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© Lennon Cheng / unsplash.com

20.03.2024 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Maria Dietz

Der ehrliche Diplomat

Wie ging Jesus mit sensiblen Informationen um? 3 biblische Beispiele und was du davon lernen kannst.

Vor einer Woche kam es zu einer Diskussion zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Bundestagsabgeordneter Norbert Röttgen. Es ging um die Lieferung von Waffen an die Ukraine und entwickelte sich zum Vorwurf, Röttgen würde Dinge an die Öffentlichkeit bringen wollen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.

Eine ähnliche Situation trug sich im November 2015 zu, als der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein Fußballspiel absagte. In einer Pressekonferenz verweigerte er eine genaue Erklärung mit den Worten: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“

In beiden Situationen waren die Politiker herausgefordert, auf eine Frage zu antworten, die sie nicht beantworten konnten oder wollten. Sowohl bei Olaf Scholz, als auch bei Thomas de Maizière ist der Versuch nach hinten losgegangen. Auch im alltäglichen Leben stehen wir immer wieder vor Situationen, in denen wir Menschen etwas vorenthalten müssen oder möchten.

Meist sind es nicht so hochbrisante Situationen wie in der Politik. Da reicht schon das Geburtstagsgeschenk für die Mutter, ein Überraschungsbesuch bei den entfernt lebenden Großeltern oder eine Schwangerschaft im ersten Trimester.

Wie hat Jesus in solchen Situationen gehandelt? Und kann er mir hier ein Vorbild sein? Jesus war immer wieder mit Fragen konfrontiert, die er noch nicht in Gänze beantworten wollte.

Egal wie heikel die Situation auch war, Jesus ist sich treu geblieben, hat nie gelogen und dennoch nur gesagt, was er auch preisgeben wollte.

Wie er das gemacht hat, zeige ich an drei biblischen Beispielen.

1. Pauschale Aussagen treffen

Schon bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte macht Jesus uns vor, wie ein weiser Umgang mit der Wahrheit funktionieren kann. Als Jesus zu Johannes dem Täufer kommt, um sich von ihm im Jordan taufen zu lassen, ist Johannes darüber verwundert, warum Jesus von ihm getauft werden möchte. Die Taufe des Johannes war ein Ausdruck der Hinwendung zu Gott. Johannes wusste, dass Jesus Gottes Sohn ist und fragt Jesus deshalb: „Eigentlich müsste ich mich von dir taufen lassen (...) warum kommst du zu mir?“ (Matthäus 3,14 NLB)

Anstatt Johannes zu verraten, dass Gott sich hörbar zu Jesus bekennen und der Heilige Geist sichtbar auf ihn herabkommen wird, macht Jesus eine pauschale Aussage. Er sagt: „Es muss sein. Wir müssen alles so halten, wie es von Gott aus sein soll.“ (Matthäus 3,15 NLB) Wer könnte dieser Aussage widersprechen?

Das dürfen wir auch tun. In Situationen, in denen wir nicht mit der ganzen Wahrheit herausrücken wollen, ist es in Ordnung, eine pauschale Aussage vorzuschieben. Hat zum Beispiel der Kuchen bei einer Geburtstagsfeier nicht geschmeckt und mir wird ein zweites Stück angeboten, ist es kein Problem zu sagen: „Danke, ich bin mit einem Stück gut bedient.“ Diese Aussage ist so allgemein formuliert, dass weder ich selbst noch der andere in eine unangenehme Lage gerät.

2. Fehlinformationen aushalten

Lange habe ich in einer Stadt gelebt, in der es viele Obdachlose gab. Weil ich ihnen ungern Geld geben wollte, habe ich manchmal gefragt, ob ich ihnen etwas zu essen kaufen darf. Das ging lange gut, bis mir jemand sehr schroff zu verstehen gab, dass er lieber Bargeld haben wolle und es unmöglich fände, dass ich dazu nicht bereit sei. Ich war so perplex, dass mir die Worte wegblieben.

Im Matthäusevangelium lesen wir von einer ähnlichen Situation. Als Jesus einen Menschen von einem Dämon befreit und dieser dadurch wieder sprechen kann, werfen ihm die Pharisäer vor: „Er kann nur deshalb Dämonen austreiben, weil er seine Macht vom Obersten der Dämonen bekommen hat.“ (Matthäus 9,34 NLB).

Wie würdest du reagieren, wenn man dir unterstellt, du würdest gemeinsame Sache mit dem Teufel? Ich jedenfalls wäre verletzt, vielleicht sogar sauer und würde versuchen mit Argumenten zu beweisen, warum dem nicht so ist.

In genau dieser Situation hat Jesus aber anders gehandelt. Als seiner Güte mit Hass begegnet wird, bleibt er still. Er klärt zunächst nicht auf, dass der Vorwurf nicht zutrifft. Erst als einige Tage später der Vorwurf wiederholt wird, wehrt sich Jesus dagegen.

