In den letzten Monaten hat sich bei mir eine kleine Gewohnheit eingeschlichen – ich wünsche den Menschen, mit denen ich zu tun habe, ganz bewusst und ganz ausdrücklich ein friedliches und geruhsames Wochenende.
Und das hat nichts zu tun mit unserer allgemeinen Alltagshektik. Ich merke – auch ich stehe zunehmend unter dem Eindruck des Terrors. Paris oder Brüssel, die Anschläge wiederholen und häufen sich. Und es muss niemand Experte sein, um zu prognostizieren, dass auch wir in Deutschland Zielscheibe sind.
Radikalisierung erreicht Mitte der Gesellschaft
Dabei ist das Phänomen Islamischer Staat nicht so einfach zu erklären. Zu seinen Mittätern gehören nicht nur sozial Benachteiligte sondern auch Menschen aus gut situierten und gebildeten Kreisen.
Ein Journalist bezeichnete deshalb kürzlich den Islamischen Staat als die Pest des 21. Jahrhunderts. Diese Pest ist äußerst ansteckend. Sie nennt sich Radikalisierung und mündet in sinnlosen Gewaltexzessen. So etwa bei den Hooligans, die am letzten Wochenende in Brüssel brutal auf Trauernde losgegangen sind. Auch zu ihnen gehören gut situierte Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Eine traurige Tatsache, die sich fortpflanzt bis hinein in die Täterprofile derer, die bei uns für Brandanschläge auf Asylbewerberheime verantwortlich waren.
Vertrauen auf Evangelium dagegensetzen
Was tun, wenn Gewalt und Terror nicht mehr ein Randphänomen am Rande der Gesellschaft bleiben sondern drohen, sich in die Mitte durchzufressen? Da reicht es nicht mehr, einfach nur auf ein geruhsames Wochenende zu hoffen.
Als Christ, der sich selbst zur Mitte der Gesellschaft rechnet, habe ich hier eine wichtige Aufgabe:
- Ich erteile jeder Form von Radikalisierung eine Absage.
- Ich will Vorreiter einer politischen Debatte sein, die sachlich, deutlich und hart geführt wird, die aber immer fair und gewaltfrei bleibt und ohne Pauschalurteile auskommt.
- Ich darf mich nicht wegducken, wenn im Bekanntenkreis einer Radikalisierung das Wort geredet wird.
- Vor allem aber will ich auf die Kraft des Evangeliums vertrauen, das Menschen auch in verfahrenen Situationen nicht aufgibt, sondern das immer das Gespräch sucht und auf die Möglichkeit einer Umkehr vertraut.
- Ich will deutlich für die Einzigartigkeit des Glaubens an Jesus Christus eintreten, der seinerseits deutlich Flagge gezeigt hat und dabei dennoch gewaltfrei blieb.
- Und ich will Zeugnis geben für einen Gott, der ein Gott des Lebens und der Zuwendung ist und nicht ein Gott der Vernichtung.
Mir ist klar, dass ich alleine damit die Welt nicht retten kann. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit, als zu versuchen, durch Vorleben und durch Argumentieren meinen Teil dazu beizutragen, dass Gott in Menschenherzen hineinwirken kann, um sie zu ändern und von der Gewalt abzuhalten.
Ich bin mir bewusst, dass dadurch mein Leben nicht beschaulicher wird und auch nicht mein Wochenende, sondern dass die Herausforderung wächst. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit – bei mir jedenfalls ist sie noch längst nicht ausgeschöpft.
Ihr Kommentar
Kommentare (6)
Doch nur weil man einige negative Beispiele erlebt hat, heißt das ja nicht dass alle Asylbewerber "schlecht","schmarotzend", "Frauenfeindlich" sind. Ich kann die Ängste verstehen, doch dürfen sie … mehreinen selbst beherrschen? Laufe ich dann nicht Gefahr die hier ankommenden (und so unterschiedlichen Menschen) als "Die homogen handelnde Gruppe/vereinheitlichte Masse" zu sehen und und so unterbewusst radikalisieren zu lassen? Wir vertreten doch als Christ die Werte des Evangeliums - wie fest wär unser Gottvertrauen wenn wir zulassen, dass unsere Ängste uns beherrschen? Ich glaube, dass es zu einem friedlichen Umgang mit den Neuankömmlingen (die gesetzeskonform leben) und den Verunsicherten geben kann. Dazu gehört aber, dass man sowohl Asylanten als auch Bewegungen wie PEGIDA nicht pauschal verurteilt, sondern mit den Menschen redet und ihre Ängste wahrnimmt. Ich denke das meinte der Autor mit "Dem Evangelien vertrauen".
"Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40)
In dem Sinne, Viele Grüße aus Sachsen
Das was Sie, Herr Odrich, eine Ansteckung durch den IS nennen, ist in Wahrheit eine Reaktion, eine verzweifelte, da die Menschen sich von der Politik dem Islam ausgeliefert sehen. Hier kann man … mehrschlecht widersprechen. Sie machen es sich sehr einfach. Ich kann dem Kommentar von Judith nur beipflichten.
Wieder ein sehr einseitiger Kommentar. Hier wird bewusst Ursache und Wirkung durcheinandergebracht.
Wenn die Christen mehr zusammenrücken und das Evangelium ausleben (natürlich nur unter der Führung des Heiligen Geistes), würde sich das sicherlich auch positiv auf die Gesellschaft auswirken. Man denke an das Gleichnis vom Sauerteig.
Sehr geehrter Herr Odrich,
bevor Sie die Welt retten wollen, retten Sie lieber wehrlose Frauen abends an der Bushaltestelle oder in Bus und Bahn, die ständigen Belästigungen durch unsere … mehrNeuankömmlinge ausgesetzt sind.
Nur so tragen Sie ganz praktisch dazu bei, dass sich die Bevölkerung nicht zunehmend radikalisiert.
Aber vermutlich gehören Sie zur Kaste der Autofahrer und wissen nicht, was sich wirklich tagtäglich an Haltestellen und in öffentlichen Verkehrsmitteln abspielt, auch ohne Terroranschlag...
Ich selbst bin schon insgesamt 14 Arabern im letzten Augenblick entkommen, weil Gott mir einen Engel vorbeigeschickt hat.
Deshalb hier mein ganz praktischer Tipp: Lassen Sie sich als Engel gebrauchen, statt als Redner, und nehmen Sie sich derer an, die am untersten Rand unserer Gesellschaft stehen und abends nach Dienstschluss versuchen, heil nach Hause zu kommen.
Nachdenkliche Grüße
Bislang wurde man nur von Politiker gemaßregelt was man zu denken,nicht zu denken,zu reden und nicht zu reden hat. jetzt bekommt man auch schon einen Verhaltenskodex von Kommentatoren von Erf. … mehrVielleicht überlegen sich die Leute auch mal weshalb sich immer mehr radikalisieren. ich habe den Eindruck dass das überwiegende Gros der Politiker überhaupt keine Ahnung haben mit welchen Problemen die Menschen im Alltag zu kämpfen haben und was sie bewegt. und man hat den Eindruck es interessiert viele Politiker nicht. es bildet sich ein Kluft zwischen den Bürgern und den Politikern die oft in einer ungeheuerlichen Arroganz und Selbstherrlichkeit die Sorgen und Nöte der Bürger ignorieren.
Ich denke dass Leute sich radikalisieren ,weil sie keiner mehr hört und sieht, und weil sie sich als ultima Ratio mit Gewalt noch hoffen Gehör zu verschaffen. gewalt als Ventil.
Das ist traurig. die selbstherrliche Art zu regieren erinnert eher an Ludwig den 14.
Ich frage mich oft wieso wir uns noch als Demokratie bezeichnen wo doch der Wille des Volkes nicht einmal mehr gehört wird. da lobe ich mir die Schweiz die mit Volksentscheiden tatsächlich noch als lebendige Demokratie agiert und nicht nur wie bei uns sich zunehmend als "Herrschaft einzelner Politiker" statt als volksherrschaft verstanden oder gelebt wird.dieses Problem der Radikalisierungen kann nur gelöst werden, wenn Bürger stärker und aktiver in politische Gestaltungsmöglichkeit in Form direkter Demokratie eingebunden werden.