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/ Wort zum Tag

Unrecht klar benennen

Dan Peter über 2. Mose 23,1.

Biete deine Hand nicht einem, der Unrecht tut, indem du als Zeuge Gewalt deckst.

2. Mose 23,1

Die Aussage des Bibelverses ist unmissverständlich. Da heißt es, dass Unrecht, vor allem Gewalt, nicht vertuscht werden darf. Wörtlich steht in 2. Mose 23,1: Biete deine Hand nicht einem, der Unrecht tut, indem du als Zeuge Gewalt deckst.

Es beeindruckt mich immer wieder, wie detailliert und klar im Volk Israel das Miteinander der Menschen geregelt wurde. Es darf sich keiner am anderen ungestraft vergreifen. Weder an einem Unterlegenen noch an einer Frau oder an einem Kind oder gar an einem Fremden. Alle müssen sich dem Anspruch von Wahrheit und  Gerechtigkeit stellen. Ich meine, das muss auch heute noch gelten.

Jeder einzelne Mensch muss zum Beispiel vor Übergriffen geschützt werden. Wer aber den Gewalttäter deckt, macht sich mitschuldig. So weit so gut und so klar. In unserem Land wurde dieses Menschenrecht in das normale geltende Recht überführt und mit angemessenen Strafen geahndet.

Neuerdings auch im Netz. Auch da sind Hasskommentare, rassistische Hetze oder Cyber Mobbing strafbar. Aber viele schauen gerne darüber hinweg, weil es unbequem ist, Anzeige zu erstatten. Die meisten klicken einfach weiter oder löschen es in ihrem Account, um sich nicht mit den Verursachern auseinandersetzen zu müssen. Auch das ist Decken von Gewalt. Denn solche Posts können Menschen und ihre Existenz zerstören.

Unter Umständen muss ich mich entscheiden zwischen Freundschaft und Loyalität auf der einen Seite und dem Eingreifen, dem aktiven Widerstand gegen solche Formen von Gewalt und Unrecht auf der anderen.

Christen tragen da eine große Verantwortung für die eigene Gesellschaft und ihre Mitmenschen. Es gilt, gegen Missstände aufzustehen, auch wenn es ein bisschen peinlich oder sehr mühsam oder fast aussichtslos aussehen mag.

Gott sei Dank gibt es ermutigende Beispiele, wie Menschen vorangehen und anderen die Augen öffnen. Zum Reformationsjubiläum 2017 haben wir in unserer Landeskirche gezielt dazu aufgerufen, Unrecht und Schiefes in unserer Kirche und Gesellschaft oder bei uns selbst klar zu benennen. Als eine Möglichkeit konnte man das in einer flammenden Rede tun, die dann als Videoclip aufgenommen und verbreitet wurde.

Es war erstaunlich, was da alles eingereicht wurde und über was viele einfach hinwegsehen. Zum Beispiel hat sich verdeckte Sklaverei und Menschenhandel in unserer Gesellschaft längst wieder eingeschlichen. Vor allem im Zusammenhang mit Flucht, mit Schwarzarbeit und mit Prostitution.

Mich hat eine Einreichung dazu sehr bewegt. Von Anne Böhm-Betzing stammte die Rede. Sie hat hingeschaut. Oder wie sie es selbst ausgedrückt hat: Sie wurde auf dem Fußweg zum Chorsingen in einer Stuttgarter Innenstadtkirche, der Leonhardskirche, direkt darauf gestoßen.  Zum ersten Mal wurde ihr dort das Elend von jungen Frauen, von Prostituierten bewusst, die sich in unmittelbarer Nähe der Kirche aufgehalten haben.  Deshalb verfasste sie eine engagierte Rede gegen den Menschenhandel und für ein Verbot von Sexkauf. Es gehe ihr um die Freiheit dieser Frauen, sagte sie. Deshalb scheue sie in dieser Sache, obwohl andere gerne wegschauen, die Öffentlichkeit nicht. Ihre Rede hat Aufmerksamkeit gefunden, Zustimmung und Widerspruch. Sie wurde von einem Privatsender eingeladen, durfte ihr Anliegen vortragen, wurde aber auch hart kritisiert. Verschiedene Gremien haben sie eingeladen. Einige haben ihr Anliegen unterstützt. Sie hat nicht aufgegeben, obwohl es nicht leicht ist, sich für dieses Thema Gehör zu verschaffen.

Auch wer wegschaut, verdeckt Gewalt. Ich wünsche uns allen den Blick, den Jesus auf die Menschen hatte und dazu den Mut, der seinem Evangelium entspringt.

 

 

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Kommentare (2)

Imre A. /

Lieber Peter
Aus diesem Ausdruck, "Anzeige erstatten", kommt mir sehr unangenehme Erinnerungen vor.Ich habe geglaubt, daß man kein neomarxistische Gedankenart mehr in ERF trifft.

Hans-Rainer P. /

"Wer wegschaut, verdeckt Gewalt", sagen Sie. Den Kitikern der sexuellen Vielfalt wird das Recht auf freie Meinungsäußerung abgesprochen. Gegen kirchliche Gender Lehrstühle darf man nichts sagen. Sie mehr