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© Alexandra Fuller / unsplash.com

09.01.2022 / Theologie / Lesezeit: ~ 10 min

Autor/-in: Steffen Brack

In der Bibel gelesen ... und Gott getroffen (2)

Meinen persönlichen Zugang finden – zum Buch der Bücher.

 

„Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was in der Bibel drinsteht.“ – So der Theologe und ERF Redakteur Steffen Brack. Deshalb fängt er an und liest in dem Buch. Und zu seiner Überraschung begegnet er dadurch Gott. Und das immer wieder. Im Teil 2 des Artikels geht es um ganz unterschiedliche Zugänge zur Bibel. Denn neben dem Bibellesen gibt es noch viel mehr Möglichkeiten.

Viel mehr als lesen

Wenn es nun darum geht, sich mit der Bibel zu beschäftigen, dann spielt das Bibellesen natürlich eine Rolle. Aber das ist mir im Lauf der vielen Jahre immer deutlicher geworden: Lesen ist nicht die einzige Art, mit dem geschriebenen Wort Gottes umzugehen. Auch wenn ich damit jetzt anfange.

Der Klassiker: Bibellesen

Vor über 3.000 Jahren sagt Gott zu Josua, dem neuen Anführer Israels: „Sprich die Weisungen aus meinem Gesetzbuch ständig vor dich hin und denke Tag und Nacht darüber nach, damit dein ganzes Tun an dem ausgerichtet ist, was darin geschrieben steht.“ (Josua 1,8).

Josua soll nach dem handeln, was Gott durch Mose seinem Volk offenbart hat. Und diese „Weisungen“ liegen offensichtlich auch schon schriftlich vor. Denn Gott verweist auf das „Buch“ und was darin „geschrieben steht“. Josua soll also darin lesen. Doch schon hier fällt auf: Josua soll sich den Inhalt auch selbst vorsprechen. Denn was ich spreche – und dann auch höre – das hat nochmal eine umfassendere Wirkung auf mich.

Wie kann ich die Bibel lesen?

Wie kann ich die Bibel lesen? Ich meine, da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Ich habe mir zum Beispiel die beiden Bibelverse für meinen Computer abonniert, die von der Herrnhuter Brüdergemeine herausgegeben werden: die Losungen. So habe ich zwei Bibelverse den ganzen Tag auf dem Computer. Das ist schon mal ein guter Anfang, finde ich.

Wer aber die Bibel besser kennenlernen will, der fängt vielleicht einmal im Neuen Testament mit dem Lukasevangelium an. Wem dabei ein Plan hilft, welche Abschnitte er oder sie dabei jeden Tag lesen kann, dem empfehle ich sehr die Bibellesepläne auf unserem ERF Bibleserver.

Wenn jemand eine wirkliche „Leseratte“ ist, also total gerne liest, der oder die kann das Buch einfach irgendwo aufschlagen und anfangen zu lesen. Ich bin zwar keine Leseratte, habe aber einfach mal vorne angefangen und bis zum Ende durchgelesen. Bei mir hat das geklappt.

Aber ich meine, das kann nicht einfach jeder so übernehmen. Und das muss auch niemand so machen. Denn es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, wie ich mich mit der Bibel beschäftigen kann.

Vielleicht schon vergessen: Bibelhören

Bibellesen ist also ein Aspekt. Zur Zeit der ersten Christen war ein zweiter Zugang zum Inhalt der Bibel völlig selbstverständlich: nämlich das Hören. Paulus, einer der ersten Gründer christlicher Gemeinden, schreibt an die Christen in der Stadt Kolossä: „Wenn dieser Brief bei euch vorgelesen worden ist, dann schickt ihn nach Laodizea, damit er auch dort vor der Gemeinde verlesen wird. Und lest auch ihr den Brief, den ich nach Laodizea geschrieben habe.“ (Kolosser 4,16).

Die Briefe des Neuen Testaments wurden in den Gemeinden vorgelesen, also gehört. Und das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Menschen sind ja sehr unterschiedlich. Es gibt z.B. Hör-Typen. Das sind Menschen, die Inhalte vor allem über das Hören aufnehmen. Das sind die Leute, die in der Schule im Unterricht einfach zuhören – und sich dann ganz viel davon behalten können. Nicht jeder Mensch ist so gestrickt. Andere müssen etwas sehen, also entweder lesen oder Inhalte graphisch darstellen. So verinnerlichen diese Typen Inhalte.

