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31.08.2021 / Bericht / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Katja Völkl

Steuersenkungen für mehr Innovation

Der ERF-Parteiencheck: FDP.

 

Am 26. September wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Wem gebe ich meine Stimme? Die ERF Aktuell - Redaktion hat Parteiprogramme gewälzt. Auf dem Prüfstand: CDU, SPD, Grüne, Linke, AfD, FDP und einige kleine Parteien wie Bündnis C.

Der ERF-Parteiencheck, heute: Katja Völkl im Gespräch mit Oliver Jeske über das Wahlprogramm der FDP.

 

ERF: Oliver, was hast du dort gefunden?

Zunächst den großen Appell: So, wie es bisher in Deutschland gelaufen sei, könne es nicht weitergehen. Deutschland sei nicht mehr das Land der Innovationen, das es einmal gewesen ist. Die Bundesrepublik müsse sich auf einen Aufholwettbewerb begeben. Das sei auch der richtige Weg aus der Corona-Krise heraus.

Schlankerer Staat mit weniger Bürokratie

ERF: Und wie will die FDP die Voraussetzungen dafür schaffen?

Hier kommen ganz typische liberale Positionen zum Tragen. Die FDP plädiert für einen schlankeren Staat mit weniger Bürokratie. Sie will staatliche Beteiligungen an Konzernen zurückfahren. Und sie will die Steuern senken. Dadurch sollen die Menschen, die die FDP als Leistungsträger bezeichnet, motiviert werden. Die FDP hofft: Die hängen sich noch mehr ins Zeug, weil am Monatsende vom Verdienst mehr in der eigenen Tasche bzw. im eigenen Betrieb bleibt.

 

ERF: Und was heißt das in konkreten Zahlen?

Die Abgabenquote – also Steuern plus Sozialbeiträge – soll unter 40% sinken. Derzeit liegt der Schnitt bei 41,4 Prozent. Also nur knapp 1,5% mehr. Das klingt gar nicht nach so viel. Aber: Steuern sparen sollen nach dem Willen der FDP die, die derzeit mehr als 57.000 aber weniger als 90.000 Euro verdienen. Und der Solidaritätszuschlag soll für alle wegfallen. Außerdem spricht sich die FDP gegen eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus.

 

ERF: Das heißt: Nach dem Willen der FDP sollen weniger Steuern ins Staatssäckel fließen. Wie will sie das finanzieren?

Sie will die Sozialausgaben im Bundeshaushalt bei maximal 50 Prozent deckeln. 2019 hat die Bundesregierung knapp 180 Milliarden Euro zum Beispiel für Grundsicherung, Mütterrente, Arbeitslosenunterstützung und Rentenzuschüsse ausgegeben. Nach Finanzminister Scholz soll der jährliche Betrag bis 2023 um 20 Milliarden steigen. Da will die FDP nicht mitmachen.

Reformation des Schulsystems

ERF: Die FDP will also gutverdienende Menschen entlasten und bei Sozialausgaben sparen. Oliver, was hast du sonst noch Wichtiges gefunden im Parteiprogramm der FDP?

Einen, wie ich finde, sehr interessanten Ansatz: Die FDP möchte unser Schulsystem reformieren. Sie will mehr Wettbewerb der Schulen untereinander. Und das soll so laufen: Für jedes Kind sollen die Eltern einen Bildungsgutschein bekommen. Mit dem können Sie dann ihr Kind an eine Schule ihrer Wahl schicken. So werden Schulen, die als gut im Umfeld bekannt sind, gestärkt. Denn jeder Bildungsgutschein bringt Geld. Außerdem sollen staatliche Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft gleich behandelt werden. Bildungsgutscheine und Gleichbehandlung: Das ist übrigens etwas, das der Verband Evangelischer Bekenntnisschulen seit vielen Jahren fordert.

 

ERF: Und das ist so einfach umsetzbar?

Nun ja, wir reden hier vom Wahlprogramm der FDP für den Bundestag. Schulpolitik ist bekanntlich Ländersache. Die FDP müsste also für ihr Vorhaben unser Grundgesetz ändern.

 

ERF: Ein ambitioniertes Vorhaben. Weiten wir mal den Blick von den Schülern auf die Familienpolitik. Was hat die FDP da vor?

Sie sagt: Wer heute Kinder hat, ist nicht mehr unbedingt verheiratet. Und Familie definiere sich eben nicht unbedingt als ein Vater und eine Mutter samt Kindern. Die Liberalen meinen: Deshalb sollten im Standesamt bis zu vier Eltern für ein Kind eingetragen werden können. Leben zwei Frauen zusammen, dann sollen beide gleichberechtigte Mütter sein dürfen.

