/ Wort zum Tag
Herausfordernd
Thomas Eger über Matthäus 6,12.
Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Es ist das Gebet der Gebete. Jesus Christus selbst hat es eingeführt. Das Gebet ist bekannt unter dem Titel: „Gebet des Herrn“. Von Christen wird es auch das „Vaterunser-Gebet“ genannt. Sie kennen es bestimm!
Sein Inhalt besteht aus sieben Bitten. Darunter ist eine Bitte auffällig. Sie wird nämlich durch eine Aufforderung ergänzt. Das bedeutet, Gott wird diese Bitte nur erfüllen, wenn ich darauf eingehe. Es handelt sich um die fünfte Bitte des Gebets. Und sie heißt: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern!“
Ich finde, Bitte um Vergebung ist ein Kernanliegen in meiner Beziehung zu Gott. Dafür wurde Gottes Sohn ja Mensch. Dafür hat er sein Leben geopfert. Dafür starb er am Kreuz. Damit mir meine Schuld vergeben werden kann, von Gottes Seite aus.
Was ist das für eine Schuld? Es geht um Schuld gegenüber Gott und Menschen. Der Schuldenkatalog, in dem alles aufgelistet steht, das sind die Zehn Gebote Gottes.
Wer da in einem Punkt versagt, wird schuldig. Dabei zählt Gott ein Schuldigwerden an anderen Menschen auch als ein Schuldigwerden an ihm! Das kann er sich erlauben, weil er der Schöpfer aller Menschen ist. Wer einem anderen Menschen Böses tut, schadet damit einem Geschöpf Gottes!
Also: Im ersten Teil dieser Bitte bete ich zu Gott, mir alles zu vergeben, womit ich andere Menschen belastet habe. Gottes Antwort darauf ist: „Tu ich gerne!“ - und jetzt kommt Gottes Bedingung dafür faustdick: „Aber nur, wenn du bereit bist auch dem Menschen zu vergeben, der an dir schuldig wurde!“
Das ist keine einfache Sache! Als junger Mensch wurde ich einmal von einer Person seelisch sehr verletzt. Als dann im Gottesdienst das Vaterunser-Gebet dran war, wurde ich stutzig. Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, dem zu vergeben, der so gemein zu mir gewesen ist. Und das war jetzt mein Dilemma. Mir wurde klar, wenn ich meinem Nächsten nicht vergeben kann, dann vergibt Gott mir auch nicht.
Ich dachte es so zu lösen, dass ich diese Bitte beim Vaterunser beten einfach auslasse. Aber das war keine Lösung auf Dauer. Da sammelte sich bei mir zu viel Schuldenstaub an. Ich wurde darüber nicht mehr Herr.
Ich wurde unglücklich. Unglücklich wegen der seelischen Verletzung, die ich erlitten habe. Ich konnte oder besser gesagt, ich wollte nicht vergeben. Da hab ich zum ersten Mal gespürt, wie Hass bitter macht. Das hat mich angefressen!
Unglücklich war ich aber auch, weil ich meine Schuld gegenüber anderen nicht losgeworden bin. Gott vergab mir meine Schuld nicht, da ich ja nicht vergeben wollte! Irgendwann hat es dann aber Klick gemacht bei mir. Werde ich wieder frei und froh dadurch, dass ich vergebe? Dann soll mich nichts mehr daran hindern, es auch zu tun. Vorbild dafür war Jesus selbst. Er hat im Sterben am Kreuz sogar seinen Mördern vergeben! Das ist wahre Größe! Also, warum sollte ich nicht auch vergeben? Ich musste ja keinen grausamen Tod sterben wie er. Was mich verletzt hatte, waren nur böse Worte gewesen.
Gesagt, getan! Vergeben können macht frei! Frei vom Bittersein. Vergeben entkrampft und macht wieder froh!
Das zu erleben, wünsche ich Ihnen auch, sollten sie gerade ein Problem haben mit der fünften Bitte des Vaterunsers!
Ihr Kommentar
Kommentare (5)
Hallo Herr Eger,
ich freue mich immer, wenn Sie schreiben.
Herzliche Grüße an Ruth.
L. G.
Andrea Schneider
Ich möchte mich hier Susanna V. anschließen! Ich glaube nicht, dass der Herr nur dann vergibt, wenn wir es zuvor getan haben. Es erinnerte mich an den Text aus Matthäus 18, 21-35 (den ich erstmal … mehrfinden musste): Der Herr vergibt einem Knecht 10.000 Talente; dieser aber geht danach hin und misshandelt einen, der ihm 100 Groschen schuldet. Der König zitiert ersteren wieder zu sich und straft ihn heftig ab! Jesus ermahnt uns daher: 35 So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.
Mit der Freude, eine solche Vergebung erfahren zu haben, sollte es uns daher einfacher fallen, auch unseren Geschwistern und Mitmenschen zu vergeben; meine ich. Die Vergebung ist ein weiterer zentraler Baustein im Glaubensleben und im Miteinander in der Familie und Gemeinde. So lese ich das jedenfalls aus diesem Text.
Der Beitrag war sehr gut
Vergebung ist ein wichtiges Thema und ich stimme Herrn Eger zu, dass Gott sich wünscht, dass wir anderen Menschen vergeben. Ebenso glaube ich, dass Unvergebenes in uns schwelt, Hass und Verbitterung … mehrbringt und uns sogar letztendlich psychisch und sogar körperlich krank machen kann.
Ich denke aber nicht, dass es so herum funktioniert, dass Gottes Sündenvergebung für uns nur gilt, wenn wir vorher anderen vergeben. Sie gilt uns bedingungslos. Die Erfahrung, dass Gott uns unsere Schuld erlässt, kann aber in uns bewirken, dass wir anderen genauso vergeben wollen und auch können.
Wen es um Schlimmeres geht als die normalen alltäglichen Begebenheiten, dann sind wir mitunter trotzdem nicht in der Lage dem anderen zu vergeben. Ich denke an Verbrechen, die z.B. in der NS-Zeit an Juden begangen wurden oder auch schwere Misshandlungen in der Kindheit.
Ich denke nicht, dass Gott von uns verlangt, dass wir so etwas aus eigener Kraft vergeben und er uns ansonsten seine Vergebung verweigert.
Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass Gottes Kraft und Liebe sowie die Erfahrung, dass er uns vergibt in uns bewirken können, dass eine betroffene Person solche Verbrechen vergeben kann. Ich halte das aus menschlicher Sicht sogar für ein Wunder, wodurch Gottes Kraft und Liebe sichtbar wird.
Danke, Herr Eger. Das zu schaffen (ich habe gerade ein großes Problem) wünsche ich mir von Herzen.