Und schließlich gibt es Menschen, die können sich etwas besonders gut merken, wenn sie etwas anfassen. Oder wenn sie sich bewegen, während sie etwas verinnerlichen wollen. Denken Sie z.B. an fromme Juden, die Bibelverse rezitieren und dabei immer vor und zurückwippen.

Ich glaube, mancher Frust beim Bibellesen kommt auch daher, dass Hör-Typen oder diejenigen, die Bewegung und etwas zum Anfassen brauchen, über das Lesen nur schwer Zugang zur Bibel bekommen. Das entspricht einfach nicht der Art, wie Gott sie geschaffen hat.

Zum Bibelhören gibt es heute – Gott Lob – viel mehr Möglichkeiten als noch vor 30 Jahren. Wenn Sie ein Hör-Typ sind, dann schaffen Sie sich doch eine Hörbibel an. Z.B. in unserem ERF-Shop. Zu mir kam vor Jahren ein Mann, der sagte: Steffen. Ich fahre viel im Auto. Gibt es nicht eine Bibel auf CD? Dann kann ich auf den langen Fahrten doch die Bibel hören. Eine großartige Idee finde ich.

Eine große Hilfe fürs Bibellesen ist aus meiner Sicht auch eine Gruppe. Mit anderen Menschen kann ich dann zusammen in der Bibel lesen und auch gleich darüber sprechen. Ich habe mit Bibelgesprächskreisen und Hauskreisen viele gute Erfahrungen gemacht.

Zum Hören auf die Bibel gehören auch gute Predigten. In den Gottesdiensten der eigenen Gemeinde. Aber auch über das Internet haben Sie heute zahllose Möglichkeiten, sich Predigten anzuhören oder herunterzuladen. Zu dem Thema schreibt Paulus an die Gemeinde in Galatien: „Warum wollt ihr Christen in Galatien das denn nicht endlich begreifen! Wer konnte euch bloß so verblenden? Habe ich euch das Sterben von Jesus Christus am Kreuz nicht deutlich vor Augen gemalt?“ (Galaterbrief 3,1).

Paulus bescheinigt hier seinen Mitchristen in Galatien: Oh Leute, warum seid ihr nur so begriffsstutzig? Sie hatten sich völlig falsche Lehren über den Glauben an Gott und an Jesus aufschwätzen lassen. Und Paulus erinnert sie daran: Ich habe euch doch Jesus regelrecht vor Augen gemalt, als ich euch die Gute Nachricht von ihm und seinem Tod am Kreuz nahegebracht habe.

Und hier sehe ich einen so wichtigen Hinweis für die Predigten in unseren Gemeinden. Es gibt Menschen – Männer und Frauen – die Gott dazu begabt, die Aussagen der Bibel zu erfassen. Auch in größeren Zusammenhängen. Und die Gott dazu befähigt, die zentralen Inhalte der Bibel dann so zu vermitteln, dass sie für die Hörerinnen und Zuschauer ganz plastisch werden. Ganz anschaulich. Das ist eine Gabe von Gott. Und ich meine, Gott will, dass wir solche Menschen entdecken, fördern und sie dann auch sprechen lassen. Oder schreiben. Viele werden davon profitieren. Und die Inhalte der Bibel werden so vielen Leuten nähergebracht. Zum ersten Mal. Oder auch vertiefend.

Und ganz handfest: Gottes Wort zum Anfassen

Und schließlich noch eine weitere Möglichkeit, sich mit der Bibel zu befassen. Von den ersten beiden Menschen, die sich Jesus angeschlossen haben, heißt es: „Sie gingen mit Jesus, sahen, wo er wohnte, und verbrachten den Rest des Tages mit ihm. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags.“ (Joh 1,39).

Das ist jetzt ein Vers für alle, die am besten etwas mit ihren Händen berühren, wenn sie sich auf neues einlassen wollen. Denn Jesus lässt seine ersten Nachfolger genau das erleben. Und so können sie sich auf ihn einlassen.

Eine unserer Töchter sollte einmal ein Gedicht für die Schule auswendig lernen. Und sie tat sich so schwer damit. Ich hatte auch eine Idee, warum das so schwierig war. Unsere Tochter ist ein totaler Bewegungsmensch. Sie macht ständig Sport, ist gerne draußen, bewegt sich viel. Und Stillsitzen auf einem Stuhl ist einfach nicht so ihr Ding. Ich weiß das.

