Navigation überspringen
© Steve Halama / unsplash.com

12.07.2010 / Tipps zur Stillen Zeit / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Susanne Molina Jácome

Beziehungsstress mit Gott

Spätestens am Sonntagmorgen schlägt das schlechte Gewissen, wenn man sich unter der Woche nicht um Gott gekümmert hat. Wie lässt sich das ändern?

Christen glauben, dass man in einer Beziehung mit Gott leben kann. Soweit die Theorie. In der Praxis schleicht sich immer wieder Beziehungsfrust ein. Manche schaffen es nicht, regelmäßig Kontakt mit Gott zu halten, indem sie beten und in der Bibel lesen. Andere haben permanent ein schlechtes Gewissen, weil sie das Gefühl haben, dass ihre Beziehung zu Gott nicht tief genug ist. Susanne Molina Jácome gibt aus eigener Erfahrung Beziehungstipps, die helfen, dieses Frustpotential abzubauen.  

Kann man lieben müssen?

Ich kann die oben erwähnten Probleme gut nachvollziehen, denn mit den gleichen Gedanken habe ich mich eine sehr lange Zeit meines Christseins beschäftigt, um nicht zu sagen: Gekämpft. Sie beschäftigen mich noch immer. Auf der einen Seite wusste ich: Um in meiner Beziehung mit Gott zu wachsen, "muss" ich Zeit mit ihm verbringen. Doch ich war mir nicht sicher, ob ich Gott einfach nicht genug liebte, um das Verlangen zu haben, mit ihm zusammen zu sein, oder ob ich nicht genug Disziplin hatte. Wie findet man die richtige Balance zwischen ehrlichem Herzensverlangen und Selbstdisziplin?

Ich wuchs in einem christlichen Elternhaus auf und lernte die Grundlagen des christlichen Glaubens daher von Klein auf kennen. Doch Wissen allein erzeugt keine Beziehung. Wenn mir jemand etwas über eine Person sagt, den Charakter beschreibt oder sagt, was die Person Gutes getan hat, mehrt dies mein Wissen. Das kann mich positiv inspirieren. Eine Beziehung habe ich jedoch nur dann, wenn ich diese Person treffe, sie kennen lerne, mit ihr spreche und Erlebnisse mit dieser Person teile - sprich: Zeit mit ihr verbringe.

In der Beziehung zu Gott würde das bedeuten, dass man mit ihm spricht, also betet. Allerdings hatte ich über viele Jahre hinweg eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Gebet - eine sehr formelle und trockene, um genau zu sein. Als Kind beobachtete ich die Christen um mich herum und bekam so ein bestimmtes Bild von Gott und natürlich auch vom Gebet.
Die Herausforderung ist, sich selbst auf den "Weg" zu machen, eine eigene Beziehung mit Gott zu bauen und Dinge hinter sich zu lassen, die dabei nicht förderlich sind.

Gott mit in den Tag hineinnehmen

Für mich persönlich war es eine große Hilfe, aus der "Stille Zeit"-Box auszubrechen. Ich merkte, dass ich nicht sitzen, die Hände falten oder täglich eine bestimmte Anzahl von Bibelversen lesen musste, um eine gute Zeit mit Gott zu haben. Mancher geht gerne spazieren und kann so Zeit mit Gott verbringen. Anderen hilft es, ihre Gebete an Gott aufzuschreiben und wieder andere singen. Es gibt so viele Arten, die Beziehung mit Gott aufzubauen. Es ist wichtig, dass jeder seine persönliche, ganz eigene Art der Beziehung mit Gott findet.

