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© WDKrause, via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

02.01.2023 / Aktuelles / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Regina König

Wider den Zeitgeist

Zum Tod von Papst Benedikt XVI.

 

Er galt weltweit als einer der einflussreichsten Deutschen unserer Zeit: Papst Benedikt XVI. Am Samstag ist Joseph Ratzinger im Alter von 95 Jahren verstorben. Mit ihm wurde seit 500 Jahren zum ersten Mal wieder ein Deutscher Oberhaupt der katholischen Kirche.

Als fast einmalig in der Geschichte gilt sein Rücktritt: 2013 legte er sein Amt nieder. Sein Leichnam liegt nun aufgebahrt im Petersdom. Was macht sein Lebenswerk aus, insbesondere aus evangelischer Sicht? Darüber spricht ERF-Moderatorin Saskia Klingelhöfer mit Regina König vom Team ERF-Aktuell.


ERF: Regina, du selbst bist Papst Benedikt persönlich begegnet.

Regina König: Begegnet ist zu viel gesagt – ich habe ihn aus nächster Nähe gesehen – 2011 in Thüringen. Und damit sind wir bei einer weiteren Besonderheit dieses Papstes: er hat als bisher einziger Papst die neuen Bundesländer besucht und war noch dazu Gast in einer Luthergedenkstätte, und zwar im Erfurter Augustinerkloster. Dort im Hof des ehemaligen Klosters habe ich zusammen mit vielen weiteren Pressevertretern seine Ankunft verfolgt und hautnah die Sicherheitsbestimmungen miterlebt, die gelten, wenn ein Papst auf Besuch ist.


ERF: Das katholische Oberhaupt gehört ja zu den zehn am meisten geschützten Personen der Welt.

Regina König: So durfte z.B. niemand im Umkreis des Klosters am Fenster seiner eigenen Wohnung stehen.

Erfurt 2011: Papst Benedikt zu Gast in Luthergedenkstätte

ERF: Papst Benedikt in einer Luthergedenkstätte – war Joseph Ratzinger ein Papst der Ökumene?

Regina König: Sein Besuch in Erfurt gilt als Zeichen an die evangelische Welt und als Würdigung der Reformation. Nach seinem Besuch wertete die katholische Kirche in Deutschland die Äußerungen des Papstes als Rehabilitation des Reformators Martin Luther. In Erfurt führte er auch Gespräche mit der EKD-Spitze, doch Forderungen z.B. nach einem gemeinsamen Heiligen Abendmahl zwischen Katholiken und Protestanten lehnte Benedikt ab.

Benedikt: Bewahrer – kein Reformer

ERF: Er gilt ja auch nicht als Reformer.

Regina König: Nein, sondern als Bewahrer der Traditionen und der katholischen Glaubenslehre. Schließlich war er vor seiner Wahl zum Papst mehr als 20 Jahre lang Chef der Glaubenskongregation im Vatikan und damit oberster Hüter der katholischen Theologie. Auch in ethischen Fragen verstand er sich als Kämpfer gegen den Zeitgeist und lehnte kategorisch z.B. die gleichgeschlechtliche Ehe ab.


ERF: Gewürdigt wird er als großer Denker und Intellektueller, gleichzeitig steht er besonders in Deutschland in der Kritik. Der Vorwurf: er habe nicht genug für die Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche getan. 

Regina König: Allerdings traf er sich als erster Papst in der Geschichte mit Opfern sexueller Gewalt. Doch zu seiner Zeit als Erzbischof in München soll er von Missbrauchsfällen gewusst, sie aber offenbar vertuscht haben – so der Vorwurf, der bis heute im Raum steht.
 

ERF: Acht Jahre lang war Joseph Ratzinger das Oberhaupt der weltweiten katholischen Kirche, er gilt als Übergangspapst – was bleibt?

Regina König: Benedikt gilt als Verfechter des christlichen Glaubens – auch und gerade in einer Zeit wachsender Gottlosigkeit. Der Glaube an Jesus Christus stand für ihn im Mittelpunkt allen Denkens und Handelns, das berichten Weggefährten – und so ist er auch der erste Papst, der eine Christologie verfasst hat, also eine systematische Lehre über Jesus Christus.

Seine letzten Worte: „Jesus, ich liebe dich“

Sein Buch mit dem schlichten Titel „Jesus von Nazareth“ wurde zum Bestseller. Seine letzten Worte am Samstag vor seinem Tod sollen folgende gewesen sein: „Jesus, ich liebe dich“. Ich finde, das sind Worte, die bleiben und die eine Herzenshaltung widerspiegeln, die auch uns Protestanten zum Vorbild dienen sollte.


ERF: Der emeritierte Papst Benedikt XVI. – am Samstag im Alter von 95 Jahren ist er verstorben. Am Donnerstag (5.1.2023) wird das Begräbnis stattfinden in Rom. Regina, vielen Dank für deine Einschätzungen. 
 

 Regina König

Regina König

  |  Redakteurin

Sie ist für ERF Plus in Mitteldeutschland unterwegs mit dem Schwerpunkt Aktuelles/Gesellschaft. Sie ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.

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Kommentare (1)

Georg /

Ich bin kein Protestant, ich bin evangelisch.
Mein Glaube ist kein Protest.

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