Also nehme ich mir das Gedicht vor, erfasse den Sprechrhythmus und stampfe mit den Füßen durchs Zimmer. Genau im Rhythmus, den das Gedicht vorgibt. Und bei jedem Schritt spreche ich eine Silbe. Meine Tochter lacht und marschiert mit. Und wissen Sie was? Es hat nicht nur eine Menge Spaß gemacht. Wir hatten das Gedicht auch im Handumdrehen gelernt.

Ein Teenager kam zum Glauben an Jesus. Sein Vater ist sehr skeptisch. Er sieht, wie sehr sein Sohn sich verändert. Und er hat Angst, dass der Sohn in eine Sekte geraten ist. Das bessert sich auch nicht für den Vater, als sein Sohn dann eine Bibelschule besucht. Also eine theologische Fachschule. Bis der Vater bei einem Tag der offenen Tür in der Bibelschule mit dem Haustechniker ins Gespräch kommt. Über die neue Elektrik in den Räumen.

Da merkt er: der Glaube an Gott macht ja gar nicht weltfremd. Und so kann er sich tatsächlich öffnen für den Glauben an Jesus. Er brauchte etwas ganz Handfestes im Leben eines Christen, das ihm die Vorbehalte genommen hat. Das ist gelebter Glaube zum Anfassen. Und der war für diesen Mann die entscheidende Vorbereitung, sich für Gott und sein Wort zu öffnen.

Ganz persönlich

Zum Schluss noch eine Geschichte. Und zwar von mir selbst. Ich war ein junger Pastor. Und ich hatte für meine Gemeinde eine kleine Reihe von Predigten geplant. Alle zu Geschichten, die Jesus erzählt hat. Geschichten, mit denen er Wahrheiten über Gott veranschaulicht. Und zwar dadurch, dass Jesus sie mit ganz alltäglichen Erlebnissen vergleicht. Deshalb werden diese Geschichten von Jesus auch oft „Gleichnisse“ genannt.

Ich hatte mir die drei Geschichten ausgesucht, die alle direkt hintereinander aufgeschrieben sind. Und zwar im Bericht des Arztes Lukas über Jesus, im Kapitel 15. Diese drei Geschichten haben alle etwas gemeinsam. In jeder von ihnen geht etwas verloren: ein Schaf, Geld, ein Kind. Und als das verlorene wiedergefunden wird, da ist die Freude riesig. Und Jesus will damit deutlich machen: „Genauso freut sich Gott im Himmel über einen Menschen [w. Sünder], der zu Gott umkehrt …“ (Lukas 15,10).

Soweit ich das heute noch in Erinnerung habe, lief am Anfang alles gut. Bis ich zur dritten Geschichte kam. Die, in der ein erwachsenes Kind seinen Vater verlässt, zuvor aber noch das Erbe kassiert (Lukas 15,11-24). Und mit vollen Taschen sucht er – es ist ein Sohn – dann das Weite.

Viele von Ihnen werden die Geschichte kennen: unter der Überschrift „Das Gleichnis vom verlorenen Sohn“. Sie ist vielleicht die bekannteste Geschichte, die Jesus erzählt hat. Um es kurz zu machen: der Sohn wirft mit seinem Vermögen nur so um sich, bis er schließlich nichts mehr hat. Und völlig verarmt landet er beim Schweinehüten. Und nicht einmal das Futter der Schweine kann er sich leisten. Und in dieser Not geht ihm auf, wie gut es selbst die Aushilfskräfte bei seinem Vater haben.

Und so macht er sich auf Weg – zurück nach Hause. Seine Stellung als Sohn des Hauses hat er natürlich verspielt. Davon ist er überzeugt. Und deshalb hofft er darauf, dass er zuhause vielleicht als Hilfsarbeiter angestellt wird.

Aber da hat er sich gründlich getäuscht. Denn sein Vater sieht ihn schon von weitem kommen. Und voller Mitgefühl und Freude läuft er seinem jüngeren Sohn entgegen, fällt ihm um den Hals und küsst ihn. Die Idee des Heimkehrers, jetzt nicht als Sohn, sondern als Aushilfe bei seinem Vater anzuheuern – das kommt für den Vater überhaupt nicht in Frage. Noch nicht einmal eine Sekunde lang.

