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© Ben White / unsplash.com

16.04.2017 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Elke Drossmann

Wo lebendiger Glaube beginnt

Sola scriptura: Die Bibel sollte man nicht nur besitzen, sondern auch lesen.

„Das Wort sie sollen lassen stahn“ dichtet Martin Luther in seinem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ (EG 362,5). Als Kind und Jugendliche habe ich dieses Lied gesungen und irgendwann entdeckt, dass Luther mit seiner Art zu dichten, genau das umsetzt: Er lässt Gottes Wort stehen. Denn der Aussage des Liedes „Ein feste Burg ist unser Gott“ liegt der Psalm 46 zugrunde.

Die reformierte Tradition mit Huldrych Zwingli und Johannes Calvin ging sogar soweit, dass nur vertonte Psalmen im Gottesdienst gesungen werden durften. Matthias Jorissen, reformierter Pfarrer im 18. Jahrhundert, hat Lieder geschrieben, die sich noch heute im Evangelischen Gesangbuch finden. „Jauchzt alle Lande, Gott zu ehren“ stützt sich auf Psalm 66 oder „Wie lieblich schön, Herr Zebaoth, ist deine Wohnung, o mein Gott“ auf Psalm 84.

Wenn die Bibel das Denken prägt

Allen gemein war das Anliegen, dass die Aussagen der Bibel sich in die Herzen der Menschen singen. Sie dort stehen bleiben, stahn bleiben. Was gibt es Besseres? So kann ich Entscheidungen in meinem Leben treffen, die mit Gottes Wort übereinstimmen und muss nicht erst nach Bibelstellen suchen. Es hat Vorteile, aus dem Kopf sagen können: „Dein Wort, Herr, nicht vergehet, es bleibet ewiglich“ aus dem Lied „Wohl denen, die da wandeln“ (EG 295) und zu wissen, im Psalm 119,89 steht: „Herr, dein Wort bleibt ewiglich, so weit der Himmel reicht.“ Ohnehin heißt es im Buch Jesaja, Kapitel 40, Vers 8: „Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“ Und Jesus verspricht (Lukas 21,33): „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.“

Gut also, seine unveränderlichen Worte tief im Gedächtnis zu verankern. Ein fest stehender Ausdruck wie „Ich bin dann mal weg“ ist spätestens dann uninteressant, wenn alle von dieser Welt weg sind, weil sie nicht mehr besteht. Doch Jesu Worte sind auch dann noch wichtig. Jesus hat z. B. von sich gesagt: „Ich bin das Licht der Welt“ (Johannes 8,12). Jesus bleibt das Licht der Welt, an dem sich alle orientieren werden, auch in der himmlischen Welt.

Die Bibel als Maßstab

„Das Wort sie sollen lassen stahn“ drückt auch eine Überzeugung aus, die Martin Luther im Laufe seines Lebens gewonnen hat: Alle Glaubensüberzeugungen müssen sich an der Bibel messen lassen. Nicht an dem, was ein Mensch sagt. Egal, ob es sich um einen großartigen Lehrer, Denker oder den Papst selbst handelt. Und wenn Martin Luther mit Auffassungen konfrontiert wurde, die seinen widersprachen, vertrat er den Grundsatz: Nenn mir eine Bibelstelle, die deine Auffassung belegt, dann gebe ich mich gerne geschlagen. Wenn aber nicht, bleibe ich bei meiner Ansicht. Die konnte er stets mit Bibelstellen begründen.

Auch heute würde Martin Luther vermutlich ähnlich argumentieren. Egal, ob es sich um einen angesagten Prediger handelt oder ein Papier, das Gremien beschlossen haben, einen Film oder um die landläufige Überzeugung „Wenn es doch hilft!“: Alles muss sich an der Bibel messen lassen.  Im Heidelberger Katechismus, der in reformierten Gemeinden bis heute gebräuchlich ist, wird dieses Anliegen von Martin Luther genauso umgesetzt. Es wird eine Aussage getroffen und anschließend gefragt: „Woher weißt du das?“ Eine mit biblischen Aussagen belegte Antwort folgt.

