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© Markus Spiske / unsplash.com

19.12.2023 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Sarah-Melissa Loewen

Wie die Weihnachtsfreude einzog

Adventsbräuche erklärt: Esther Dürrstein über die Bedeutung von Tannengrün und roten Kugeln.

Die einen sagen Weihnachtsbaum, die anderen Tannenbaum und wieder andere nennen ihn Christbaum. So oder so, ein geschmückter Nadelbaum darf an Weihnachten in den allermeisten deutschen Wohnzimmern nicht fehlen.

Denn wie kaum etwas anderes verbreiten Tannenduft, Lichterglanz und schimmernde Kugeln festliche Weihnachtsstimmung. Ob im Topf, nachhaltig aus der Region mit Biozertifikat oder ein täuschend echt wirkender Baum aus Kunststoff, der Markt hat für jeden den passenden Baum.

Doch woher stammt die Tradition, sich einen Baum ins Haus zu holen? Und was hat der geschmückte Tannenbaum eigentlich mit Weihnachten zu tun? Esther Dürrstein hat nach dem Ursprung dieser Tradition geforscht:

Wahrscheinlich hat die Tradition rund um den Weihnachtsbaum ihren Ursprung in heidnischen Religionen. Denn in den naturverbundenen heidnischen Religionen spielte der immergrüne Nadelbaum als Fruchtbarkeitssymbol eine wichtige Rolle und bei den Ritualen wurde viel mit Tannennadeln gearbeitet.

Wie aus dem Tannenbaum der Christbaum wurde

Tannenbäume im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest werden erstmals in Dokumenten erwähnt, die aus dem 15. Jahrhundert stammen. Dass sich dieser Brauch zur Tradition verfestigte, haben vermutlich Martin Luther und die anderen Reformatoren vorangetrieben: Entgegen der katholischen Kirche haben sie den Tannenbaum als Weihnachtssymbol der Protestanten aufgestellt.

Das hat damals ziemlich für Unruhe gesorgt. Und diese Meinungsverschiedenheit hat sich lange gehalten, denn tatsächlich wurde erst 1982 der erste Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz aufgestellt.

Doch auch in den katholischen Kirchen wurde zu Beginn der Adventszeit ein grüner Baum aufgestellt. Der hatte zunächst nicht unmittelbar etwas mit Weihnachten zu tun. „O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter. Du grünst nicht nur zur Sommerzeit, nein auch im Winter, wenn es schneit“ – genau das ist der Grund. Esther Dürrstein führt aus:

Im Mittelalter wurden in der Vorweihnachtszeit Predigten gehalten, in denen die Heilsgeschichte nacherzählt wurde. Vom Sündenfall bis zur Geburt Jesu. Weil viele Menschen nicht lesen konnten, wurden diese Predigten mit Gegenständen oder kleinen szenischen Aufführungen bildlich dargestellt.

Ein grüner Baum symbolisierte dabei den Paradiesbaum. Und der sollte möglichst noch bis Heiligabend grün sein, deswegen war es in der Regel ein Tannenbaum. An diesen Baum wurden rote Äpfel gehangen, die die verbotene Frucht symbolisierten. So wurde den Menschen buchstäblich vor Augen gemalt, wie es zur Erbsünde kam, als Adam und Eva von der verbotenen Frucht aßen.

Luther richtete bei diesem Paradiesbaum, dem Symbol der Schuld, dann den Fokus auf das, was Jesus getan hat: Weil die Menschen schuldig geworden sind, ist er gekommen, um sie von ihrer Schuld zu befreien.

Demnach erinnert uns der Christbaum mit der Umdeutung Luthers an die Weihnachtsbotschaft: Jesus, der Messias, der Retter, wurde geboren.

Der rote Kugelglanz symbolisiert Schuld und Vergebung gleichermaßen

Obwohl in der biblischen Paradieserzählung an keiner Stelle von einem Apfel die Rede ist, wurde die verbotene Frucht immer mit einem Apfel dargestellt. So wurden auch die ersten Weihnachtsbäume mit Äpfeln und Nüssen geschmückt. Das lag wohl auch an der winterlichen Jahreszeit, in der die Obstschalen hauptsächlich Äpfel zu bieten hatten.

Der feine, gläserne Baumschmuck kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf, als Kugeln aus Glas deutlich günstiger zu haben waren als frisches Obst.

Rote Äpfel sind daher die Vorläufer unserer roten Weihnachtsbaumkugeln. Als verbotene Paradiesfrucht symbolisieren sie dabei sowohl den Sündenfall als auch den Umgang damit, beziehungsweise die Lösung dafür.

Denn in der Deutung Luthers erinnert die rote Farbe der Kugeln gleichzeitig an das Blut Jesu, das er aus Liebe zu den Menschen stellvertretend für ihre Schuld am Kreuz vergossen hat.

Kerzenschein als Symbol für das Licht der Welt – Jesus

Doch ein Weihnachtsbaum wäre heutzutage ohne Lichter nur halb geschmückt. Mit Blick auf Luthers Deutung des Weihnachtsbaums waren Lichter am Christbaum genauso wichtig wie die roten Kugeln. Esther Dürrstein erklärt:

Um 1730 wurden Kerzen in den Bäumen angebracht. Die klassischen Weihnachtsbaumkerzen gab es am Anfang noch nicht. Das Kerzenlicht symbolisiert Jesus, der an Weihnachten geboren wurde, um die Menschen von ihrer Schuld zu erretten. Er ist das Licht der Welt, das die Finsternis der Sünde überstrahlt.

Obwohl der geschmückte Weihnachtsbaum seinen Ursprung nicht in der christlichen Tradition hat, steckt er doch voller Symbolik, die auf Jesus hinweist.

Viele Familien haben ihre eigene Weihnachtsbaum-Tradition

Wann und wie der Baum aufgestellt und geschmückt wird, ist in jedem Haushalt anders. Bei manchen steht er schon pünktlich und festlich geschmückt zum ersten Dezember an seinem Platz, bei anderen erst kurz vor Heiligabend oder sogar erst am 24. Dezember.

Esther Dürrstein und ihre Familie haben ihre eigene Tradition entwickelt:

Wir haben vier Kinder und damals, als sie noch klein waren und wir am 24. den Baum kaufen und schmücken wollten, war das Stress pur. Dann haben wir bei uns in der Familie die Tradition etabliert, dass wir am Samstag vor dem dritten Advent den Weihnachtsbaum aufstellen und nur mit Lichtern schmücken.

Warum? Weil unser Sohn genau eine Woche vor Weihnachten Geburtstag hat und so steht bei seiner Geburtstagsfeier schon der beleuchtete Baum.

An einem Tag in der Woche vor Weihnachten schmücken wir den Baum und legen die Geschenke darunter, sodass wir an Heiligabend damit keinen Stress mehr haben. Das machen wir jedes Jahr so, da sind wir schon sehr traditionell.

 Sarah-Melissa Loewen

Sarah-Melissa Loewen

  |  Redakteurin

Sie hat Literatur- und Kulturwissenschaften studiert und war schon immer von guten Geschichten in Buch und Film begeistert. Doch sie findet, die besten Geschichten schreibt Gott im Leben von Menschen. Als Redakteurin erzählt sie diese inspirierenden Lebens- und Glaubensgeschichten. Sie lebt mit ihrem Mann in der schönsten Stadt am Rhein.

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