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/ Wort zum Tag

Nicht allein bleiben

Werner Heise über Psalm 27,10.

Mein Vater und meine Mutter verlassen mich, aber der HERR nimmt mich auf.

Psalm 27,10

Hat man Sie schon mal im Stich gelassen? Ich meine damit nicht den Moment, wenn Sie merken, dass der Handwerker nicht wie versprochen kommen wird. Auch nicht eine geplatzte Verabredung, wo die erwartete Person nicht erscheint. Und Sie sich fragen: ‚Bin ich nicht attraktiv, nicht wichtig genug? ’  Ich meine jene Momente, wo Menschen, denen Sie vertraut haben, die Sie geliebt haben, aus Ihrem Leben verschwinden. Manche Kinder erleben es so, wenn die Eltern sich trennen und ein Elternteil von da an in ihrem Leben nicht mehr vorkommt. Das hinterlässt Wunden. Die nicht einfach heilen, weil die Zeit vergeht. Wenn gerade die Menschen, auf die Kinder angewiesen sind, deren Hilfe und Liebe sie brauchen, sich abwenden oder aus anderen Gründen nicht mehr da sind, schmerzt es sehr.

Wie begrenzt menschliche Beziehungen sind, auch da, wo sie verlässlich und liebevoll waren, merken viele, wenn die eigenen Eltern sterben. Ganz gleich wie tief, wie wertschätzend die Beziehung zu Vater und Mutter gewesen ist, sie werden nicht mehr beratend, unterstützend begleiten. Manchmal wird die Lücke erst nach und nach spürbar. Selbst die, die am längsten und engsten mit uns verbunden waren – wenn’s gut gelaufen ist - lassen uns allein zurück.

Diese Erfahrung hat auch der alttestamentliche Beter gemacht. Er ist sich nicht sicher, wie es weitergehen soll. Da sind Menschen, die ihm nicht wohlgesonnen sind. Er ist in seinem Vertrauen auf Gott unsicher geworden. Ja, Gott hat ihm geholfen, aber wird er das auch jetzt tun? In einer Zeit ohne soziale Dienste und Sozialstaat ist der Beter ganz auf seine Familie angewiesen. Und gerade auf die, die ihm am nächsten stehen, kann er sich jetzt nicht stützen. Doch er hat noch etwas Anderes erlebt: „Mein Vater und meine Mutter verlassen mich, aber der HERR nimmt mich auf“ (Psalm 27,10).

Ob eine Freundschaft zu Ende geht, ob Vater und Mutter nicht mehr da sein wollen oder können, Gott weist die nicht ab, die seine Gemeinschaft suchen. Nicht nur, weil er ewig ist und nicht vergänglich, sondern weil er sich geradezu danach sehnt, mit uns in einer lebendigen Beziehung zu stehen. In Jesus Christus hat er alles getan, damit dies möglich wird. Deshalb muss niemand mehr zweifeln oder gar verzweifeln, der die Nähe Gottes sucht. Es kann sein, dass Menschen Sie verlassen, weil sie andere Wege gehen oder ihre Zeit gekommen ist. Gott lässt Sie nicht im Stich, wenn Sie sein Kind geworden sind. Er weist Sie nicht ab, wenn Sie seine Nähe suchen.

Wenn Gott Sie aufnimmt, dann ist das nicht wie eine Notunterkunft, in der Sie vorübergehend bleiben können. Dann tut er das nicht zähneknirschend, weil eben nichts Anderes frei ist. Wenn Gott Sie aufnimmt, dann ist das wie ein Nachhausekommen. Dorthin, wo Sie sehnsüchtig erwartet und geliebt werden.

Ja, Gott ist anders als wir Menschen. Es ist ihm nicht gleich, ob wir einsam sind oder Hilfe brauchen. Seine Zuwendung zu uns ist beständig.

Vielleicht haben Sie in letzter Zeit sich von einem Ihnen nahestehenden Menschen verabschieden müssen. Oder ahnen, dass dies Ihnen bald bevorsteht. Dann ermutige ich Sie, sich im Namen von Jesus Christus an Gott zu wenden. Sagen Sie ihm im Gebet, wo Sie verletzt sind. Welchen Mangel Sie spüren. Wo Sie sich einsam fühlen. Bitten Sie ihn um seine Hilfe. Seine Nähe. Und dass Sie erfahren, was der alttestamentliche Beter erlebt hat: „Aber der HERR nimmt mich auf.“     

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Kommentare (2)

Vera /

Das war eine Überraschung. Vor genau fünf Jahren - kurz nach dem Tod meiner Mutter - war dieser Vers auch Losung. Eine tröstliche Erinnerung.

Waltraud R. /

Der Beitrag war sehr gut und ermutigend