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© Fabian Centeno / unsplash.com

30.08.2024 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Lass dich von Gott umarmen!

5 Tipps, um dein verletztes inneres Kind mit Gottes Hilfe zu heilen.

„Am liebsten möchte ich mich auf den Boden setzen und losheulen.“ Das habe ich schon in so manchen Lebenssituationen gedacht. Doch leider bin ich erwachsen. Früher, wenn ich in solch eine Situation kam, habe ich mich zu Mama oder Papa geflüchtet; heute muss ich ganz allein da durch. Und oft erfordert es die Situation, dies erhobenen Hauptes und ohne Weinen zu tun.

Es ist nichts Ungewöhnliches, dass wir Menschen hier und da in Lebenssituationen geraten, in denen wir überfordert sind und am liebsten wie ein Kind umhegt und beschützt werden wollen. In einer Krise ist das meiner Ansicht nach sogar natürlich. Wenn wir eine Situation selbst nicht lösen können, ist es normal, dass wir uns Schutz und Hilfe von anderen erhoffen.

Das verletzte innere Kind

Was aber, wenn ich auch in Alltagssituationen immer wieder an meine Belastungsgrenzen komme und mich hilflos wie ein Kind fühle – und vielleicht auch so reagiere? Dann kann es sein, dass ich in meiner Kindheit schwierige Erfahrungen gemacht habe, die immer wieder hochgespült werden. Ich greife dann automatisch auf meine Bewältigungsmuster als Kind zurück. Man spricht hier in der Psychologie vom „verletzten inneren Kind“.

In gewisser Weise haben wir vermutlich alle kindliche Anteile in uns, die Heilung bedürfen.

Es kann sein, dass mir als Kind oft nicht zugehört wurde. Wenn ich heute in eine ähnliche Situation komme, reagiere mit kindlichem Trotz, Rückzug oder Wut, statt meinen Gesprächspartner freundlich zu bitten, mir zuzuhören. Oder ich wurde als Kind in einer beängstigenden Situation allein gelassen und trage als Erwachsene jetzt Verlustängste mit mir herum.

Doch was kannst du tun, wenn du realisierst, dass dein inneres Kind dich immer wieder auf solche Verletzungen aus der Vergangenheit stößt? Priska Lachmann gibt in ihrem Buch „Wie dein inneres Kind Heilung bei Gott findet“ folgende 5 Tipps:

1. Nimm dein inneres Kind in die Arme!

Ein Punkt ist, dir anzuschauen, wie du aufgewachsen bist. Welcher Bindungsstil herrschte in deiner Herkunftsfamilie vor? Welche Triggerpunkte aus deiner Vergangenheit gibt es und wie beeinflussen sie dein Verhalten und deine Beziehungen heute?

Mehr zu dieser Thematik findest du in unserem Artikel „Gepäck aus der Kindheit“.

Wenn du diese Punkte identifiziert hast, richtest du den Blick wieder in die Gegenwart und Zukunft. Was kannst du heute praktisch tun, wenn dein inneres Kind mit seinen Verletzungen plötzlich die Kontrolle übernehmen will?

Ein einfacher Tipp ist, in Gedanken dieses verängstigte innere Kind in den Arm zu nehmen.Wende dich diesem Anteil deiner Persönlichkeit mit deinem Erwachsenen-Ich ganz bewusst zu und sage ihm zu: „Ich sorge für dich, ich gebe auf dich acht.“ Das hört sich vielleicht erst einmal seltsam an und wird nicht unbedingt beim ersten Mal funktionieren. Aber wenn du das öfter einübst, kannst du lernen, diesen verletzten Anteil in dir selbst zu beruhigen.

Als Christ kannst du dein inneres Kind auch bewusst zu Gott bringen. Selbst wenn du in deiner Kindheit nicht immer sicher warst, ist Gott ein perfekter Vater.

Er wartet nur darauf, dich und dein inneres Kind in die Arme zu schließen. Er möchte dir die Sicherheit geben, nach der du dich sehnst.

2. Betrauere, lass los und vergib!

Zur Heilung gehört auch, deinen eigenen inneren Schmerz zu betrauern und dich ihm zu stellen. Oft erinnert uns unser inneres Kind an Wunden aus unserer Vergangenheit, über die wir hinweggegangen sind. Gib dir selbst den Raum, diesen Schmerz einmal wirklich zu betrauern, und auch deine Wut darüber zu spüren.

Negative Gefühle wie Schmerz, Trauer oder Wut wollen angenommen, aufgelöst und neu bewertet werden. Sie zu verdrängen, bringt dich nicht weiter. Priska Lachmann schreibt hierzu: „Seine eigene Dunkelheit zu akzeptieren, heißt auch, diese und damit sich selbst zu lieben.“ Führe dir vor Augen, was du erlitten hast, was wehtat hat und was dich bis heute zornig macht – und dann lass los!

