxis heilsam und befreiend, besonders wenn ich meinen phasenweisen Berufungen nachging. Wir tun gut daran, oft an Francis Schaeffers Worte zu denken: „Christen leben mit zwei Rahmenbedingungen: 1.) was der Mensch tun kann, und 2.) was der Mensch tun sollte. Der moderne Mensch hat die letztere Rahmenbedingung nicht.“10

Die entscheidende Frage, die wir uns im zügig fortschreitenden Zeitalter der Digitaltechnik ständig stellen sollten, lautet nicht: „Was kann ich mit meinem Handy alles machen?“, sondern vielmehr: „Was sollte ich mit ihm machen?“ Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn wir verstehen, wozu wir überhaupt existieren.

Smart mit dem Smartphone leben

In der augenblicklichen Phase meines Dienstes habe ich ein Smartphone und behalte es. Doch wie nie zuvor kann ich erkennen, wie unnötig das Handy für die meiste Zeit meines Lebens ist. Ich ermutige dich, weit disziplinierter zu sein, als ich es von mir je zu hoffen wagte. Dieses Buch zu schreiben, bedeutet für mich eine neue Ära in meiner Beziehung zur Digitaltechnik.

Die vielleicht klarste Offenbarung, die ich aus diesem Buchprojekt gewonnen habe, ist einfach: Um von meinem Handy zu profitieren, muss ich nicht immer alle Funktionen nutzen. Das ist deshalb wahr, weil mein Handy eine offene Plattform für Entwickler ist, die es mit schillernden Apps füllen, die mir Produktivität und Unterhaltung versprechen.

Entgegen Francis Schaeffers weisem Rat, kaufen wir unsere Handys mit der unreflektierten Annahme, dass unsere Geräte alles, was sie tun können, auch tun sollten. Oder, um es konkreter auszudrücken, wir neigen dazu, unsere Geräte mit einem Haufen unnötiger Apps zu füllen.

Das klingt verrückt? Ist es auch, weil uns angewöhnt wurde, nie die Frage nach dem Minimum zu stellen: Was muss mein Handy unbedingt können?

Bewusstwerdung: Was brauche ich wirklich?

Bei anderen technischen Produkten fragen wir das durchaus. Angenommen, ich fahre in meinem Minivan. Laut Tachoanzeige kann mein Van 220 km/h fahren (das habe ich noch nicht probiert). Somit könnte ich mit meinem Van jedes Wochenende auf einer nahegelegenen Rennstrecke ein Rennen fahren, nur so zum Spaß.

Doch dafür ist der Van nicht da. Er wurde nicht entwickelt, um Rennen zu gewinnen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen zu übertreten. Er existiert als sicheres Transportmittel für meine Familie. Um den vollen Nutzen von meinem Van zu haben, muss ich nicht sämtliche seiner Funktionen in maximaler Leistung anwenden.

Wenn mein Van tatsächlich 220 km/h erreichen kann (was ich bezweifle!), dann dafür, dass ich legal, sicher und bequem mit 120 km/h reisen kann. Es gibt ein unausgesprochenes Limit dessen, was ich von meinem Van erwarte. Bestimmte Eigenschaften dienen meiner Familie – andere nicht.

Der Schlüssel, um im Smartphone-Zeitalter Ausgeglichenheit zu erlangen, heißt Bewusstwerdung. Digitale Technik kann uns am meisten nützen, wenn wir ihren Einfluss auf unser Leben begrenzen. Die Welt wird von Technik immer erwarten, dass sie die Menschheit von finstersten Ängsten befreien wird. Zu diesem Zweck werden sich die Menschen immer bahnbrechenderen Neuentwicklungen unterwerfen.

Doch um zu verhindern, dass diese falsche Hoffnung auf Erlösung durch Technik noch größeren Einfluss bekommt, können wir Technik einfach als das annehmen, was sie ist: ein oft hilfreiches, praktisches Werkzeug, um berechtigten Bedürfnissen in unserem Leben zu dienen.

Mehr über den Autor Tony Reinke finden Sie auf seiner Website.


[1] C. S. Lewis, The Screwtape Letters (New York: HarperOne, 2001), S. 60.

[2] 1Thes 4,11; 2Thes 3,11; 1Tim 5,13; 1Petr 4,15.

[3]  C. S. Lewis, The Abolition of Man or Reflections on Education with Special reference to the Teaching of English in the Upper Forms of Schools (New York: HarperOne, 2001), S. 76-77.

[4]  Alan Jacobs, A Visit to Vanity Fair: Moral Essays on the Present Age (Grand Rapids, MI: Brazos, 2001), S. 147-148.

[5] Siehe Craig M. Gay, The Way of the (Modern) World: Or, Why It’s Tempting to Live as If God Doesn’t Exist (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1998).

[6] Timothy Keller, Predigt »Be Filled with the Spirit – Part 1«, gospelinlife.com (16. Juni 1991).

[7]  Jacques Ellul, The Technological Bluff (Grand Rapids: Eerdmans, 1990), S. 411.

[8] Bruce Hindmarsh, telefonisches Interview mit dem Autor (12. März 2015).

[9] Alan Levinovitz, »I Don’t Have a Cellphone. You Probably Don’t Need One Either«, vox.com (15. März 2016).

[10] Francis A. Schaeffer, The Complete Works of Francis A. Schaeffer: A Christian Worldview, Bd. 1, A Christian View of Philosophy and Culture (Westchester, IL: Crossway, 1982), S. 369, Hervorhebung original.

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (2)

G.W. /

Pflichtlektüre für Handy-Nutzer.
Geistlich notwendige + wichtige Lektion

G.W. /

danke! Sehr bedenkenswert und geistlich notwendig

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