Eine Beziehung ist nicht kopierbar wie ein Ritual, sie ist einzigartig. Sie braucht Verbindlichkeit, aber auch Spontaneität. Ich selbst verbringe mittlerweile fast jeden Morgen 10-30 Minuten mit Gott, bevor ich mich in den Alltag stürze. Ich habe Jahre gebraucht, an diesen Punkt zu kommen, es war kein Spaziergang. Lobpreismusik gehört für mich immer dazu, da es mir hilft, mich auf Gott zu konzentrieren und aufzuwachen. Ich lese manchmal die Bibel, manchmal teile ich Gott meine Gedanken und Sorgen mit, ab und an schreibe ich meine Gebete an Gott auf - oder ich mache alles zusammen!

Während des Tages gibt es in den verschiedenen Situationen Momente, wo ich kurz mit Gott spreche, ihm danke, oder ihm sage: "Hilf mir, das Richtige zu sagen", "Hilf jener Person" etc. Ich bin kein sehr disziplinierter Mensch, aber Gott hilft mir, jeden Morgen aufzustehen und diese Zeit mit ihm zu verbringen, und ich kann wirklich sagen, es hat meine Beziehung mit ihm sehr intensiviert und die Nähe wächst.

Mehr davon!

Wer merkt, dass er auf diesem Gebiet Probleme hat, der kann Gott bitten, dass er dabei hilft, regelmäßig Zeit mit ihm zu verbringen. Dass Gott einen Hunger nach ihm gibt, nach seiner Gegenwart, seinem Wort, der Bibel, und dass er durch den Heiligen Geist spricht, wenn man sich Zeit nimmt für ihn. Gott hat seinen Heiligen Geist ja extra geschickt damit seine Kinder mit ihm in Verbindung sein können und ihn besser verstehen können (Johannes 14,26). So kann ich als Christ Gott auch bitten, dass er mich mehr und mehr mit seinem Heiligen Geist erfüllt.

Mein Hunger nach Gott wuchs kontinuierlich, als ich anfing, mich mit Gottes wahrem Charakter zu beschäftigen. Ich fing an Bücher zu lesen, in denen Menschen von ihrer innigen Beziehung zu Gott und von ihren begeisternden Erfahrungen mit Gott berichten. Das steckte mich an, und automatisch dachte ich: "Das will ich auch!" Ich fing an, die Bibel zu studieren oder Predigten zu hören, die Gottes Charakter thematisierten und ihn mir näher brachten.

Oft haben wir ein falsches und in Wirklichkeit auch „unattraktives“ Bild von Gott. Was ist mein Bild von Gott: Ein zorniger Gott? Ein ferner Gott? Ein liebender Gott? Gottes einzigartiger Charakter ist Güte, Liebe, Gnade und so vieles, was einfach gut und anziehend ist! Je mehr wir das wahre Bild von Gottes Charakter entdecken, desto mehr werden wir uns danach sehnen, noch mehr von ihm zu erleben!

Wann ist Gott zufrieden?

Eine Beziehung mit Gott zu bauen, ist ein Prozess, der ein ganzes Leben lang dauert. Das Ziel ist, Gott immer besser kennen zu lernen. Beziehungen haben Hochs und Tiefs. Es gibt Zeiten, in denen man viel miteinander spricht, Zeiten in denen die Worte fehlen - aus Liebe, oder auch aus Ratlosigkeit. Zeiten in denen man feiert, lacht, weint, diskutiert... Die Beziehung zu Gott ist das Wichtigste in unserem Leben, es ist kein Hobby und auch kein Tagesordnungspunkt, den wir abhandeln sollen. Es ist das Kostbarste, was wir haben, und das Einzige, was uns niemand und nichts nehmen kann.

Wie kann man aber nun eine solche Beziehung zu Gott aufbauen, ohne dass man sich gleich wieder unter Druck setzt, alles richtig und zufriedenstellend zu machen?  Hier hilft es sich folgende Fragen zu stellen: Wen gilt es hier zufrieden zu stellen? Das Gewissen? Gott? Besteht das Gefühl, es nicht gut genug für ihn zu machen? Steckt da die Angst dahinter, dass Gott unzufrieden ist, wenn man ein paar Tage keine Zeit mit ihm verbracht hat?

