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Hermann war stärker

Jutta Schierholz über Matthäus 13,33

Jesus spricht: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.

Matthäus 13,33

Ich denke gerne an Hermann zurück. Wir hatten eine gute Zeit zusammen, der Hermann und ich. Hermann hat mir viel Freude bereitet, mich großzügig beschenkt, mich herausgefordert, mich an meine Grenzen gebracht. Und schließlich hat er mich besiegt, ich musste ihn gehen lassen. Ich war zu schwach für Hermann.

Hermann war ein Sauerteig. Irgendjemand hatte ihn mir geschenkt, und ich musste Hermann zehn Tage lang mit Mehl, Milch und Zucker füttern, ihn dann in vier Teile teilen, aus einem Teil einen Kuchen backen und die anderen drei Teile weiterverschenken. Ich behielt gewöhnlich einen der drei Verschenk-Teile für mich und machte mit diesem weiter. Denn die Hermann-Kuchen schmeckten wunderbar. Ich habe sie geliebt. Und ich habe viele Hermann-Kinder weiterverschenkt. Alle mochten Hermann.

Aber es kam der Punkt, an dem es schwierig wurde. Denn irgendwann waren alle Freunde, Nachbarn und Bekannten mit Hermann versorgt. Alle erstickten selbst schon schier in Hermännern, die sie loswerden mussten. Deshalb musste ich meine Hermänner selbst verbacken, musste immer mehr Mehl und Zucker anschleppen, die Kuchen stapelten sich, und dann konnte ich nicht mehr. Ich verschenkte meinen letzten Hermann. Es war zu viel. Mit so viel Dynamik konnte ich nicht umgehen.

Deshalb macht es mir geradezu ein bisschen Angst, wenn Jesus hier in Matthäus 13,33 sagt: „Das Himmelreich gleich einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.“ So ein bisschen Sauerteig kann tatsächlich eine Menge bewegen. In diesem Fall „drei Scheffel“ Mehl, also um die 20 Kilo, einen großen Trog voll. Wenn der dann erst noch aufgeht … Wie viele Brote lassen sich daraus backen? Wie viele Menschen werden davon satt? Wie gut schmeckt so ein Brot? So ganz anders als das flache Fladenbrot, das man bekommt, wenn man keinen Sauerteig hat. Ist dieses weiche, saftige Brot vielleicht ein kleiner Vorgeschmack auf den Himmel?

Dieser kleine Teig, der alles durchdringt und aufgehen lässt, ganz von selbst, ist ein Bild für das Himmelreich, sagt Jesus. Das Reich Gottes ist stark, dynamisch, es setzt sich durch, es lässt sich nicht aufhalten oder unterdrücken. Es quillt immer wieder aus allen Ritzen hervor. Weil es an sich eine Kraft hat, die unwiderstehlich ist.

Es ist ein ungewohnter Gedanke, irgendwie. Wie sehr bin ich immer wieder damit beschäftigt, für das Reich Gottes einzutreten, dafür zu argumentieren, Programme zu seiner Verbreitung zu entwerfen. Als ob es hier um eine reine Idee geht, die selbst kein Leben besitzt und die davon abhängt, dass ich mich für sie engagiere. Dabei habe ich es doch hier mit etwas zu tun, das selbst lebendig ist und das sogar viel stärker ist als ich. Das Reich Gottes ist nicht auf mein bisschen Kraft angewiesen. Es kann sehr gut für sich selbst sorgen. Es ist nämlich genau umgekehrt: Dadurch, dass ich Teil des Reiches Gottes bin, kann ich überhaupt erst all das tun, was ich tue. Ich habe diese ungeheure Dynamik im Rücken, ich muss sie nicht selbst erzeugen. Ich darf an dem Anteil haben, was Gott bereits in der Welt tut. Seine Lebenskraft wird zu meiner.

Und wenn mir jemand wieder einmal einen Hermann schenkt, werde ich den natürlich wieder gut füttern. Und viele Menschen damit satt und glücklich machen.

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Kommentare (2)

Jutta Schierholz /

Hallo Herr B., es gibt in Hamburg auch eine Person namens Jutta Schierholz. Die Autorin dieses Beitrags ist aber nach wie vor in Berlin glücklich :-)
Liebe Grüße, Jutta Schierholz

Michael B. /

Ist Jutta Schierholz nach Hamburg umgezogen? Bisher wohnte sie in Berlin!
Liebe Grüsse