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© Daniel Lincoln / unsplash.com

29.03.2021 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Katrin Faludi

„Ich bin die Realität“

Wie mir ausgerechnet die Physik half, Jesus besser zu verstehen.

Neulich habe ich zwei Wunder erlebt: ein kleines und ein etwas größeres. Quasi der Vorteilspack mit zwei Wundern in einem!

Ich las in einem Buch über Physik.

Das war schon mal das erste Wunder, denn der todlangweilige Physikunterricht an meiner Schule hat mir das Fach eigentlich fürs Leben verleidet.

Dann fand ich in diesem Buch einen Satz, der mich so begeistert hat, dass ich aufsprang, nach Haftnotizen suchte, ein rosa Schnipselchen in das Buch klebte und mir auf einem Zettel hektisch Notizen machte.

Das war das zweite Wunder, denn bisher hatte ich von Physik weder etwas verstanden noch hat es mich je ernsthaft interessiert. Dieser eine Satz aber eröffnete mir plötzlich eine Welt, die ich in der scheinbar trockenen Domäne der Formeln und Gesetze gar nicht vermutet hätte.

Der Satz lautete: „Licht schafft Realität.“
 

Ein geradezu philosophisches Statement, das vorwärts und rückwärts analysiert werden kann. Zugleich aber auch eine knallharte Tatsache, die auf berechenbaren Naturgesetzen fußt. Licht und Realität stehen im unmittelbaren Zusammenhang zu Raum und Zeit, erklärt der Physiker Heino Falcke, der mich mit seinem Buch „Licht im Dunkeln“ so wundersam erleuchtet hat:

Licht schafft Realität – denn es überträgt Information. Selbst Raum und Zeit entspringen dem Licht und der Materie. Raum und Zeit sind abstrakte Konzepte, die nur dadurch real werden, dass ich die Zeit erfasse und den Raum durchmesse. Ohne Uhr gibt es keine Zeit, ohne Lineal keinen Raum. Das elementarste Raumzeitmessgerät ist das Licht (Falcke, Heino: Licht im Dunkeln – Schwarze Löcher, das Universum und wir. Klett-Cotta, 2020. S. 66-67).

Neue Dimensionen im Altbekannten

Zeit, Raum, Materie, Licht – der Sprung von diesen vier Begriffen zum Schöpfungsbericht liegt nahe. Ich überlegte, wie der erste Satz der Bibel klingen würde, wenn ich statt „Anfang“ und „Himmel und Erde“ diese Worte einfüge. Etwa so:

„Gott schuf die Zeit [=im Anfang], den Raum und die Materie [=Himmel und Erde]. (…) Und Gott sprach: Es werde Licht!“

Mit dem Licht, das Falcke als „Raumzeitmessgerät“ bezeichnet, macht Gott Raum und Zeit wahrnehmbar. Für mich als Laien war es ein anregender Gedanke, dass meine gesamte Wahrnehmung letztlich auf dem Phänomen „Licht“ beruht. Noch einmal Falcke:

Alles, was wir spüren, messen, wahrnehmen und verändern, bewirken letztlich Lichteigenschaften. Auf dem allerkleinsten atomaren Niveau beruhen alle unsere Sinne auf dem Austausch von Licht – nicht nur das Sehen, sondern auch das Fühlen, Riechen und Schmecken (ebd. S. 64-65).

Licht bewirkt nicht nur, dass ich meine Umwelt sehen kann. Licht bewirkt meine gesamte Realität. So grundlegend hatte ich das noch nie erfasst. Während ich darüber nachdachte, leuchtete in meinen Gedanken ein Satz aus der Bibel auf, den ich tausendmal gelesen und gehört hatte, der in die DNA des Glaubensverständnisses eines jeden Christen hineingraviert ist:

„Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt“ (Johannes 8,12).

Da muss ich erst ein Buch über Schwarze Löcher lesen, um in diesem so vertrauten und durch seine häufige Wiederholung leider auch etwas abgedroschenen Satz aus der Bibel eine neue Dimension zu entdecken! Als mir diese Perspektive ganz unerwartet aufging, war ich, wie erwähnt, sehr aufgeregt und kramte nach besagtem Zettel, um mir Notizen zu machen.