Wenn mir Gott wie ein strenger Lehrer vorkommt, was sollte mich dazu bringen, gerne zu ihm zu kommen? Wenn ich das Gefühl habe, nicht völlig angenommen und geliebt zu sein, auch wenn ich manchmal durch laue Phasen in der Beziehung mit Gott gehe, werde ich immer unter Stress stehen, ihn milde zu stimmen, indem ich "Stille Zeit" mache.

Gott liebt mich jedoch bereits in diesem Moment vollkommen! Egal ob ich an ihn denke und mit ihm spreche - oder nicht! Darum ist seine Liebe auch bedingungslos. Wer merkt, dass es ihm schwerfällt, diese Liebe anzunehmen, der kann Gott bitten, seine Liebe zu zeigen, so dass sie noch spürbarer und realer wird.

Trennendes überwinden

Manchmal stehen Schuld oder Schuldgefühle wie eine trennende Mauer zwischen Gott und einem Menschen. Wenn es Sünde gibt, die von Gott trennt, gibt es einen Weg, diese Mauer abzubauen: Die Sünde bekennen und Jesus um Vergebung bitten. Damit ist die Mauer gefallen und nicht mehr existent.

Schuldgefühle sind hingegen eine wirksame Mauer, die der Teufel benutzt, um einer Person weiterhin davon abzuhalten, Gottes Gegenwart zu genießen. Diese Methode hat bei mir lange Zeit funktioniert, bis ich merkte, dass diese Schuldgefühle vom Gegenspieler Gottes kamen und nicht von Gott. Denn Gott reagiert nicht grimmig oder sauer, wenn wir Probleme damit haben, regelmäßig Zeit mit ihm zu verbringen. Vielmehr freut er sich jedes Mal, wenn wir ihm unsere Zeit schenken! Er weiß mehr als wir selbst, dass Zeit das Kostbarste ist, was wir - außer uns selbst – zur Verfügung haben.

Von Gottes Liebe angezogen

Liebe ist auch eine Entscheidung, und damit zum Teil unabhängig von Gefühlen. Ein Beispiel: Als ich meinen Mann heiratete, entschied ich mich, mit ihm zu leben, in guten und schlechten Zeiten, was u.a. bedeutet: mit oder ohne schöne Gefühle. Liebe ist die Entscheidung zur Verbindlichkeit. Liebe kann nur wachsen, wenn ich mich entscheide, auch in Zeiten, in denen ich keine romantischen oder schönen Gefühle habe, dem anderen treu zu bleiben. Gefühle der Liebe sind manchmal da, und manchmal nicht. Wenn die Gefühle nicht da sind, heißt dies aber noch lange nicht, dass ich meinen Mann nicht mehr liebe. Wenn ich eine Weile weniger Zeit mit meinem Mann verbringe, ist das für unsere Beziehung nicht besonders förderlich, doch es beendet unsere Beziehung und unsere Liebe nicht.

Wenn ein Mensch Gott gegenüber gleichgültig ist, verschwendet er keinen Gedanken an seine Beziehung zu ihm. Doch wenn sich jemand um die Beziehung zu Gott sorgt, dann bewegt das Gottes Herz mehr als ein zweistündiges Gebet, das aus Pflicht heraus gesprochen wird!
Und je mehr ein Mensch Gottes Liebe kennenlernt, desto mehr wird er sich nach Zeit mit ihm sehnen.

1.Johannes 4,8 sagt, dass Gott Liebe ist. Wenn dies so ist, könnten wir 1.Korinther 13,4-8 auch so lesen:

Gott ist geduldig und freundlich. Er ist nicht verbissen, er prahlt nicht und schaut nicht auf andere herab. Er verletzt nicht den Anstand und sucht nicht seinen eigenen Vorteil, er lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend! Gott freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Gott ist immer bereit zu verzeihen, er vertraut stets und er verliert nie die Hoffnung und hält durch bis zum Ende. Gottes Liebe wird niemals vergehen!

