/ Wort zum Tag
Ich bin reich
Jürgen Werth über 1. Timotheus 6,17-18.
Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen; dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, zum Teilen bereit sind.
Nein, das ist kein Vers für Elon Musk, Jeff Bezos und Bill Gates. Wenigstens nicht nur. Es ist ein Vers für mich, für Sie, für uns alle:
„Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen; dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, zum Teilen bereit sind.“ (1. Timotheus 6,17-18)
Die Reichen dieser Welt - ja, wir gehören dazu. Nach Berechnungen der Weltbank leben 700 Millionen Menschen in extremer Armut, heißt: sie müssen mit weniger als 2,15 Dollar am Tag auskommen. Aber das ist nicht alles. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung, rund 3,5 Milliarden, lebt unterhalb der Armutsgrenze, und die liegt je nach Wirtschaftskraft eines Landes zwischen 3,20 und 5,50 Dollar pro Tag. Was bedeutet: Du hast 90 bis 170 Dollar im Monat. Also rund 160 Euro.
Ich denke an einen Besuch in Bolivien. Dort erzählte man mir von einer Umfrage: „Wovon träumen Sie?“ Die meistgegebene Antwort der Menschen dort: „Ich träume davon, arm zu sein.“ Häh? Ja, denn die meisten leben in extremer Armut. Arme haben immerhin ein kleines bisschen mehr zum Leben.
Wir sind reich. Ich bin reich. Darum gilt der Paulus-Satz eben auch für mich.
Stolz sein soll ich nicht. Natürlich nicht. Ich bin in einem der reichsten Länder der Welt geboren und aufgewachsen. Ich habe noch nie wirklich Hunger gehabt. Ich konnte zur Schule gehen, einen Beruf lernen und ausüben. Und, ach, so vieles mehr. Darauf darf ich mir nichts einbilden. Ich habe mir das nicht verdient. Also: „Seid nicht stolz!“
Und: „Verlass dich nicht auf deinen Reichtum!“ Tue ich das? Irgendwie mehr, als mir oft bewusst ist. Ich merke das immer dann, wenn irgendwo ein Krieg ausbricht, der mich bedroht. Wenn Banken ins Straucheln geraten, das Sparkonto schmilzt und ich ängstlich und unsicher werde. Ich erinnere mich dann immer wieder an Hiob und seinen weisen Satz: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.“ Alles kommt von Gott. Er gibt - und ich will mich daran freuen - aber er darf auch wieder nehmen. Ich will ihm danken und mich auf ihn verlassen. Er sorgt. Also: „Verlasst euch nicht auf euren Reichtum!“
Gutes tun sollen die Reichen, soll ich. Jede Gabe ist Aufgabe. Was Gott mir gibt, darf ich weitergeben. Heinz-Horst Deichmann, der Gründer der weltweit tätigen Schuhaus-Kette, hat es einmal so gesagt: „Mir gehört nur, was ich verschenke.“ Er hat das gelebt. Und viele andere gut situierte Christen auf der Welt leben es auch. Ich will es auch leben. Und so reich werden an guten Werken, so wie Paulus das nennt. Schätze im Himmel sammeln. Zum Teilen bereit sein. Und das gerne und nicht verkrampft und erzwungen. Ich will achtsam leben und fragen: Wo ist einer, der meine Hilfe braucht? Also: „Tut Gutes mit dem, was euch anvertraut ist.“
Das alles fällt mir oft schwer. Und ich entdecke, dass ich sparsamer und geiziger werde, je mehr ich habe. Besitz, Reichtum, hat eine merkwürdige Sogkraft. Einer hat es einmal so gesagt: „Das Eigentum eignet sich den Eigner an.“ Heißt: Ich besitze nicht länger, ich werde besessen.
Schon manchmal hatte ich mir vorgenommen, eine ordentliche Spende zu überweisen - und saß dann auf einmal zögernd vor dem Überweisungsformular. Soll ich wirklich so viel? Reicht nicht auch weniger? Meist habe ich dann doch getan, was ich mir vorgenommen hatte – und war hinterher erleichtert und zufrieden. Zufriedener jedenfalls, als hätte ich alles oder einen Teil für mich behalten.
Du hast Recht, Paulus: Wer gibt, wird reich. Wer alles für sich zu behalten versucht, wird arm. Und außerdem: Warum sollte ich verkrampft zu hüten versuchen, was mir ohnehin nicht gehört. Ich bin ein Beschenkter. Darum will ich weiterschenken.
Ihr Kommentar
Kommentare (11)
Sie haben auch recht, danke. Ich bin allein dadurch reich, dass ich in Deutschland leben darf.
