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03.12.2007 / / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Anonym

Warum ich Gabi vergeben habe

Im Sportunterricht bin ich wieder die Letzte gewesen und alle haben gelacht. Auch Gabi hat mitgelacht. Beim Jungscharnachmittag dagegen hatten wir ein schönes Erlebnis, Gabi hat mit mir gelacht. Gabi kann mir gegenüber sehr gemein sein. Wenn in der Schule jemand über mich lacht, lacht sie mit. Die will sich nie auf die Seite eines Außenseiters stellen.

Im Sportunterricht bin ich wieder die Letzte gewesen und alle haben gelacht. Auch Gabi hat mitgelacht. Beim Jungscharnachmittag dagegen hatten wir ein schönes Erlebnis, Gabi hat mit mir gelacht.

Gabi und ich haben einige Gemeinsamkeiten: Wir sind in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, sind in die gleiche Klasse gegangen, und auch die Jungschar (Kindergruppe mit Spiel und biblischen Geschichten) haben wir gemeinsam besucht.

Gabi kann mir gegenüber sehr gemein sein. Wenn in der Schule jemand über mich lacht, lacht sie mit. Die will sich nie auf die Seite eines Außenseiters stellen. In der Jungschar ist sie froh, dass ich da bin, weil sie dann nicht alleine ist. Sie behauptet sogar, dass wir Freundinnen sind. Ich schweige, mir tut Gabis Verhalten sehr weh, ihre Angriffe mit Worten und Fäusten in der Schule machen mich sehr traurig.

Die Schulzeit geht zu Ende, unsere Wege trennen sich. Nach zwei Jahren treffenwir uns und reden miteinander. Sie drückt aus, wie sehr sie sich freut mich zu sehen. Wir sollten unsere alte Freundschaft aufleben lassen, sagt sie. Aber ich empfinde die alten Gefühle: Groll und Enttäuschung wegen ihres Verhaltens.

Wieder ein Jahr später treffe ich sie auf einer Jugendveranstaltung. Sie sitzt ein paar Reihen vor mir und wieder kommen diese Gefühle in mir hoch.
Das Thema des Abends: Vergebung. Der Redner spricht davon dass wir dem Anderen vergeben sollen, wenn er uns etwas angetan hat. Mein erster Gedanke: "Nein, und wenn, dann nur, wenn Gabi mich um Vergebung bittet!" ich war zu verletzt, ihr zu vergeben.

Weitere zwei Jahre gehen in s Land. Immer wieder denke ich an Gabi und versuche den Kontakt so gering wie möglich zu halten. Wir sehen uns beim jährlichen Jugendtreffen wieder und schon wieder sitzt sie "zufällig" ein paar Reihen vor mir. Mein Blick bleibt bei Gabi hängen, als wieder die Vergebung angesprochen wird. Die Erinnerungen an früher lassen mich in Tränen ausbrechen.
In dieser Situation bete ich, dass ich Gabi vergebe, wie sie mich behandelt hat und bitte Jesus, meine seelischen Wunden zu heilen.

Nach diesem Gebet wurde ich ruhig und eine nie gekannte Ruhe in Bezug auf Gabi kehrte in mir ein. Seitdem ist mien Groll verschwunden. Ich schaue Gabi an und Frieden breitet sich in mir aus.

Ein halbes Jahr später besuche ich sie das erste Mal ohne dieses Grummeln im Bauch. Plötzlich kommen von ihr diese Worte, auf die ich lange gewartet habe: "Es tut mir leid, wie ich in der Schule zu dir war. Ich war gemein und ungerecht. Bitte vergib mir!"

Im "Vater unser" beten wir: "Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unsern Schuldigern." - Das bedeutet, dass wir gott sagen, er möge uns so vergeben, wie wir anderen vergeben. Aber auch, dass wir anderen so vergeben wollen, wie Gott uns vergeben hat. Gott hat vollkommen und bereitwillig, ohne Vorleistung vergeben. Genauso sollen wir anderen vergeben, die uns Unrecht getan haben.
Beides ist schwer: Jemanden um Vergebung zu bitten und jemandem zu vergeben. Wir gehen den unangenehmen Dingen, wie Vergebung gern aus dem Weg.Wir möchten Fehler einfach auslöschen und nie mehr daran erinnert werden. Schuld zu bekennen bedeutet, zu einem Fehler zu stehen. Und noch schwerer ist, dies dem anderen gegenüber zu bekennen. Es fällt uns schwer diesen Schritt zu tun.

Wer selbst erlebt hat, was Vergebung bewirkt, kann selbst immer wieder vergeben - auch wenn's lang dauert. Das Gefühl der Befreiung, das Loslassen des Schmerzes, das Aufhören mit dem Anklagen und das Gefühl, wie Frieden und Ruhe ins Herz einkehrt, ist unbeschreiblich schön.

Es wird in unserem Leben immer wieder geschehen, dass jemand uns etwas antut. Davor können wir uns nicht schützen und es wird immer eine Herausforderung sein, dem anderen zu vergeben - egal ob der andere um Vergebung bittet oder nicht.

Was können inzwischen "nur" auf unseren eigenen Lebensstil achten. Sicherlich wird es uns nicht gelingen, dass wir nie selbst einen solchen Fehler machen. Wie schnell ist ein verletzendes Wort gefallen!? Aber dabei können wir lernen, zu unseren Fehlern zu stehen. Egal wie unangenehm das ist, egal, wie peinlich es ist, jemanden um Verzeihung zu bitten und zu hoffen, dass er es auch tut.

Vergebung befreit. Probiere es aus, wenn Du es bisher noch nicht erlebt hast. Du kannst folgendes Gebet sprechen, wenn Du jemandem vergeben möchtest:

"Jesus, mein Herz ist verletzt. Aber weil Gott vergibt, will ich versuchen, auch zu vergeben. Darum vergebe ich [Gabi?] jetzt, weil Du es auch tun würdest. Bitte gib mir nun Trost für meinen Schmerz und heile meine Wunden."

Ich bin froh dass ich Gabi vergeben habe, es hat unsere Beziehung geheilt. Nach Jahren wurden wir zu richtigen Freundinnen. Die Freundschaft hält bis heute an. Und über die Geschehnisse in der Schule brauchen wir nicht mehr zu reden.

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