Er nimmt seinen verloren geglaubten Sohn mit offenen Armen in Empfang. Und er setzt ihn wieder ein als seinen rechtmäßigen Sohn. Mit allem, was dazu gehört. Und dann wird gefeiert. Denn der Vater freut sich so sehr, dass er seinen Sohn wieder hat. Auch bis hierhin kam ich noch ganz gut klar mit der Geschichte von Jesus.

Aber die dritte Erzählung ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende. Denn der Vater hat noch einen zweiten Sohn. Den älteren der beiden. Und um den geht es nun bis zum Ende der drei Geschichten, die Jesus erzählt. Und zwar darüber, wie sehr sich Gott über jeden Menschen freut, der zurückfindet – zurück zu ihm, zum lebendigen Gott. Und genau an dieser Stelle fingen meine Schwierigkeiten an.

Ich habe dann zwar über den älteren Sohn gepredigt. Aber ich merkte: das passt so alles nicht wirklich zusammen. Irgendwie habe ich gar nicht verstanden, was Gott mir und uns durch den älteren Sohn sagen will. Und deshalb habe ich die Kassettenaufnahme der Predigt mitgenommen zu einer Fortbildung. Und dort habe ich mit Kolleginnen und Kollegen darüber gesprochen.

Sie haben sich die ganze Aufnahme geduldig angehört und mir dann zurückgemeldet, was ihnen aufgefallen ist. Ein Supervisor war auch dabei. Und am Ende hatte ich dann auch eine viel klarere Sicht auf das, was Gott durch den älteren Bruder in dem Gleichnis von Jesus sagen will. Und das, was ich hier mit der Hilfe anderer Christen entdeckt habe, das war für mich ganz entscheidend. Dadurch hat sich einiges in meinem Leben verändert. Und in meinen Predigten auch.

Bis heute ist es so, dass ich in einer Gemeinde, in der ich noch nie zum Predigen gewesen bin, als erstes immer über den älteren Bruder aus dem Gleichnis predige. So hilfreich habe ich es erlebt, wenn ich mit einer Gruppe intensiv daran arbeiten kann, wenn ich etwas in der Bibel nicht verstehe.

Lust auf mehr?!

Ich beschäftige mich mit der Bibel. Seit Jahrzehnten. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich einmal damit aufhöre. Denn durch dieses Buch spricht Gott zu mir. Auch wenn ich das nicht immer gleich verstehe. Aber ich bin Gott immer wieder begegnet – durch dieses Buch. Und deshalb bleibe ich dran. Denn ich habe Lust auf mehr. Mehr von der Bibel und mehr von Gott. Ob Sie auch Lust bekommen? Vielleicht zum ersten Mal. Oder wieder.

Hier finden Sie Teil 1 des Artikels

 Steffen Brack

Steffen Brack

  |  Coach Evangelisation & Follow-Up

Theologe und Redakteur, verheiratet, drei Kinder. Begeistert von Gottes unerschütterlicher Liebe.

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Kommentare (4)

Johann J. /

Wunderbar! Ich sehe es so: Gott hat, als unser Vater, so viel Gutes für uns bereit! Der Jüngere hat seinen Egoismus erkannt und ist nun zum Dienen bereit. Der Ältere hat in Wahrheit noch gar nicht mehr

Steffen Brack, ERF Redaktion /

Lieber Familienfreund,
der Artikel steht jetzt auch zum Anhören zur Verfügung. Ganz oben im Artikel bei "Teil 1 und 2 zum Anhören".
Herzliche Grüße
Steffen Brack

Familienfreund /

Hallo liebes Erf-Team,
wenn ich auf Eure Seite komme, dann freue ich mich immer auf erfrischende Impulse - nicht nur irgendwie inspirierend - sondern eben in die Begegnung mit Gott einladend. mehr

Marianne H. /

Ja, so ist es. Es gibt verschiedene Typen. Ich muss etwas lesen oder bildlich sehen. Das prägt sich mir sehr ein. Ich würde mich freuen, wenn es mehr Beiträge auch in schriftlicher Form geben würde. Die kann ich mir archivieren und immer wieder lesen, wenn ich sie brauche.
Lg Marianne

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