Loslassen meint in diesem Kontext nicht, deinen Anspruch auf Gerechtigkeit aufzugeben.

Auch Vergebung, wie die Bibel sie uns lehrt, bedeutet das übrigens nicht. Es bedeutet nur deine Wut loszulassen. Dies heißt nicht, dass du zulassen musst, dass du noch einmal solch eine Verletzung erlebst. Auch steht es dir frei, dich in Zukunft von Menschen oder ihren Verhaltensweisen abzugrenzen, die dir wehtun oder wehgetan haben.

Aber wenn du lernst, deinen Schmerz zu betrauern, Wut und Schmerz loszulassen und erlittenes Unrecht zu vergeben, kann dein inneres Kind heilen und muss dich nicht immer wieder neu auf deinen alten Schmerz aufmerksam machen.

3. Akzeptiere die Vergangenheit und suche das Positive!

Ein weiterer Punkt ist, die Verletzungen aus deiner Vergangenheit zu akzeptieren. Vielleicht waren es Kleinigkeiten, die dich als Kind verletzt haben, vielleicht hast du auch ein Trauma erlebt.

Eins steht fest: Du kannst diese Erfahrung nicht mehr ändern oder rückgängig machen.

Selbst wenn du manche Dinge heute als Erwachsener nicht mehr so dramatisch wie damals einstufen würdest, kannst du deine Prägung dadurch nicht auflösen.

Daher solltest du dich nicht nur den unterdrückten Gefühlen aus deiner Vergangenheit zuwenden, sondern auch aktiv das Erlebte und die Eigenschaften annehmen, die sich dadurch bei dir entwickelt haben.. Und zwar nicht lapidar im Sinne von „Naja, kann ich halt nicht mehr ändern“. Richte deinen Blick vielmehr bewusst auf das, was du an Positivem dadurch gelernt hast.

Vielleicht bist du durch diese Erfahrung resilienter geworden oder eigenständiger. Einfach weil du es musstest. Dann zolle dir dafür Anerkennung. Priska Lachmann beschreibt dies in ihrem Buch folgendermaßen: „Jede negative Seite hat auch positive Aspekte.“ Mach dich auf die Suche nach diesen positiven Aspekten.

4. Entdecke dein Sonnenkind!

So, wie viele von uns ein verletztes inneres Kind in sich tragen, haben die meisten von uns auch positive Erinnerungen an die Kindheit. Priska Lachmann spricht hier vom Sonnenkind. Überlege doch einmal: Welche fröhlichen Momente gab es in deiner Kindheit? Was hat dich damals glücklich gemacht?

Indem du den Blick nicht nur auf die Verletzungen aus deiner Kindheit richtest, sondern auch auf schöne Erfahrungen, kannst du wertvolle Ressourcen entdecken, auf die du schon damals in schwierigen Momenten zurückgegriffen hast.

Was hat dir damals geholfen, wenn du traurig oder wütend warst? Vielleicht bist du mit dem Fahrrad eine Runde um den Block gefahren, warst schaukeln oder hast Steine ins Wasser eines nahen Weihers geworfen. Eventuell liegt auch die Lösung für deine Verletzungen in deiner Kindheit.

Daher gib dem fröhlichen Kind in dir Raum zu sein! Entscheide dich in einem passenden Kontext bewusst, Dinge zu tun, die dich auf positive Weise wieder in deine Kindheit zurückversetzen. Wichtig ist hierbei: Die Entscheidungen trifft immer dein Erwachsenen-Ich, nicht dein Kind-Ich.

Statt dich von deinem inneren Kind bestimmen zu lassen, gibst du ihm bewusst Raum in deinem Leben. Das ist etwas anderes, als unbewusst von inneren Mechanismen aus der Kindheit gesteuert zu werden.

Mehr zu diesem Thema erfährst du im Artikel „Entdecke dein Sonnenkind“.

5. Nimm deine Glaubenssätze unter die Lupe!

Als Kinder entwickeln wir in schwierigen Lebenssituationen oft Schutzmechanismen, um mit dem Erlebten umzugehen. Daraus können Glaubenssätze entstehen, die wir mit in unser Erwachsenenleben nehmen. Denn unser Kind-Ich versteht nicht, warum diese Wahrheiten plötzlich nicht mehr gültig sein sollten. Das können Sätze sein wie „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „Ich muss mich immer beeilen“ oder „Ich verdiene nicht, das Beste zu bekommen“.

Doch die Realität ist: Was uns als Kind die Möglichkeit gab, mit einer Verletzung oder einer schwierigen Lebenssituation umzugehen, wird für uns als Erwachsene zu einem Hemmschuh. Um als erwachsene Menschen unser Leben zu gestalten, müssen wir diese kindlichen Bewältigungsstrategien unter die Lupe nehmen und aussortieren, was in unserem Erwachsenenalltag keinen Platz mehr hat.

