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Wenn’s dicke kommt

Gudrun Weber über Klagelieder 3,26.

Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.

Klagelieder 3,26

Dicker kann es eigentlich nicht mehr kommen: Mit schweren Ketten ist er gefesselt, geplagt von Hunger, Durst und Schmerzen. Hohe Mauern lassen keinen Lichtstrahl in die Dunkelheit dringen. Von draußen sind nur Spottlieder und höhnische Bemerkungen zu hören. Mitleid hat da keiner.

Nicht von einem Schwerverbrecher ist hier die Rede. Sondern von Jeremia, dem mutigen und leidgeprüften Propheten. Viel Not erlebt er, Gefangenschaft und Spott. Aber in all seinem Elend verstummt er nicht. Sondern er klagt. Macht Gott für seine notvolle Lage verantwortlich. „Was Frieden und Glück ist, weiß ich nicht mehr“ ruft er. „Du, Herr, hast mir alles genommen.“ (Klagelieder 3,17).

Doch kurz darauf bekennt Jeremia: „Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des Herrn hoffen.“ (Klagelieder 3,26)

Von der Anklage zur Anbetung. Was hat sich geändert? Die äußere Situation ist geblieben. Doch innerlich vollzieht Jeremia offenbar eine Wendung. „Aber“ – sagt er in Vers 21 und 22, „Aber eine Hoffnung bleibt mir noch, an ihr halte ich fest: Die Güte des Herrn hat kein Ende, sein Erbarmen hört niemals auf.“ Jeremias Blick weitet sich. Befreit erkennt er die wunderbaren Eigenschaften Gottes: Güte und Erbarmen. Die ändern sich nicht, weil Gott sich nicht ändert. Dieser Gott hat Jeremia zum Propheten berufen. Er hat ihm seine Gedanken und Pläne offenbart. Dieser Gott will Gutes für Jeremia, nicht sein Verderben. Darum kann er darauf hoffen, dass Gott ihn aus dem Elend herausführen wird. „Herr, ich brauche nur dich“ bekennt Jeremia in Vers 24. „Auf dich will ich hoffen.“ Er weiß: Gott wird das Vertrauen seines Propheten nicht enttäuschen. Nicht ein bitteres Ende wartet auf Jeremia – sondern die wunderbare Hilfe des Herrn. Darauf zu hoffen, darauf geduldig zu warten – das ist tatsächlich „ein köstlich Ding.“

Dicke kam es nicht nur zu Jeremias Zeiten. Dicke kann es auch heute kommen. Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich mich – ähnlich wie Jeremia – innerlich in einer dunklen Höhle befand. Kein Ausweg in Sicht. Obwohl ich nicht sicher war, ob ich Gott anklagen darf, brach es schließlich doch aus mir heraus, voller Verzweiflung: „Du hast mir diese Not geschickt, Du hast mich in diese Hilflosigkeit gebracht, Du nimmst mir alles, was ich bin und habe.“ Seltsamerweise traten nach dieser Klage nicht Schrecken und Gewissensnot ein. Sondern ich war wie befreit. Ich hatte den Eindruck, dass Gott mir näher war als je zuvor. Spürte, dass ich mich für Gottes tröstendes und helfendes Wort öffnete. Ja, ich konnte wieder vertrauen, dass er alles im Griff hat. Und darauf hoffen, dass Gott meine Sache zu einem guten Ende führen würde.

Ich darf klagen. Sogar anklagen. Wie Jeremia Gott vorhalten, was mich belastet. Ehrlich und ungeschminkt. Gott kennt mein Herz. Er weiß, wie mir zumute ist, wenn ich schwer zu tragen habe. Denn Gott selber hat sich den größten Schmerz nicht versagt: Er gab seinen Sohn in diese Welt und ans Kreuz, um jeden Menschen von seiner Schuld zu befreien. Wenn ich dieses Angebot annehme und mein Leben Jesus Christus anvertraue, dann weiß ich: Ich bin nie allein. Jesus Christus hat versprochen: „Nie lasse ich dich im Stich, nie wende ich mich von dir ab (Hebr. 13, 5). Das gilt! Jesus hat mein Leben im Blick. Wie Jeremia weiß ich: Nicht ein bitteres Ende wartet auf mich, sondern die wunderbare Hilfe des Herrn. Darum darf auch ich hoffen. Besonders wenn es mal ganz dicke kommt.

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Kommentare (1)

Silvia B. /

Sehr geehrte Frau Weber,
vielen Dank fuer Ihre mutmachenden und ehrlichen und persoenlichen Worte!
Ich wusste wirklich nicht, dass man Gott auch an- klagen darf (klagen schon, aber mehr