Der Dreh- und Angelpunkt des Glaubens

„Das Wort sie sollen lassen stahn“ würde Martin Luther vermutlich heute auch allen erwidern, die beteuern: „Ich fühle Jesus nicht.“ Zeig mir in der Bibel, wo steht, dass ich Jesus fühlen muss, damit ich meines Glaubens gewiss sein kann. – Kennen Sie eine Bibelstelle? Gottes Wort kann Gewissheit schenken, es reicht aus. Es reicht sogar weiter als meine wechselhaften Gefühle. „Das Wort sie sollen lassen stahn“ schließt zudem eine Person mit ein. Wer ist das Wort, das nach dem Johannesevangelium Fleisch, also Mensch, wurde? (Johannes 1,14) Jesus Christus. Luther sagt also auch: Lasst Jesus Christus als alleinigen Herrn und Erlöser stehen! Damit wandte sich Martin Luther unter anderem gegen die Anbetung von Heiligen. Jesus Christus ist der direkte Ansprechpartner. Jesus ist es, der das Gespräch mit Gott ermöglicht und vermittelt. Jesus hat die Strafe am Kreuz von Golgatha getragen, von daher ist ein Ablassgeschäft überflüssig.

Martin Luther hat neu betont, wer die Mitte der Bibel, ist: Jesus Christus. Auf ihn weist bereits das Alte Testament hin. Das Neue Testament erzählt von ihm in den Evangelien. Jesus prägt das Leben von Menschen und christlichen Gemeinden, was die Apostelgeschichte und die Briefe des Neuen Testaments beschreiben. Jesus wird wiederkommen, er hat jetzt schon die Fäden in der Hand, das ist u. a. der Fokus im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung.

35 Bibelübersetzungen und keiner liest darin?

Deshalb konnte Martin Luther allen entgegen halten, die sich beim Bibellesen in Spitzfindigkeiten verloren: „Schaut auf das, was Christum treibet.“ Mit anderen Worten: Wenn ihr die Bibel lest, fragt als erstes danach, was erfahre ich über Jesus und was will Jesus. Die erste Frage des Heidelberger Katechismus lautet: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ Die Antwort beginnt so: „Dass ich mit Leib und Seele im Leben und Sterben nicht mir, sondern meinem getreuem Heiland Jesus Christus gehöre.“ Das erkenne ich, wenn ich beim Bibellesen darauf schaue, was Christum treibet und z. B. nicht darüber spekuliere, ob ich nach meinem Tod erst mal schlafe oder direkt bei Jesus bin. Oder wie alt ich im Himmel sein werde.

Ohnehin würden uns die Reformatoren heute wohl irritiert fragen: „Ihr habt über 35 Bibelübersetzungen in Deutschland und lest kaum darin?“ Und sie würden uns bestimmt empfehlen: „Kauft euch nicht nur die neue Luther 2017 oder die neu überarbeitete Einheitsübersetzung – lest auch darin! Nur so werdet ihr an Jesus Christus festhalten. Nur so könnt ihr erkennen, wo Menschen eigene Ansichten vertreten, die nichts mit Jesus zu tun haben. Nur so merkt ihr, ob in eurer Gemeinde Christus verkündigt wird. Und nur so werdet ihr in der Lage sein, von eurem Glauben an Jesus Christus zu reden.“ Denn: „Das Wort sie sollen lassen stahn.“

 Elke Drossmann

Elke Drossmann

  |  Redakteurin

Elke Drossmann ist evangelische Theologin. Sie ist überzeugt: Es ist möglich, alltagstauglich von Gott zu sprechen. Dafür stellt sie Autoren die Reihen „Wort zum Tag" und „Bibel heute“ zur Verfügung. Persönlich spricht sie viel und gern mit Jesus - auch bei Spaziergängen, die nicht zu steil sind.

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Kommentare (1)

Lilo B. /

Danke! Welch eine Gnade uns,die dies glauben dürfen! Ja,die Bibel im Kopf ist ein Schatz!
die dies glauben

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