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Sehen und gesehen werden

Jürgen Schweitzer über Lukas 19,2-3.

Da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen.

Lukas 19,2-3

Eine tobende Menschenmenge, Stars und Sternchen, ein roter Teppich, Blitzlichtgewitter, Glanz und Glamour. Hollywood. Oskar Preisverleihung. Die besten Filme und ihre Darstellerinnen werden gekürt. Wer sich auf dem roten Teppich in Szene setzen kann – wer dort gesehen wird - der ist wer.

Sehen und gesehen werden. Wir kennen wohl alle diesen Wunsch. Egal ob bei einem Treffen mit Freunden, bei der Veranstaltung vom Sportverein, beim Einkaufen oder im Beruf. Es tut gut, wenn wir von unseren Mitmenschen gesehen werden. Denn das bedeutet: Wir werden wahrgenommen. Wir werden beachtet. Man schenkt uns Aufmerksamkeit. Wir stehen im Mittelpunkt. Das gibt Selbstvertrauen. Da merkt man: Ich komme an. Die anderen interessieren sich für mich. Ich bin wer.

Um das „Sehen und gesehen Werden“, geht es auch in den Versen 2 und 3 aus dem Lukasevangelium Kapitel 19: „Da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen.“

Jericho vor 2000 Jahren. Auch da war ordentlich was los. Eine tobende Menschenmenge. Mittendrin Zachäus. Er wollte Jesus unbedingt sehen. Erst mal nicht mehr, nur sehen, einen Blick drauf werfen und sich eine Meinung bilden.

Zachäus klettert in einen Maulbeerbaum. Zum Zuschauen ist das der ideale Platz: Ein stabiler, nicht allzu hoher Stamm, eine ausladende Krone mit wenigen, aber dicken Ästen, auf denen man bequem sitzen kann, und ein dichtes Blätterwerk, wie eine Wand aus grünem Laub, das von innen genug Löcher zum Durchgucken bietet und die Blicke von außen abhält. Ideal, wenn man sehen will, ohne gesehen zu werden, wenn man erst mal beobachten will, alles aus einer sicheren Entfernung.

Plötzlich blicken zwischen den Blättern des Maulbeerbaums zwei Augen, die sagen: Ich sehe Dich. Ich weiß, wer du bist.

Und als Zachäus seinen Namen hört, zuckt er vielleicht zusammen, zieht den Kopf ein, hält den Atem an und wartet auf das, was sonst immer kommt, wenn die Leute ihn, den kleinen, reichen Oberzöllner, auf der Straße erkennen: abfällige Bemerkungen, offene Beschimpfungen, wütende Fragen von denen, die sich ungerecht behandelt fühlen und damit vielleicht sogar Recht haben. Aber all das bleibt aus. Stattdessen: „Komm runter von deinem Baum – heute muss ich bei dir zu Gast sein.“

Sehen und gesehen werden. Das verändert vieles.

Der Zaungast, der eigentlich nur gucken wollte, wird verwickelt in das Geschehen und stellt fest: Es geht um mich. Hier will jemand mit mir zu tun haben, noch mehr: Er braucht mich. Nicht als Zuschauer, sondern als Mitspieler.

Jesus schaut mich wie Zachäus an, mit einem aufmerksamen, liebevollen Blick.

Er schaut mich an mit meinen Verwundungen und Verletzungen, mit meinen Träumen und Sehnsüchten, den Um- und Irrwegen meines Lebens. Wo ich so liebevoll angeschaut werde, kann ich mich selbst auch mit anderen Augen sehen.

Jesus schaut mich an mit den Augen der Liebe, weil er ein tiefes Interesse an uns Menschen hat.

Der Mensch, wir, sind Gottes große Leidenschaft.

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Kommentare (2)

Steffen /

Ich finde diese Andacht auch so richtig super. Genial ausgedrückt, wie sehr jeder von uns Gott am Herzen liegt.

Rainer /

Finde ich eine für mich ganz neue Sichtweise, sehr interessant und mutmachend: "Jesus schaut mich wie Zachäus an, mit einem aufmerksamen, liebevollen Blick." Vielen Dank.