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09.03.2017 / Luther für Neugierige / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Fabian Vogt

Reformator wider willen

Fabian Vogt über die unerwarteten Anfänge von Martin Luthers Karriere.

Eigentlich hatte Martin Luther gar nicht vor, eine Kirchenbewegung zu starten. Autor Fabian Vogt macht sich in seinem Buch „Luther für Neugierige – das kleine Handbuch des evangelischen Glaubens“ Gedanken über den einen Tag, der nicht nur das Leben des „kleinen Mönchs Martinus“ gehörig auf den Kopf stellte.

Versetzen Sie sich gedanklich bitte einmal ganz kurz in das Jahr 1517, Da fing nämlich alles an. Am letzten Tag im Oktober rafft ein junger Priester seine Kutte, steigt die Stufen zur Wittenberger Schlosskirche empor und nagelt dort 95 Thesen an die Tür, die sich kritisch mit dem auswuchernden Ablasshandel beschäftigen. Diese Thesen sollen zum Gespräch anregen. Das war damals so üblich: Die Kirchentür wurde wie eine Litfaßsäule genutzt, an der man sich öffentlich äußerte. (Ich weiß, dass die Geschichte mit der Kirchentür heute umstritten ist. Trotzdem ist sie wunderschön. Und es bleibt dabei: Die Thesen Luthers haben die Reformation ausgelöst. Ob sie nun an einem Türflügel oder an einem Wurstbottich hingen, ist relativ egal.)

Tür der Wittenberger Schlosskirche: Hier soll Luther die Thesen angeschlagen haben.
(Foto: © Cethegus, via Wikimedia Commons CC-BY-SA-3.0)

Und Martin Luther, so heißt der Querdenker, findet es merkwürdig, dass man seit einiger Zeit für seine Sünden mit Geld bezahlen und sie dadurch (angeblich) bei Gott ablösen konnte: „Buy one, get one free“ – sprich: Kauf dir einen Ablass, dann hast du eine Sünde frei. Wie gesagt: Der Thesen-Anschlag sollte ein Beitrag zu einer ohnehin laufenden öffentlichen Diskussion sein. Und keiner, auch Luther selbst nicht, konnte ahnen, welche weltbewegenden Folgen seine 95 kritischen Anmerkungen haben würden. Jemand schrieb Gegenthesen, es kam zu Streitgesprächen, die immer weiter eskalierten, im ganzen Land wurde an den Stammtischen und an den Hochschulen theologisiert, die Dominikaner zeigten den Wittenberger Wirrkopf Luther beim Papst in Rom an – und so weiter.

„Luther für Neugierige“ Autor Fabian Vogt (Foto: Andreas Lehmann/ERF Medien)

Und der junge Priester, der eigentlich nur in seiner Kirche die Meinungsbildung hatte fördern wollen, war plötzlich der Kopf einer eigenen geistlichen Bewegung. Einer Bewegung, die von Anfang an massiv bekämpft wurde, sich bald in Kriege verwickelt sah und auf einmal überall Anhänger fand. Vielleicht, weil ihre Botschaft von der „Barmherzigkeit Gottes“ eine ungeheure Freiheit in sich trägt, die „Freiheit eines Christenmenschen“, wie Martin Luther selbst sie nannte. Allerdings: Statt einer christlichen Kirche gab es auf einmal zwei, dann noch mehr – eine ganze Vielfalt von Konfessionen, die seither miteinander um die Wahrheit des Glaubens ringen.

Manchmal frage ich mich: Wenn Luther gewusst hätte, was seine Hammerschläge auslösen, hätte er seine Thesen dann trotzdem angeschlagen? Na? Ich glaube schon. Oder wie der große Reformator gesagt haben soll: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders“.


Ausschnitt aus dem Buch  „Luther für Neugierige – Das kleine Handbuch des evangelischen Glaubens“ von Fabian Vogt. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Evangelischen Verlagsanstalt.

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Helmut G. /

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