Womöglich ließ sich Jesus damit Zeit, weil er noch nicht darüber sprechen wollte, dass er der Messias ist. In dieser Situation wählt er bewusst den unbequemen Weg und lässt zu, dass ein falsches Bild von ihm verbreitet wird. Weil Jesus noch nicht bereit war, die Wahrheit über seine Person zu verbreiten, lässt er zu, dass für einen bestimmten Zeit eine Lüge im Raum steht.

Auch wenn diese Situation unangenehm und ungerecht scheint, wählt Jesus diesen Weg. Vielleicht ist er auch für uns manchmal die weiseste Option.

Damit ich den Mut dazu finde, diplomatisch ehrlich zu sein, brauche ich großes Selbstvertrauen und das Bewusstsein, dass es reicht, wenn ich selbst und Gott die Wahrheit kennt.

3. Unter vier Augen

Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, dass ein Geheimnis kein Geheimnis bleibt. Auch dann ist es aber möglich einen weisen Umgang mit der Wahrheit zu haben. In Matthäus 9,27-30 lesen wir von einer Situation, in der es Jesus nicht gelingt, seine Identität geheim zu halten.

Als Jesus in Kapernaum ist, vollbringt er mehrere Wunder an Menschen in der Öffentlichkeit. Als aber zwei Blinde auf ihn aufmerksam werden, achtet er darauf erst im Schutz eines Hauses das Heilungswunder zu vollbringen. Außerdem ermahnt er beide mit Nachdruck: „Erzählt niemandem davon“ (Matthäus 9,30 NLB).

Wieso tut er das? Eine mögliche Erklärung finden wir in Jesaja 42:7. Hier wird prophezeit, dass man den Messias unter anderem daran erkennt, dass er „Blinden die Augen öffnen“ (Jesaja 42,7 NLB) kann. Hätte Jesus also die beiden Blinden in der Öffentlichkeit geheilt, wäre den Juden, die sich mit den Prophezeiungen auskennen, möglicherweise ein Licht aufgegangen. Das wollte Jesus noch nicht.

Was lernen wir also aus dem Verhalten Jesu? Wenn es nicht möglich ist, ein Geheimnis für sich zu behalten, besteht immer noch die Möglichkeit, den Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich zu halten. Wie Jesus kann man sich in einen geschützten Rahmen zurückziehen und die Eingeweihten darum bitten, ihr Wissen nicht weiterzutragen. Ob sie das tun, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Diplomatische Ehrlichkeit - so kann es funktionieren

Ehrlich zu sein, ist nicht immer leicht, vor allem wenn wir aus irgendwelchen Gründen nicht die volle Wahrheit sagen können. Wir alle erleben mal Situationen, in denen wir direkt etwas gefragt werden, aber unserem Gegenüber keine zufriedenstellende Antwort geben können oder wollen, ohne zu lügen.

Für alle „people pleaser“ da draußen, zu denen ich mich auch zähle, ist das erstmal eine Herausforderung. Am liebsten würde man da zu einer Notlüge greifen, um keine Gefühle zu verletzen. Jesus ist hier aber ein heilsames Vorbild, denn er scheint kein Problem damit zu haben, dem anderen ein wenig Unbehagen zuzumuten, indem er die Frage nicht ganz oder erst dann beantwortet, wenn er bereit dazu ist.

Im Umgang mit sensiblen Informationen macht Jesus teils pauschale Aussagen, die zwar der Wahrheit entsprechen, die Frage des anderen aber eventuell nicht hundertprozentig beantworten. Er hält die Spannung aus, die entsteht, wenn er mal nichts sagt, weil er noch nichts sagen möchte. Dabei nimmt er auch in Kauf, dass für einen bestimmten Zeitraum eine Unwahrheit im Raum steht.

Aber auch Jesus gelingt es nicht immer, ein Geheimnis zu 100 Prozent geheim zu halten, auch wenn er versucht den Kreis der Eingeweihten kleinzuhalten.

Hoffentlich helfen diese Beispiele aus dem Leben Jesu dir, auch in deinem Leben ehrlich und dabei diplomatisch zu sein. Vielleicht wendest du diese Methoden aber auch schon längst an. Lass es uns gerne wissen.

 Maria Dietz

Maria Dietz

  |  Redakions-Volontärin

Stammt aus dem schönen Frankenland. Das Germanistik- und Anglistikstudium hat sie vor einigen Jahren nach Mittelhessen geführt. Der unerwartete Schritt in die Medienwelt war eine Herausforderung, die ihr Leben auf mehreren Ebenen bereichert hat. Maria liebt das Landleben, Spätsommerabende, tiefe Gespräche über Gott und die Innenwelt und ihren Mann.

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