Entwickle dich hier zu einem guten Elternteil für dein inneres Kind und führe ihm vor Augen, dass diese alten Schutzmechanismen und Glaubenssätze nicht stimmen und auch mehr notwendig sind.

Im ersten Moment ist dies schwierig. Denn du wirst neue Überzeugungen für dich formulieren müssen, ohne zu wissen, ob sie funktionieren werden. Das können zum Beispiel die Sätze sein: „Ich darf Ansprüche haben“ oder „Ich darf Schmerz zeigen“.

5 Zusagen Gottes an unser inneres Kind

Beim Entwickeln guter neuer Glaubenssätze kann dir auch die Bibel helfen. Hier findest du viele ermutigende Aussagen, die Gott über dich macht. In Jesaja 41,10 spricht er dir zu: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott“.

Priska Lachmann hat 5 Zusagen identifiziert, die Gott dir macht und die deinem inneren Kind mehr Sicherheit geben können (vgl. Priska Lachmann: Wie dein inneres Kind Heilung bei Gott findet, Seite 177). In jeder dieser Zusagen steckt eine Befreiung für dein inneres Kind.

1. Du bist bedingungslos geliebt.

Selbst wenn in deinem Elternhaus Liebe und Zuwendung an Bedingungen geknüpft waren, bei Gott ist das anders. Er liebt dich wirklich bedingungslos. Bei ihm darfst du sein, wie du bist. Du musst dich vor ihm nicht verstellen, er kennt dich sowieso bereits durch und durch. Und er liebt dich, so wie du bist.

2. Du bist genug.

Hast du in deinem Elternhaus erlebt, dass du Leistung erbringen musstet, um Liebe und Anerkennung zu bekommen? Dann sagt Gott dir: „Du bist genug.“ Er hat dich so geschaffen und gewollt, wie du bist. Für ihn musst du nicht erst besser werden, aber er hilft dir gerne, wenn du dich verändern willst.

3. Du bist beschützt.

Eventuell hast du erlebt, dass du als Kind nicht immer von Bezugspersonen ausreichend geschützt wurdest. Gott hält immer seine Hand über dich, selbst wenn es manchmal nicht so scheinen mag. Er kann und will dich befähigen, selbst aus schwierigen Situationen gestärkt herauszugehen. Mit ihm bist du nie einem anderen Menschen oder einer Situation schutzlos ausgeliefert.

4. Du bist wichtig.

Gott bist du immens wichtig. Er hat sogar seinen Sohn auf die Welt geschickt und sterben lassen, um Gemeinschaft mit dir zu haben. Wenn du dich klein und unwichtig fühlst, weil du in deinem Elternhaus nie wahrgenommen wurdest, erinnere dich daran: Für Gott bist du wichtig. Er hört dir zu und hat Interesse an deinem Leben.

5. Du darfst Fehler machen.

Gab es immer Ärger, wenn du als Kind etwas falsch gemacht hast? Oder wurde dir sogar eingeredet, dass Gott dich nicht mehr liebt, wenn du Fehler machst? Dann lass dir nun die befreiende Botschaft zusprechen: Du darfst Fehler machen. Gott weiß sowieso bereits, dass du nicht perfekt bist. Er freut sich, wenn du mit deinen Fehlern zu ihm kommst und dir helfen lässt.
 

Eventuell fällt es dir schwer, diese Sicht Gottes auf dich anzunehmen. Aber je mehr du erlebst, dass diese Zusagen Gottes wahr sind und du lernst, dich mit seinen Augen zu sehen, desto sicherer wird sich auch dein inneres Kind fühlen. Dann wird es seltener Alarm schlagen und du eroberst dir Stück für Stück einen erwachsenen Umgang mit Lebensherausforderungen.
 

Hat dich dieser Artikel angesprochen? Dann lies auch unsere Onlineartikel „Warum reagiere ich so?“ und „Gepäck aus der Kindheit?“. Darin erfährst du zum einen, welche Anzeichen darauf hindeuten, dass du ein verletztes inneres Kind in dir hast, und zum anderen, wie dein Bindungsstil deine Beziehungen und dein inneres Kind beeinflusst. Zudem findest du das erwähnte Buch von Priska Lachmann weiter unten in den Produktempfehlungen.

In den nächsten Wochen planen wir noch weitere Artikel zum Thema. Schreib uns gerne deine Fragen dazu in die Kommentare – öffentlich oder privat. Wir freuen uns, von dir zu hören.

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Rebecca Schneebeli ist Literaturwissenschaftlerin und arbeitet nebenberuflich als freie Lektorin und Autorin. Die Arbeit mit Büchern ist auch im ERF ihr Steckenpferd. Ihr Interesse gilt hier vor allem dem Bereich Lebenshilfe, Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungspflege. Mit Artikeln zu relevanten Lebensthemen möchte sie Menschen ermutigen.

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