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Ich kann nicht

Werner Bücklein über Philipper 4,12-13

Paulus schreibt: Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden; ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.

Philipper 4,12–13

„Ich konnte einfach nicht.“ - Die Frau sitzt mir im Beratungszimmer gegenüber und weint. Sie erzählt von einer Bergwanderung mit der Familie in einem Urlaub. Der Weg ging steil bergauf, bald wurde er zum Pfad, nur manchmal noch sah man ein Wegzeichen. Dann dieser schmale Übergang zwischen zwei Felsen, links der Berg und rechts ging es recht steil nach unten. Ein Drahtseil war gespannt, man konnte sich gut daran festhalten, der Ehemann und die beiden Kinder waren schon darüber, als ob es gar nichts wäre. Sie aber, so erzählt sie mir, konnte nicht. Zu tief der Abgrund, zu hoch der Berg, zu unsicher der Tritt, zu groß die Furcht. „Ich war wie bewegungsunfähig und wäre beinahe umgekehrt.“  Kurz vor dem Ziel konnte sie nicht mehr weiter. Es ging nicht. Alles gute Zureden von der anderen Seite des Übergangs half nicht. Jedes Argument prallte ab, die Furcht – ob nun rational begründet oder nicht – war ganz real da und hatte das Regiment übernommen. Da kommt die Jüngste, damals 12 Jahre, wieder zurück, grad so, als ob es gar nichts wäre, nimmt die Frau an der Hand und sagt: „Mama, ich helfe dir.“ Kaum sind die Worte verklungen und die Hand gefasst, geht sie auch schon wieder los. Die Mutter wie im Schlepptau hinterher, der Übergang ist geschafft. Was die Frau zum Weinen und letztendlich in die Beratungsstunde bringt: Sie erlebt das immer wieder in ihrem Alltag. Da tut sich ein Abgrund im Leben auf,  zu tief, um drüber zu kommen, ein Problem so groß, wie ein Berg hindert am Weiterkommen und der schmale Weg, den es vielleicht zu gehen gilt, ist so beängstigend, dass das Leben wie stillzustehen scheint und sie sich nicht zu gehen traut.

Das gilt es erst einmal wahrzunehmen und anzunehmen: Ich kann nicht. - Wir sind es ja gewohnt, mit Machbarkeitsstudien zu leben. Kann nicht – gibt’s nicht, scheint das Lebensmotto so mancher Menschen zu sein. Da passt das „Ich kann nicht“ nur schwer hinein.

Bei Dora Rappard, einer begnadeten Liederdichterin, die um die Jahrhundertwende 1900 herum lebte, fand ich eine kleine Geschichte, die ich der Frau in der nächsten Stunde mitgab. Hier einige Sätze daraus: Das Würmlein kriecht auf der Erde und kann nicht sich davon erheben. Der Adler aber kann sich mächtig hinaufschwingen in die blaue Luft. Wenn nun der Adler das Würmlein auf seinen starken Flügel nimmt, so kann es fröhlich mit emporsteigen der herrlichen Sonne zu. Was ihm unmöglich war in eigener Kraft, das kann es tun in der Kraft seines großen Verbündeten.

Was die Liederdichterin und Missionarin in der Sprache von gestern sagt, spreche ich nun dem Menschen von heute zu. In dieser Beratungsstunde sage ich es nicht nur dieser Frau, ich sage es auch meinem eigenen Herzen: Wer einen hat, der mich mitnehmen kann, gleichsam an die Hand  fasst und mit mir weitergeht, der kann letztendlich auch selbst einen Schritt gehen. 

Ich kann – wenn einer da ist, der stärker, mutiger, umsichtiger ist als ich. Ähnliches schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die Philipper. Dort berichtet er, dass ihm so manches vertraut ist. Hohes und Niedriges – Erfolg und Versagen, Triumph und Furcht. Wer sollte es ihm verdenken, wenn auch er sagen würde: „ich kann nicht“. Wir lesen aber genau das Gegenteil davon in seinem Brief: ich kann. Ich kann alles, weil einer da ist, der mächtiger ist als alles, der mich gleichsam an die Hand nimmt und  mich leitet. Jesus, der auferstandene Sohn des lebendigen Gottes.

Gerne lese ich diesen kurzen Abschnitt für mich persönlich und spreche es auch in Ihren Alltag heute hinein:

Paulus schreibt: Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden; ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht. (Philipper 4,12–13)

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