Jesus und die Quantenphysik

Wenn Jesus sagt, er sei das Licht, dann sagt er das als gottgeschaffene, sprechende Materie (=ganz Mensch) und zugleich als das, was meine Realität überhaupt erst zustande kommen lässt (=ganz Gott): als Licht. Dem Phänomen Licht können nach den Erkenntnissen der Quantenphysik sowohl Eigenschaften eines Teilchens als auch einer Welle zugeschrieben werden.

Aber wie kann etwas zwei Dinge zugleich sein? Wenn eine Welle sich ausbreitet, kann sie doch nicht auch noch ein Teilchen sein, das sich zu einem festen Zeitpunkt an einem definierten Ort befindet? Fachleute können das sicherlich erklären, aber wir belassen es hier bei einem Zitat Armin Maiwalds: „Klingt komisch, ist aber so.“

Jesus vereint zwei scheinbare Gegensätze: Er ist ganz Materie und ganz Licht. Teil der Schöpfung und zugleich ihr Realitätsstifter. Ich begreife es nicht umfassend, kann mich diesem Dual nur vorsichtig nähern. Doch mittlerweile verstehe ich seinen Satz „Ich bin das Licht der Welt“ nicht nur als leuchtenden Wegweiser in die Ewigkeit, ich verstehe ihn noch grundlegender:

„Ich bin die Realität.“

Natürlich hat Jesus mit seinen „Ich bin“-Worten in Metaphern gesprochen. Er ist kein Photon, das durch den Raum rast und keine Tür aus Holz, die ich auf und zu klappen kann. Und doch bin ich geneigt, seinen Vergleich mit dem Licht wörtlich aufzufassen. Denn ich glaube daran, dass Gott meine Realität erschaffen hat und diese erst durch das Licht wahrnehmbar wird. Das gilt im physikalischen wie im philosophischen Sinn. An dieser Stelle berühren sich sprichwörtlich Himmel und Erde, Metaphysisches und Physisches.

Durch Jesus nehme ich die Welt um mich herum wahr, denn er schafft meine Realität.

Alles, was wir wahrnehmen, beruht auf der Informationsübertragung durch Licht. Wenn Jesus das Licht der Welt ist, dann steckt er in allem. Alle Information, die ich habe, wird durch sein Mitwirken vermittelt. In meinem Sehen, Hören, Riechen, Schmecken. In meiner Wahrnehmung von Zeit und Raum. Durch Jesus nehme ich die Welt um mich herum wahr, denn er schafft meine Realität. Deshalb bin ich nie gottverlassen. Und wenn es mir gelingt, sein Licht in meiner Wahrnehmung zu erkennen, öffne ich meinen Blick für das, was Gott mich sehen lassen möchte.


Lesetipp: Falcke, Heino: Licht im Dunkeln – Schwarze Löcher, das Universum und wir. Klett-Cotta, 2020.

 

 Katrin Faludi

Katrin Faludi

  |  Redakteurin

Katrin Faludi hat Medienwissenschaft und Amerikanistik studiert. Hauptberuflich arbeitet sie seit vielen Jahren als Radioredakteurin, nebenberuflich ist sie Buchautorin. Zu ihren Themen gehören Lebenshilfe und seelische Gesundheit, denen sie mit einer Prise Humor sehr gerne die Schwere nimmt. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und mag alles, was mit Sprache(n) zu tun hat.

Ihr Kommentar

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Kommentare (5)

Martina K. /

Frau Faludi schafft es so unglaublich korrekt, präzise und verständlich das auszudrücken, wofür mir seit meiner Begegnung mit der Quantenphysik vor etwas mehr als einem Jahr die Worte fehlen. Genau mehr

Mathilde D. /

Liebe Frau F a l u d i,
vielen Dank für Ihren Beitrag und die Möglichkeit, dazu
Stellung zu beziehen.
1) Leider verkürzen Sie Joh8,12; denn entscheidend ist 12b: Wer MIR nachfolgt, wird n i c ht mehr

Petra /

Vielen Dank für den schönen Beitrag- auch ich nähere mich der Bibel mit der Quantenphysik und umgekehrt ...dieser Artikel war "erhellend" :-)
Materie entsteht ja erst durch das messen oder bewerten mehr

Christine K. /

„Faszination GOTT“ - schon als Lichtfackel zog Jesus damals beim Bund mit Abraham durch das Opfer! Der Bezug zur Physik hier lässt den geistlichen Bezug des Lichtes Jesus faszinierend und staunend mehr

Rahel /

Danke für diesen Beitrag! Das ist durch und durch faszinierend und hat mich gerade komplett überrascht.

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