Mein Tipp ist es deswegen, an der eigenen Beziehung mit Gott weiterzubauen! Er liebt jeden Einzelnen von uns und wird uns dabei helfen!

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (16)

Helmut Reith /

Hallo! Viele Christen „beschäftigen sich “, "kämpfen um“ „müssen“ Zeit mit Gott verbringen, um eine gute Beziehung - sprich Stille Zeit - zu ihm aufzubauen. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Gott mehr

Ingrid /

Ein interessanter Artikel. Danke.
Ich beginne meinen Tag mit dem ERF. Danke dafür! Wenn ich nachts nichts mehr einschlafen kann, schalte ich ebenfalls den ERF ein und meist gehe ich um 22 Uhr ins Bett um die "Bibellese" zu hören.
Eine schöne Sommerzeit
Ingrid

Helmut Reith /

Hallo! Danke für den Beitrag. Über Jahre quälte ich mich mit dieser Frage ab. Auf einer Bibelschule war es Pflicht, wöchentlich einen Fragebogen auszufüllen und u.a. ob man am Morgen und am Abend je mehr

uwe lay /

vor dem Hintergrund von ps 119 habe ich mir erlaubt mlr mehr Zeit mit Gott zu nehmen, was nicht so gut im Umfeld ankommt. ich habe das Jahre lang schleifen lassen, meine HA mit Gott nicht gemacht. ER mehr

Heidrun /

Ein wertvoller Artikel in einer angenehmen, "normalen" Sprache! Manchmal finde ich - ehrlich gesagt -die Sprache anderer Christen unangenehm, ja unsympathisch! Das bringt mir dann Schuldgefühle. Ich mehr

Ulrich /

Der größte Fehler, den man begehen kann, ist, eine Stille Zeit aus Pflichtgefühl abzuhalten. Ein Freund sagte mir mal, Gottesdienst ist Dienst für Gott. Ich begegne Gott nicht in erzwungenen Diensten, sondern in Freiwilligkeit und Freude. Aber manchmal tut eine Zeit der Besinnung gut.

Brigitte /

Vielen Dank für eine neue Perspektive zu Gott und die ganz praktischen Impulse für mein täglichliches Leben!

Micha /

Wir haben einen Gott der sich freut, wenn seine Kinder zu ihm kommen, Zeit gemeisam verbringen wollen. ER schaut mit wohlwollenden Blicken auf uns. Diese unbändige Sehnsucht in Gottes Vaterherzen mehr

Steffi /

Danke für diesen Artikel!

Christel Schmidt /

Danke für diesen wertvollen Beitrag!Es sind sehr gute Impulse für mein weiteres Glaubensleben.

Maria-Luise /

Ich bin froh, das gott nicht so denkt, wie viele Menschen! Gott setzt einen nicht unter Druck, und er freut sich immer wenn ich zu ihm komme; egal wie oft und wie lange! Für IHN ist es schön und er mehr

Mat /

Guter Artikel, vielen Dank! Zum Glück gibt es Dienste wie den ERF.

Steffi Lieske /

Gottes Segen, vielen Dank ich finde ihre Gedanken sehr gut, und deswegen sehr hilfreich!

Doris Schott /

Danke für diesen guten Input. Sehr wertvoll für mich auch der unten angegebene link zu dem Artikel auf mehrglauben.de

Jürgen /

Hallo,
Menschen fliegen teilweise in's Ausland, um den/die Geliebte(n)
oder eine(n) gute(n) Freund(in) zu treffen.
Gott kommt auf die Erde, in die Welt, wird Mensch, um uns zu treffen. Selig, sind mehr

Gerhard /

Das ist ein wichtiger Artikel. Jeden Satz kann ich aus den Erfahrungen meines Lebens bestätigen.

Das könnte Sie auch interessieren