Fast 14.300 Fälle sexualisierter Gewalt an Kindern unter 14 Jahren hat es 2016 in Deutschland gegeben. Und das sind nur die Fälle, die tatsächlich bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden. Julia von Weiler, Deutschland-Chefin von „Innocence in Danger“, einem internationalen Netzwerk gegen sexuellen Missbrauch, weist auf eine Studie der Universität in Ulm. Sie geht von einer Million Opfern in Deutschland aus. „Das heißt, jeder von uns kennt betroffene Kinder. Jeder von uns kennt Täter oder Täterinnen.“
Nicht bagatellisieren, sondern Hilfe holen!
Die meisten Kinder werden von Personen aus dem direkten familiären Umfeld missbraucht. Erzieher und Lehrer in Deutschland werden immer besser ausgebildet, damit sie betroffene Kinder erkennen und Hilfe herbeirufen können. Doch niemand in unserer Gesellschaft sollte sich aus der Verantwortung stehlen, wenn er oder sie einen Verdacht hat. Denn es geht um Kinder, die aus ihrem Martyrium befreit werden müssen. Julia von Weiler appelliert: „Wenn Sie sich über ein Kind Sorgen machen, dann nehmen Sie diese Sorgen ernst. Verfallen Sie nicht ins Bagatellisieren, sondern holen Sie sich Hilfe.“
Ansprechpartner gibt es im Internet unter ‚Hilfeportal Missbrauch‘ oder direkt anonym und kostenfrei unter der Telefonnummer 0800-22 55 530.
Auch wenn die Täter meist aus dem familiären Umfeld stammen. Das Geschäft mit Bildern von Missbrauch und Vergewaltigungen hat längst weltweite Dimensionen angenommen.
Über 9 Millionen Webseiten zeigen Missbrauch
Vor einer Woche haben deutsche Ermittler Elysium, ein Kinderpornoportal mit fast 90.000 Nutzerkonten auffliegen lassen. Natürlich verraten Staatsanwaltschaft und Polizei nichts über ihre Ermittlungsmethoden. Das würde den Erfolg gefährden. Bekannt ist nur: Die Fahnder rüsten auf. Kanadische Experten gehen mit einer automatischen Erkennungssoftware auf die Suche nach kinderpornografischen Inhalten. Innerhalb eines halben Jahres haben sie 9,1 Millionen Webseiten mit Missbrauchsdarstellungen gefunden. „Das heißt, diese Dimension ist gigantisch.“
Ein wichtiger Tipp von Julia von Weiler: Sprechen Sie mit ihren Kindern über die Gefahren von Internet und Smartphone. Machen Sie ihrem Kind klar: Niemand kann dich zwingen, Bilder von dir weiterzugeben. Und der Unbekannte, der mit dir ein nettes Schwätzchen im sozialen Netzwerk beginnt, muss es nicht unbedingt gut mit dir meinen.
Strafen in Deutschland zu niedrig
In Deutschland liegt das Mindeststrafmaß für sexuelle Gewalt an Kindern bei 6 Monaten Haft. Rainer Becker vom der Deutschen Kinderhilfe meint: Das ist viel zu wenig. Wenn Einbruch inzwischen mit einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werde, „dann ist Eigentum besser geschützt als körperliche Unversehrtheit. Ein Skandal!“
Ihr Kommentar