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/ Wort zum Tag

Micha 7,8

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

"Wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der HERR mein Licht."

Micha 7,8

Ob das ein „Mittendrin-Satz“ ist? Oder vielleicht doch eher ein „Hinterher-Satz“? Hat er das mittendrin geschrieben oder hinterher? Ich glaube: Beides. Denn wer zurückblickt auf die Wohltaten Gottes in der Vergangenheit, hält die aktuellen Katastrophen leichter aus.

"Wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der HERR mein Licht."

Ein Satz des Propheten Micha ist das. Der umkämpften und verängstigten Stadt Jerusalem in den Mund gelegt. Ein Satz von mir ist das. Ein Satz von unzählbar vielen anderen glaubenden Menschen ist das. Von Menschen, die dankbar zurückblicken und nun in einer erneuten finsteren Phase ihres Lebens sagen können: Ich habe es erfahren. Erlebt. Erspürt. Immer war da ein Licht. Ein winziges Licht oft nur. Ein flackerndes Licht. Aber es war da. Immer war da Kraft. Immer war da Liebe. Dieses Licht wird auch jetzt scheinen.

Da muss eine Frau zur zweiten Chemo. Das letzte Mittel gegen den Brustkrebs. Sie hat Angst, ist verstört, hat Zweifel. Und dann schreibt sie: „Ja, Vati war dabei. Hab ihn mit aller seiner Kraft gespürt!“

Ja. Hinterher. Im Rückblick ist es unbezweifelbar und unanfechtbar: Gott war da. Auch da, wo ich ihn nicht gespürt habe. Wo ich ihm seine Liebe nicht geglaubt habe. Wo ich von seiner Fürsorge nichts gemerkt habe.

Ich liebe diese Psalm-Übertragung von Johannes Hansen, geschrieben nach manchen dunklen Lebensmomenten:

„Wer in der Tiefe war
ganz unten
entsetzt
verzweifelt
verloren
am Ende
und wieder leben darf
kann nicht schweigen
muss reden singen danken
beten erzählen
und loben

Nach dem Dunkel
kommt ein neuer Morgen
verstummen Feinde
freuen sich Freunde
trocknen die Tränen
beginnt der Tanz
denn nun bleibt
lebenslang seine Gnade“

(„Johannes Hansen: Nach dem Dunkel kommt ein neuer Morgen, Kawohl)

Auch im Finstern scheint Gottes Licht. Auch wenn ich meine, es wäre längst von der Nacht verschluckt worden. Spätestens wenn der neue Morgen anbricht, weiß ich: Ja, Gottes Licht war immer da. Hat mich erhellt. Hat mir Kraft und Hoffnung gegeben.

Am neuen Morgen nach einer langen Nacht. Am neuen Morgen nach einem langen Leben.

Wie das wohl sein wird, wenn wir einmal aus himmlischer Perspektive zurückschauen werden auf unser Leben? Wenn wir Zusammenhänge erkennen, von denen wir auf der Erde keinen blassen Schimmer hatten? Wenn wir entdecken: Wir sind in jeder Sekunde gehalten worden. Gehalten und geliebt und getragen.

Aber was ist mittendrin? In den kohlrabenschwarzen hoffnungslosen Momenten, in denen jedes Licht ausgepustet scheint. Wenn ich das alles nicht mehr glauben kann? Wenn ich so gar nichts mehr spüre von Gottes Gegenwart? Wenn ich so gar nichts mehr verstehe? Wenn er unendlich fern scheint? Dann ist es gut, zurück zu blicken. Und es ist gut, Menschen an der Seite zu haben, die für mich glauben. Und die geheimnisvoll an die Stelle Gottes treten für mich. Zu seinen Gesandten werden. Zu Engeln. Die meine Hand halten und mein Herz. An seiner Stelle. Die mir Wärme und Nähe schenken, die ich fühlen kann. An seiner Stelle. Und die ihn so für mich verkörpern, vergegenwärtigen.

Dietrich Bonhoeffer hat einmal geschrieben, dass der Christus im anderen oft stärker ist als der Christus in mir. Ja, ich brauche Menschen. Ich brauche den Christus in anderen Menschen.

Und Menschen brauchen mich. Brauchen den Christus in mir.

Am Ende der Nacht können wir dann beide aufatmen und wie Micha sagen:
„Wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der HERR mein Licht.“

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