Die FDP will Paare besser unterstützen, die unerwünscht kinderlos bleiben. Kinderwunschbehandlungen sollen besser finanziert werden. Gleichzeitig soll aber auch die nichtkommerzielle Leihmutterschaft erlaubt werden.

Handel mit CO2-Zertifikaten

ERF: Wechseln wir das Thema: Die FDP will auch etwas für das Klima tun.

Genau, sie bekennt sich zu den UN-Klimazielen. Gleichzeitig sagt sie aber auch: Wenn Deutschland allein zum Musterschüler in Sachen CO2-Senkung wird, dann reicht das nicht. Deshalb fordert die FDP einen Handel mit CO2-Zertifikaten zu weltweit gleichen Konditionen. Das verhindert nach ihrer Ansicht, dass energieintensive Wirtschaftszweige in Deutschland Wettbewerbsnachteile bekommen und ins Hintertreffen geraten, während China beispielsweise fröhlich weiter neue Kohlekraftwerke errichtet.

 

ERF: Die Liberalen äußern sich in ihrem Bundestags-Wahlprogramm auch zur Nahostpolitik.

Ja, die FDP hält das Existenzrecht Israels für einen Grundpfeiler der Außen- und Sicherheitspolitik. Israel habe ein Recht auf die Verteidigung der eigenen Bevölkerung und seines Staatsgebiets. Gelichzeitig will sie sich für eine Wiederbelebung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses einsetzen mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung.

Die FDP brandmarkt aber auch die Palästinenserführung. Sie sei aktuell überhaupt nicht demokratisch legitimiert. Außerdem dulde bzw. fördere sie eklatante Menschenrechtsverletzungen.

Privileg der Kirchen auflösen

ERF: Am Schluss noch ein Wort zur Kirchenpolitik der Freien Demokraten.

Die FDP möchte ein altes Privileg der beiden großen Kirchen auflösen. Die Bundesländer zahlen jährlich eine halbe Milliarde Euro an sie. Und das ohne Gegenleistung. Der Hintergrund: Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Kirchen, was Ländereien betraf, quasi enteignet. Stattdessen gibt es seitdem Ersatzleistungen.

Die FDP will jetzt einen einmaligen Betrag an die Kirchen zahlen. Und dann soll damit Schluss sein.

ERF: Danke, Oliver für das Gespräch.
 

Der ERF-Parteiencheck – nach dem Parteiprogramm von SPD und CDU haben wir heute das Parteiprogramm der GRÜNEN unter die Lupe genommen. Es folgen bis zur Bundestagswahl die Grünen, die AfD, die Linke, die FDP und einige kleinere Parteien wie Bündnis C.

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Weitere Informationen

Die hier aufgeführten Wahlprogramme entsprechen nicht der Meinung oder politischen Auffassung der Redaktion. Wir wollen Sie mit den Beiträgen zu den Parteiprogrammen lediglich dazu einladen, sich jenseits von oberflächlicher Berichterstattung intensiv mit den Inhalten der Parteien zu beschäftigen.

Unsere Liste soll zeigen, dass es neben den großen, derzeit im Bundestag vertretenen Parteien weitere Parteien gibt, die sich mit unterschiedlichen Ansätzen und Gesellschaftskonzepten zur Wahl stellen. Ihnen fehlt eine Partei in dieser Liste – bitteschön, die Liste mit allen 53 Parteien, die zur Bundestagswahl 2021 antreten, finden Sie u.a. in der hier verlinkten Aufstellung von Wikipedia, grundsätzliche Informationen zur Bundestagswahl und ihrem Verfahren finden Sie u.a. auf der offiziellen Homepage des Bundeswahlleiters:

Liste aller Parteien, die zur Bundestagswahl 2021 antreten

Informationen zur Bundestagswahl 2021 beim Bundeswahlleiter

Zum Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2021

 

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Moderatorin und Redakteurin

Die gebürtige Münsteranerin ist Live-Moderatorin in „Aufgeweckt“ und für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

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Kommentare (1)

Christoph W. /

Der Link in den ersten Zeilen zum Wahlprogramm stimmt nicht.
"Der ERF-Parteiencheck, heute: Katja Völkl im Gespräch mit Oliver Jeske über das Wahlprogramm der FDP."
Er sollte auf https://www.fdp.de/programm2021 enden.

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