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/ Wort zum Tag

Jesaja 58,10

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen.

Jesaja 58,10

„Barmherzigkeit mit Herz“, das war es, was der Vorsitzende unserer Kirchengemeinde praktizierte. Helfen ohne großes Tamtam. Lange Zeit hatten wir gemeint, er sei in der Verwaltung einer großen Versicherung tätig. Aber dann wurde uns klar: Er ist ja ein Fachmann für Rehabilitation. Er hilft schwer versehrten Menschen wieder ins volle Leben hinein: Unfall-Opfern, aber auch alkoholkranken, auch psychisch angeschlagenen Menschen. Unermüdlich tat er das, obwohl er selbst schwer an einer Kriegsverletzung und an den Folgen eines Herzinfarktes litt. Wir waren stolz auf ihn; er war ein richtiger Vorzeige-Christ.

Umso überraschter waren wir dann, geradezu betroffen und befremdet, als er ohne große Vorankündigung vorzeitig in den Ruhestand ging. Wollte er denn aus seiner so wichtigen sozialen Berufsaufgabe fliehen? Wollte er sich selbst schonen? War er des Helfens müde geworden?

Er wurde gefragt: „Muss denn das sein? Wollen Sie sich wirklich zur Ruhe setzen? Mit Ihren Gaben und mit Ihrem Können würden Sie doch noch dringend in Ihrem Beruf gebraucht. Sie könnten doch noch so vielen Menschen helfen!“ Er aber antwortete: „Es gibt doch noch genügend andere Sozialarbeiter. Die können das auch, was ich bisher gemacht habe. Aber in dem Wohn-Viertel, in dem ich zuhause bin, da gibt es niemand, der dem alten Ehepaar nebenan Einkäufe macht, der die einsame und kranke Frau gegenüber besucht, der dem blinden Rentner in der Nachbarstraße immer wieder einmal vorliest und die nötigen Briefe schreibt, der Übersiedler zu den Ämtern begleitet, und der mit dem verwirrten Opa einen Spaziergang macht. Wohl gibt es viele Gemeindeglieder, die dem Pfarramt immer wieder einmal einen Scheck zukommen lassen mit der Bestimmung „Wo am nötigsten“. Ich aber möchte dort helfen, wo mit Geld nichts zu machen ist. Ich möchte mich dort einsetzen, wo Not einfach vor meine Füße gelegt ist. Davon möchte ich mich nicht länger ausschließen. Auch meine Tätigkeit im Beruf ist nicht länger ein Alibi dafür.“

An diesen Freund habe ich mich erinnert, als ich das Wort aus dem Prophetenbuch des Jesaja las: „Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen“ (Jesaja 58, 10). Wo unser Freund und Bruder hinkam, da war das für viele Menschen wie ein Lichtstrahl – hinein in deren Dunkelheiten. Licht ging auf! 

Aber auch diese Formulierung hat bei mir eingehakt: Bedürftige Menschen „das Herz finden lassen“. „Gib dem, der dich bittet!“ Nicht selten habe ich mich nach dieser Weisung von Jesus gerichtet. Jedoch meist fehlte das Herz. Jesus aber will barmherzige Nachfolger haben „Selig sind die Barmherzigen!“ Selig sind Menschen, die es bis in ihr Herz hinein „erbarmt“, dass da ein Mensch mehr braucht als Katastrophenhilfe. Nicht bloß das Klimpern von Münzen, sondern Herz-Töne.

Solche Zuwendung kann nur Gott bewirken. Er kann es ebenso schaffen und entbinden, wie er nach dunkler Nacht herrlich strahlendes Morgenrot weckt. Jedes Mal, wenn ich das in frühen Morgenstunden erlebe, ist es neu zum Staunen. Dieser Gott kann auch in meiner hartherzigen Finsternis das Licht aufgehen lassen. Ich will fest damit rechnen. Ich will gespannt darauf warten. Ich möchte begierig-verlangend darum bitten:

Nimm doch weg den harten Sinn, lass mein Herz den Nächsten finden.
Geiz und Neid sind kein Gewinn, das hast du mir lassen künden.
Aufgehn mög in meiner Nacht deines Lichtes ganze Macht.
 

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Kommentare (3)

marianne jeromin /

auch ich möchte mich bedanken für die schöne Erklärung für das Wort aus Jesaja 58,10.
das Gebet der letzten drei Sätze möchte ich immer wieder sprechen. Danke!
Wie befreit kann man leben, ohne Geiz und Neid. Wieviel bekommt man doch zurück, wenn man sich um seine Nächsten kümmert.

Marit /

Amen ! =O)
Welch segensreich-stärkende Worte Sie mal wieder gefunden haben,Herr Scheffbuch.
Ich habe gerade diese Woche aus einem von Ihnen verfassten Andachtsbuch die Kopie einer Tagesandacht mehr

Gretel König /

Lieber Herr Prälat! Ihre Worte haben mein Herz berührt! Danke vielmals! Herzliche Grüße aus der NÖ Landeshauptstadt St. Pölten