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© Nina Strehl / unsplash.com

03.08.2020 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Simona Brandebußemeyer

Schönheit erkennen

Ein Blick ins Herz statt in den Spiegel.

Eine Freundin von mir hat Zwillinge – zwei sechsjährige Mädchen: Alicia und Nora. Beide lieben ihre Barbies, lassen beim Essen die Tomaten übrig, teilen sich ein Zimmer, einen Kleiderschrank und zu 100 Prozent ihre DNA. Alicia und Nora sind eineiige Zwillinge mit großen dunkelbraunen Augen, kurzen krausen Afrolocken und einem kleinen Bauch, der ihre Liebe zu Süßigkeiten verrät. Das einzige, was die beiden äußerlich unterscheidet, ist Noras kleine Zahnlücke und ihre 1-Centgroße Narbe oberhalb des rechten Knies.

Vor Kurzem habe ich eine WhatsApp bekommen, dass beide ihren ersten Milchzahn verloren haben. Ironischerweise ist es der gleiche! Noch vor drei Jahren, als ich die Familie kennengelernt habe, hätte diese Nachricht Panik in mir ausgelöst. Wie hätte ich die beiden dann unterscheiden können? Im Winter, wenn sie lange Hosen tragen? Heute sehe ich das entspannt, denn in den letzten Jahren habe ich die beiden besser kennengelernt und weiß: es gibt mehr was sie unterscheidet als eine Zahnlücke und eine Narbe.

Die Unternehmungslustige & die, die nach Nähe sucht

Alicia ist die Initiativere. Wenn ich zu Besuch komme, führt sie mich als erstes in ihr Zimmer und zeigt mir stolz die neuen Spielsachen, die sie bekommen hat. Oder sie drückt mir entschlossen ein Buch in die Hand, das ich vorlesen soll. Meistens schaffen wir es aber gar nicht bis auf die letzte Seite, weil sie ungeduldig aufspringt und schon eine neue Idee hat, was wir tun könnten.

Nora ist dann in der Regel für alle Untaten zu haben, aber sie bleibt noch einen Moment länger auf meinem Schoß sitzen, bevor sie ihrer Schwester hinterherstürmt. Nora genießt Nähe. Bei meinem letzten Besuch hat sie sich vorsichtig zwischen mich und die Spüle gedrückt und mir beim Abwaschen geholfen, nur um bei mir zu sein.

Dankbarkeit statt Eitelkeit

Wenn ich die beiden nebeneinander sehe, bin ich immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich sie sind, obwohl sie doch die gleichen Gene haben, also biologisch identisch sind. Jede von ihnen ist einmalig, ihr Charakter einzigartig. Sie sind von einem Gott und Schöpfer geschaffen, dem die Ideen bei uns Menschen offensichtlich nicht ausgehen.

David – der Hirte und Poet, der vor 3.000 Jahren auch als König über Israel regierte – schrieb:

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele (Psalm 139,14).

David selbst war braun gebrannt, gut aussehend und hatte schöne Augen (1. Samuel 16,12). Er war der Typ Mann, nach dem sich die Frauen umgedreht haben. Aber das hat ihn nicht eingebildet gemacht oder überheblich werden lassen. Davids Definition von Schönheit war eine andere. Er schreibt, dass seine Seele erkennt, dass er wunderbar gemacht ist. Nicht seine Augen, nein, seine Seele. Sein Blick geht tiefer, über das Offensichtliche hinaus. Was er da erkennt, bringt ihn dazu, Gott zu danken.

David war der jüngste in seiner Familie. Der Kleine, der zum Schafehüten aufs Feld geschickt wurde. Doch unbemerkt von seinem Vater hat er unter Schafgeblöke gelernt, mit Bären und Löwen zu kämpfen. Am Ende dieser harten Schule war er ein mutiger Krieger, der sich selbst einschätzen konnte und seine Grenzen kannte. Er war ein pflichtbewusster Arbeiter, begnadeter Musiker und loyaler Freund. Diese Eigenschaften haben ihn dazu gebracht, mit einem Herzen voller Dankbarkeit vor Gott zu kommen – nicht seine schönen Augen oder der braune Teint.

Die Sache mit dem Vergleichen

Manchmal fällt es mir schwer, meine eigenen Charakterzüge anzunehmen, und ich beneide die Leute, die kreativer, unterhaltsamer oder spontaner sind als ich. Im Vergleich zu ihnen komme ich mir als analytischer Denkertyp, mit einem Zuhörerherzen und Sehnsucht nach Beständigkeit oft langweilig und einseitig vor.

Dabei vergesse ich aber einen wichtigen Punkt: meine Eigenschaften haben ihre Berechtigung. In manchen Situationen braucht es eben nicht den Unterhalter, sondern einen guten Zuhörer; nicht einen impulsiven Kreativling, sondern einen Denker.

Das war Gottes Idee bei uns Menschen: Er hat uns unterschiedlich gemacht, damit wir uns mit unseren Stärken ergänzen und unterstützen können.

Entdecke!

Wie hat Gott Sie gemacht? Wie die Menschen um Sie herum? Ich ermutige Sie, zu beobachten und zu entdecken! Jede gute Eigenschaft ist ein Hinweis auf Gott und ein Grund – wie David – ihm dafür zu danken.

 Simona Brandebußemeyer

Simona Brandebußemeyer

  |  Musikredakteurin

Aufgewachsen unter einem Himmel in weiß-blau ist sie für ihr Masterstudium (Musikwissenschaft) in ihre Wahlheimat Hessen gezogen. Seitdem wohnt sie in einer kleinen Altbauwohnung und vermisst eigentlich nur „echte“ Brezen. Mona ist Herbstmensch, liebt schwarzen Tee mit Milch, mag Flughäfen und geht gerne spazieren.

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Kommentare (1)

Sonja /

Ein wunderbar anschaulicher und ermutigender Artikel. Man merkt, dass er mit viel Herz und Liebe geschrieben ist. Danke, Simona!

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