Lieber Jürgen Werth,
der Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer besuchte einmal die Stadt Konstanz und reiste mit der Bahn an. Zum Empfang kam eigens der Bürgermeister zum Bahnhof und erwartete … mehrden bekannten Gast an der Spitze des Zuges. Doch Albert Schweitzer kam von ganz hinten. Damals war es noch so, daß hinter der Lokomotive die erste Klasse angehängt war, danach die zweite und am Ende die dritte Klasse. Der Bürgermeister begrüßte Albert Schweitzer mit der Frage: „Herr Schweitzer, warum fahren Sie denn nicht erste Klasse?“ Die Antwort lautete: „Weil es keine vierte Klasse gibt.“ Albert Schweitzer hatte drei große Begabungen als Arzt, Theologie und Musiker. Und doch entschied er sich, sein Leben den Armen in Afrika zu widmen. In Afrika gab es seinerzeit wahrscheinlich nicht nur drei Klassen für Bahnreisende, sondern vier. Heute in unserem Land, einem der reichsten der Erde, gibt es sehr wohl Menschen, die nicht reich sind, sondern durchaus bedürftig im materiellen Sinn. Doch in geistlicher Hinsicht sind wir alle bedürftig bzw. arm. Und so schreibt Paulus uns Christen ins Stammbuch: Christus wurde arm für uns, damit wir durch Seine Armut reich würden. Martin Luther soll am Ende seines Lebens gesagt haben: „Wir sind Bettler, das ist wahr.“ Sie haben Recht: Reichtum hat eine merkwürdige Sogwirkung. Ein bekanntes Sprichwort lautet: Geld verdirbt den Charakter. Jesus sagt sehr eindrücklich die bekannten Worte: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem korrupten Geld.
Herr Werth, wohltuend Ihr Wort zum Tag zu hören. Sie lenken den Blick auf das, was uns wirklich alles bedeuten sollte. Gerade in dieser Zeit braucht es Ihre Texte, weil man sonst nur noch waffenlieferungsgeile Kriegsverbrecher in den Medien zu Wort kommen lässt.
Lieber Herr Werth!
Ihr "Wort zum Tag" lese ich immer sehr gerne mit großem Gewinn. Auch heute wieder.
Spenden: Oft nehme ich mir vor, eine höhere Summe zu spenden und wenn es an die Überweisung … mehrgeht, tendiere ich dazu, den Betrag zu reduzieren. Zum Glück setzt sich das negative Verhalten meist nicht durch. Dann war ich - wie Sie es von sich beschreiben - hinterher auch erleichtert und zufrieden.
Ich freue mich auf weitere Auslegungen der Losungen.
Gott segne Sie!
Herzliche Grüße, Ute
Ich weiß nicht, ob Heinz-Horst Deichmann das richtige Beispiel ist!
Der Deichmann-Kette wurde nachgesagt, dass sie in Indien und anderen Ländern zu „BILLIGLÖHNEN“ produzieren ließen!!!
Ansonsten ein guter Beitrag! Dankeschön und herzliche Grüße
Hartmut Euteneuer
Lieber Herr Werth!
Danke für Ihre immer wieder einprägsamen Gedanken zu den Tageslosungen.
Genau vor dem heute von Ihnen aufgeführten Problem stehe ich immer wieder: Soll ich wirklich die hohe … mehrSumme spenden, die ich mir vorgenommen habe zu überweisen? Wenn ich mich dann für den höheren Betrag entschieden habe, fühle ich mich hinterher zufriedener !
Gottes Segen für Ihre weiteren Anregungen und Gedanken.
Liebe Grüße , Ute
Sehr schön und so wahr.
Ihr Wort zum Tag hat mir gut getan.
Vielen Dank dafür, Herr Werth.
Lieber Jürgen Werth
Ihre Gedanken sind ja sooo richtig und treffen ins Schwarze! Sie machen das so gut! Herzlichsten Dank! Es ist eine Wohltat ihnen zuzuhören.Gott segne Sie!
Ernst u Jacqueline Gassmann
Lieber Herr Werth,
danke, dass Sie mir/uns auf so einfühlsame Art einen Spiegel vorgehalten haben. Und danke für Ihre Ehrlichkeit, aus Ihrem persönlichen Leben etwas weiterzugeben. Das hat mir … mehrgeholfen, wieder mutiger Gott zu vertrauen und wieder eine fröhliche Geberin zu werden.
Und Dank sei vor allem unserem guten Gott, der so gerne hilft, vergibt und einen Neuanfang schenkt.
Herzliche Grüße und Gottes reichen Segen für Sie alle.
Renate Paska aus der schönen Trompeterstadt Bad Säckingen im Südschwarzwald
Danke, Herr Werth, für diese wunderbare Erklärung dieses Bibeltextes.
Wenn ich die extreme Armut in vielen Ländern sehe, dann schäme ich mich, in so einem reichen Land leben zu dürfen.
Ich spende … mehrauch an viele Organisationen, die sich um Notleidende in Natur und Gesellschaft kümmern. Manchmal würde ich den Spendenbetrag vergrößern, wenn ich wüsste, dass das Geld auch dort ankommt, wo es wirklich dringend gebraucht wird.
Ein schlechtes Gewissen macht mir jedoch, obwohl ich schon jährlich einen guten Betrag spende, es längst nicht die in der Bibel empfohlenen 10% sind.
Bitte beten Sie für mich, dass der HERR mir zeigt, wann der Bedarf besonders nötig ist und dann mein Stift den Betrag vergrößert. Auch der ERF erhält jährlich einige Spenden von uns.
Danke nochmals für Ihre deutlichen Worte zum heutigen Bibelvers.
Mit freundlichem Gruß und Gottes Segen für Sie!
Lilly N.