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© Reagan White House Photographs, 1/20/1981 - 1/20/1989 Collection, via Wikimedia Commons [Public domain]

31.08.2022 / Nachruf / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Oliver Jeske

Dank für den richtigen Mann am richtigen Ort

Ein Nachruf auf Michail Gorbatschow.

Diese Nachricht hat bestimmt viele Menschen nicht nur in Deutschland bewegt: Der russische Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow ist am 30. August im Alter von 91 Jahren in Moskau verstorben. Dazu ein Nachruf von Oliver Jeske vom Team ERF Aktuell.

 

Mit dem ehemaligen sowjetischen Staatschef verbinden sich zwei Ereignisse der deutschen Geschichte aufs Engste: der Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung.

Das war alles andere als selbstverständlich. Gorbatschow wuchs als Kind von Bauern im russischen Kaukasus auf. Bereits mit 19 Jahren erhielt er seine erste hohe Auszeichnung als Kommunist. Zwei Jahre später trat er in die Kommunistische Partei der Sowjetunion ein.

Glasnost und Perestroika

Mit 54 Jahren wurde er der zweitjüngste Generalsekretär in der Geschichte der Sowjetunion. Als De-Facto-Herrscher führte er die neuen Konzepte Glasnost (übersetzt: Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) ein.

Gorbatschow setzte sich kritisch mit Stalin und den russischen Verbrechen des zweiten Weltkriegs auseinander. 1988, ein knappes Jahr vor dem Mauerfall, stellte er in einer Rede vor den Vereinten Nationen einseitige Abrüstungsschritte in Aussicht. Im selben Jahr erlaubte er den Mitgliedstaaten des Warschauer Pakts – also des östlichen Militärbündnisses –, ihre Staatsform selbst zu wählen.

Wegbereiter der Wiedervereinigung

Damit ebnete er den Weg zur deutschen Wiedervereinigung – auch wenn er selbst ursprünglich gegen die Wiedervereinigung war und vom Fall der Berliner Mauer überrascht wurde.

Man kann nur spekulieren, was Gorbatschow zu seiner kriegsgegnerischen Haltung bewegte: War es die Liebe seiner Großeltern? War es die ukrainische Abstammung seiner Mutter? Waren es die Reisen als Funktionär in den 1970er und 80er Jahren in die Bundesrepublik, nach Kanada und Großbritannien? Immerhin äußerte sich 1984 die britische Premierministerin Margret Thatcher nach einem Treffen mit Gorbatschow so: „Ich mag Herrn Gorbatschow. Mit ihm können wir arbeiten.“

Gorbatschows Haltung zu Putin

Bereits im August 2011 kritisierte Michael Gorbatschow, längst im Ruhestand, Wladimir Putin. Zitat:„Mich beunruhigt, was die Partei ‚Einiges Russland‘, deren Führer Putin ist, und die Regierung tun: Sie wollen den Status quo wahren, es geht keinen Schritt vorwärts. Im Gegenteil: Sie zerren uns zurück in die Vergangenheit, während das Land dringend modernisiert werden muss. ‚Einiges Russland‘ erinnert mitunter an die alte KPdSU.“

Michael Gorbatschow stand in seinem Leben nicht immer so klar gegen Wladimir Putin. Zur Wahrheit gehört auch: Den Einmarsch in der Krim hatte er verteidigt.

Ein Mahner gegen den Krieg

Dennoch bleibt Gorbatschow zeitlebens ein Mahner für den Frieden und gegen den Krieg. 2017 wandte er sich mit einem Appell an die Welt, der da lautete: „Kommt endlich zur Vernunft – Nie wieder Krieg!“

Gorbatschows Worte sind im eigenen Land leider unerhört verhallt. Der gewaltsame Angriff Russlands auf die Ukraine ist der Beweis.

Dennoch bin ich Gott dankbar für Michael Gorbatschow. Der Lenker der Weltgeschichte hat mit ihm zum rechten Zeitpunkt einen Mann ins Machtzentrum Russlands gesetzt. Dadurch wurden Mauertote und Stacheldraht an der deutsch-deutschen Grenze Vergangenheit. Menschen aus beiden Teilen Deutschlands konnten sich wieder in die Arme schließen. Ich habe es selbst erleben dürfen in meiner Familie.

Ich trauere um Michael Gorbatschow, der am 30. August in Moskau verstorben ist, und bete für seine Angehörigen.

 Oliver Jeske

Oliver Jeske

  |  Redakteur

Sprachlich Hannoveraner, seit einem Vierteljahrhundert in Berlin zu Hause, liebt er Jesus, Tanzen mit seiner Frau, Nordsee-Spaziergänge mit seinen Söhnen und leckeren Fisch. Von Gott ist er fasziniert, weil der ihn immer wieder überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert.

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