Navigation überspringen
© Priscilla du Preez / unsplash.com

24.12.2021 / Theologie / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Andreas Odrich

Mein Bibelbuch (32)

Ein persönlicher Blick in die Heilige Schrift: Andreas Odrich über das Buch Sacharja.

 

„Tochter Zion, freue dich, jauchze laut Jerusalem, sieh, dein König kommt zu dir“. Dieses Lied erfüllt im Advent die Kirchen. So war es zumindest Tradition, und wird es hoffentlich bald wieder werden. Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen fiel der Gesang allerdings zum zweiten Mal in Folge ziemlich verhalten aus.

Tochter Zion, freue dich – geflüstert hinter der FFP 2-Maske, oder zu Hause trotzig mitgebrummelt im digitalen Übertragungsformat. Doch vielleicht kommen wir dadurch der Ausgangssituation, in der diese Hoffnungsworte entstanden sind, viel näher, als uns bewusst ist. „Tochter Zion, freue dich“ geht zurück auf das Buch des Propheten Sacharja. 

Auch dort hängen die Menschen in einer zähen Nebeldecke der Perspektivlosigkeit. Jerusalem, die Haupt- und Tempelstadt des Volkes Israel, muss erst noch erlöst werden.

Doch sind wir nur Opfer, oder sind wir nicht auch Täter? Vor das große Befreiungsfest setzt das Buch Sacharja die Aufarbeitung, das Kehren vor der eigenen Tür, und ruft zu Selbstkritik, Buße und Umkehr. Wir müssen schon unseren eigenen Teil dazu beitragen, dass sich die Nebelsuppe lichtet, und Gott mit seinem Wirken Raum geben. 

Das Buch Sacharja ist dabei aber nicht als Handlungskatalog zu verstehen. Acht sogenannte Gesichte werden dem Propheten vor Augen geführt. Sie sind so visionär, dass der Prophet sie selbst nicht versteht, und einen Engel braucht, der ihm die Bilder auslegt.

Für mich als Mensch des rationalen Zeitalters, der Aufklärung, eine gute Schule. Nein, ich werde nicht immer alles verstehen: Gott ist größer als mein bisschen Verstand und handelt in anderen Dimensionen. Nein, wir bekommen Gott nicht einfach so in den Griff.

Das Volk Israel damals konnte mit dieser Denke umgehen. Und die frühen Christen auch. Für sie war das Buch des Propheten Sacharja ein wichtiger Kompass. Wiederholt beschreibt es das Auftreten Jesu: der Einzug in Jerusalem auf einem Esel, die Tempelreinigung, die Klage über den Durchbohrten am Kreuz, die Geschichte des Judaslohnes. Alle diese Details lassen sich aus dem Prophetenbuch Sacharja herauslesen und zu einer großen Bestätigung zusammenfügen: Jesus, der Zimmermann aus Nazareth, ist tatsächlich der Christus, der Heilsbringer für die Menschen, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern.

Und so schwingt in dem Lied von der Tochter Zion, die sich freuen darf, weil sie befreit wurde, die ganze Christus-Hoffnung mit. 

Gemäß des Buches Sacharja darf also auch dieses Weihnachten gegrummelt, gestammelt, geflüstert oder trotzig auf dem Balkon herausgeschrien werden: Tochter Zion freue dich, jauchze laut Jerusalem.

Ja, genau, jetzt erst recht, weil das Lied und das Buch Sacharja zeigen: 
nach der Finsternis kommt ein neuer Morgen – der Weihnachtsmorgen nämlich mit einem klaren und ungetrübten Himmel und der Verheißung, dass alles Leid einmal ein Ende gehabt haben wird.

 

Weitere Informationen zum Thema Bibel finden Sie auch auf unserem Dossier:

 

 Andreas Odrich

Andreas Odrich

  |  Redakteur

Er verantwortet die ERF Plus-Sendereihe „Das Gespräch“. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und ist begeisterter Opa von drei Enkeln. Der Glaube ist für ihn festes Fundament und weiter Horizont zugleich.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren