Navigation überspringen
© Omid Armin / unsplash.com

03.04.2023 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Ellen Hörder-Knop

Liebe rechnet nicht

Ein Denkmal für eine unbekannte Frau.

Ich freue mich, wenn die Sonne scheint. Nicht nur, weil sie mir einen schönen Tag verheißt, sondern auch unsere Photovoltaik-Anlage mit Sonnenenergie einspeist. Weil wir viel Geld in diese Anlage gesteckt haben, möchten wir möglichst viel Sonne ernten und Strom sparen. Wenn die Waschmaschine eine finanzielle Nullrunde dreht, freuen wir uns. Bei Investitionen, die nichts bringen, winke ich ab und sage: „Gute Idee, aber das rechnet sich nicht.“

Verrechnet?

Die Bibel berichtet von einer Begebenheit, die allen logischen Rechenkünsten widerspricht. Jesus ist in Betanien von einem Mann namens Simon zum Essen eingeladen worden. Nicht er allein, eine große Männerrunde ist zusammen. Das Essen schmeckt und die Stimmung ist perfekt – bis, allen Regeln für gute Manieren zum Trotz, eine Frau unangemeldet in die Männerrunde hineinplatzt. Ihr Name wird in der Bibel nicht genannt, aber bis heute ist ihre Geschichte bekannt: Sie öffnet ein mitgebrachtes Gefäß und gießt den kostbaren Inhalt – ein ganzes Glas voll reines Nardenöl – über Jesu Kopf.

Trotz gutem Duft ist dicke Luft. Die Tischgäste beginnen zu rechnen. Blitzschnell haben sie das Ergebnis: Ein komplettes Jahresgehalt ist da verschwendet worden. Das Öl hätte für dreihundert Silbergroschen verkauft und der Erlös für die Armen verwendet werden können. Empört beschimpfen sie die Frau. Dass Jesus schweigt und sich diesen Luxus auch noch gefallen lässt, geht in ihrer Rechnung nicht auf.

Vor Kurzem erst hatte Jesus einem reichen jungen Mann, der sein Glück bei Jesus suchte, gesagt: „Verkaufe alles, was du hast und gib das Geld den Armen.“ Das macht er nicht; rechnet sich nicht für ihn! Da lässt er die Sache mit Jesus lieber sein (Markus 10,17-22). Und nun sowas?! Soll da noch jemand Jesu Mathematik verstehen können?

Was zählt?

„Seid still! Lasst die Frau in Ruhe!“, ruft Jesus. Seine Gleichung hat weder etwas mit Wohlstand noch mit Wohltätigkeit zu tun. „Was die Frau für mich getan hat, ist gut und richtig. Arme, die eure Hilfe brauchen, wird es immer geben und ihr könnt ihnen jederzeit helfen. Aber ich bin nicht mehr lange bei euch. Diese Frau hat getan, was sie tun konnte. Mit ihrem Öl hat sie meinen Leib zum Begräbnis vorbereitet.“

Schon ein paar Mal hatte Jesus seinen Jüngern gesagt, dass er bald sterben würde. Verstanden hatten sie es nie.  

Diese namenlose Frau hat es offenbar verstanden. Jetzt ist Jesus noch da. Jetzt kann sie ihm vielleicht das letzte Mal ihre Liebe zeigen.

Und weil Liebe nicht zögert, nutzt sie die Gelegenheit, egal was die anderen denken. Weil Liebe nicht spart, gibt sie Jesus das Kostbarste, was sie hat. Sie überlegt nicht, ob billigeres Öl ausreichend oder ein paar Tropfen genug wären. Weil Liebe nicht rechnet, zählt sie nicht ab, wie viel Jesus für sie getan und welchen Wert die Gegenleistung hat.

Anders ist es in der sich anschließenden Geschichte von Judas. Dreihundert Silbergroschen sind ihm zu viel für Jesus. Er kalkuliert, dass ein Zehntel davon auch genügt und verrät Jesus für dreißig Silberstücke. Das traurige Ende von Judas zeigt, dass die Rechnung mit Jesus nicht aufgeht, wenn es um Profit geht. 

Was in der Begegnung mit Jesus zählt, ist die Liebe. Dafür setzt die anonyme Frau ein sichtbares Zeichen. Sie salbt Jesus so, wie zu früheren Zeiten Propheten im Auftrag Gottes einen neuen König salbten. Damit zeigt sie: „Für mich bist du der König, der Messias, der gesalbte Gottes, auch wenn sie dich töten werden.“  

Dass Jesus sterben muss, ist bei den Oberen im Land beschlossene Sache. Er soll aus dieser Welt verschwinden. Sein Anspruch muss verstummen. Doch sein Begräbnis kann die Hoffnung nicht begraben. Jesus ist auferstanden und lebt. Die gute Nachricht kann nicht zum Schweigen gebracht werden. Sie geht um die ganze Welt. So wie die Frau ihr Öl verschwendet, um ihre Liebe zu Jesus zum Ausdruck zu bringen, so verschwendet Gott das Leben seines eigenen Sohnes. Er gibt sein Bestes aus Liebe zu mir.

Gratis

Das tut er, ohne mir meine Fehler vorzurechnen und mir meine Schuld anzurechnen. Wann immer sich ein Mensch auf Christus einlässt, wischt Gott die Schuld dieses Menschen vom Tisch – gratis!: „Er hat den Schuldbrief getilgt, der gegen mich ist. Hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet“  (Kolosser 2,14).

Wann habe ich Jesus das letzte Mal dafür gedankt? Ihm nicht nur gesagt, sondern auch gezeigt: „Ich liebe dich!“? Eine unbekannte Frau wird zum Denkmal einer verschwenderischen Liebe zu Jesus. „Sie hat getan, was sie konnte!“, sagt Jesus über sie. Mehr möchte Jesus nicht, aber auch nicht weniger. Davon will ich mich anspornen lassen, immer wieder neue Ideen und Möglichkeiten zu suchen, Jesus meine Liebe zu zeigen – spontan, herzlich und ohne zu rechnen.  

Womit ich rechnen kann, ist, dass ich von Gott unendlich geliebt bin. Auch an Tagen, an denen die Sonne in meinem Leben nicht scheint, ich kein Licht sehe und mir die Energie fehlt. Deshalb will ich schon an den sonnigen Tagen beginnen, aus Gottes Wort Kraft zu schöpfen, in seiner Nähe „Sonne zu tanken“, damit ich Reserven habe und an Tagen über die Runden komme, die mir nicht gefallen.

Gottes Liebe trägt mich durch trübe Zeiten hindurch; sie tröstet und lässt mich hoffen. Darauf zu vertrauen, rechnet sich. Zu einhundert Prozent. Für immer!

Bibelstelle: Markus 14,3-9
 

 Ellen Hörder-Knop

Ellen Hörder-Knop

  |  Redakteurin

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren