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/ Wort zum Tag

Zu Jesus gehören

Wolfgang Buck über Markus 3,35.

Jesus spricht: Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.

Markus 3,35

Das ist eine radikale Aussage, die da im Markusevangelium im dritten Kapitel steht, vor allem, wenn man den dramatischen Hintergrund beleuchtet:

Der Evangelist Markus berichtet ein paar Zeilen vorher (V 21), dass die Familie von Jesus ihn möglichst schnell aus dem Verkehr ziehen möchte. Ihnen wird es allmählich peinlich, was er da macht. Sie sagen, einfach ausgedrückt: unser Jesus, der spinnt. Und sie wollen ihn am liebsten entführen und ihn daheim erst einmal unter Hausarrest stellen, bis sich der Wirbel um seine Person gelegt hat. Sie stehen draußen und wollen ihn holen.

Jesus aber befindet sich in einem Haus, umringt von allen möglichen Leuten: Da sind die Kranken, die auf eine Heilung hoffen, da sind andere Notleidende, da sind natürlich auch Neugierige, da sind seine Schüler und Anhänger – und da sind jetzt auch einige Theologen, die extra von Jerusalem nach Galiläa gekommen sind, um sich selbst ein Bild zu machen und ihn kritisch und theologisch zu befragen.

Und mitten in diese Diskussionen kommt die Nachricht: Draußen stehen deine Mutter und deine Brüder und wollen dich sprechen. Von Joseph ist auffälligerweise keine Rede, vielleicht lebte er schon nicht mehr. In dem Fall übernehmen normalerweise die Söhne die Leitung der Familie. Dazu muss man wissen, dass der Zusammenhalt der Familie damals ein sehr hohes Gut war. Es galt auch, den Ruf der Familie nicht zu beschädigen. Maria und die jüngeren Brüder von Jesus scheinen den Eindruck zu haben, jetzt endlich einschreiten zu müssen. So kann es mit dem ältesten Bruder nicht weitergehen. Er bringt die ganze Familie in Verruf.

Jeder normale Rabbi hätte damals die Diskussion unterbrochen, wäre nach draußen gegangen und hätte voller Ehrerbietung Mutter und Geschwister begrüßt. Diese Ehre war man seiner Herkunftsfamilie schuldig. Aber Jesus bleibt im Haus und reagiert völlig unerwartet, fast schroff: „Wer sind meine Mutter und meine Brüder?“, fragt er, schaut in die Runde auf seine Diskussionspartner und fährt fort: “Das sind meine Mutter und meine Brüder!“ Und dann spitzt er noch einmal zu – und das ist unser heutiges Textwort: "Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter."

Jesus geht nicht nach draußen, lässt den Besuch also einfach vor der Tür stehen. Unerhört in der damaligen Gesellschaft. Ich stelle mir lebhaft vor, wie jetzt ein Raunen durch die Zuhörerschar geht. Wie kann man so hart sein?

Die Geschichte bekommt jetzt fast schon symbolische Züge: Es gibt ein Drinnen und ein Draußen. Drinnen sind die, die Gottes Wort hören und tun – und draußen sind alle anderen, und wenn es sogar die eigenen Verwandten sind. Das ist hart.

Und noch etwas fällt mir an dieser Begebenheit auf. Jesus sagt nicht: „Wer an mich glaubt“, oder so ähnlich, sondern: „Wer Gottes Willen tut…“ Es geht Jesus also gar nicht nur um eine innere Überzeugung, sondern um einen Glauben mit der Tat.

Familie (auch wenn man den Begriff damals so nicht kannte) – das ist ab jetzt die Gemeinschaft der Nachfolger. Genau das hat die Urgemeinde später aufgegriffen, ging doch die Trennung oft genug mitten durch die engsten familiären Beziehungen. Die Christen nannten sich Brüder und Schwestern und standen liebevoll füreinander ein, unabhängig vom sozialen Status. Echter Glaube zeigt sich nicht nur im Reden, sondern vor allem im solidarischen Handeln.

 

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Anstoß

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Kommentare (2)

Ilona B. /

Hallo Herr Buck,
vielen Dank für Ihren Impuls. Ich kann nicht nachvollziehen warum Sie (und auch andere Christen) in diese Bibelstelle hinein interpretieren, dass die Familie von Jesus dachte er mehr

Sabine /

Das war für mich eine sehr gut erklärte und verständliche Auslegung! Herzlichen Dank.