/ Wort zum Tag
Fluchtversuch
Matthias Dreßler über Psalm 139,9-10.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.
Haben Sie schon einmal versucht zu fliehen? Aus Ihrem beruflichen Umfeld, aus einer Weiterbildung oder aus Ihrer Ehe? Vielleicht sogar aus Ihrem Land? Die Bibel benennt uns mehrfach Persönlichkeiten, die vor Gott oder anderen Menschen zu fliehen versuchen. So verstecken sich Adam und Eva vor Gott.
Der Prophet Elia flieht vor einer Königin Isebel, die ihm nach dem Leben trachtet. Anderenorts finden wir auch Jona auf der Flucht vor Gott und seinem Auftrag.
In Psalm 139 werden verschiedene Ziele der Flucht als Denkmodell und Theorie im Gebet durchgespielt. Eine Variante lautet: „Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.“
Eine konkrete Situation steht dem Psalmbeter vor seinem geistigen Auge: Er meditiert darüber, wie es wäre, wenn er ans äußerste Meer gelangen könnte. – Damit beschreibt er in seiner Sprache das Ende der Welt. Vielfach wurde in seiner Zeit von anderen geglaubt, dass jeder Gott ein konkretes Territorium für seine Herrschaft hätte. Würde man es verlassen, wäre man frei von seinem Zugriff.
Mit den Flügeln der Morgenröte stellt er sich kein besonderes Fluggerät vor. Vielmehr hat er den plötzlichen Wechsel von Tag und Nacht vor Augen, der sich in seiner Heimat ohne eine längere Dämmerungsphase ganz plötzlich vollzieht. Heute würden wir davon sprechen, wie es wäre, wenn wir uns im Bruchteil einer Sekunde an einen fernen Ort beamen könnten.
Von Gott in seinem Gebet geführt, gibt der Psalmbeter sich selbst die Antwort: Auch am äußersten Meer, in unvorstellbarer Ferne würde er auf „Gottes Hand“ treffen. Flucht vor Gott ist also undenkbar. Denn „Nichts ist gegenwärtiger als Gott und doch ist nichts verborgener“, so Stephen Charnock.
Überall auf dieser Welt ist Gott trotz seiner Unsichtbarkeit gegenwärtig. Diese großartige und gewaltige Erkenntnis wird keineswegs abstrakt entwickelt. Also zum Beispiel mit dem Begriff der „Allgegenwart Gottes“. Mit diesem merkwürdigen Wort ist festgehalten, dass Gott an jedem Punkt seiner Schöpfung voll und ganz anwesend ist. Gut alttestamentlich wird sie in diesem Psalm bildhaft und als persönliche Glaubenserfahrung beschrieben. Die Allgegenwart Gottes will nichts anderes bezeugen als: Wo ich war, Gott war mit mir. Wo ich bin, Gott ist mir nicht fern. Wo ich sein werde, Gott wird mich auch dort durch seine „rechte Hand“ leiten und führen. Gottes rechte Hand steht für Gottes Kraft und Durchsetzungsfähigkeit, für seine Macht und Stärke, mit der er erst Israel aus Ägypten und später aus Babylon befreit hat.
Genauso wird Gott uns als neues Bundesvolk in seiner Treue durch schwierige Zeiten bringen. – Gottes Allgegenwart ist dank seinem Sohn Jesus Christus keinesfalls ein bedrohliches Szenarium. Sie eröffnet uns vielmehr die Möglichkeit, ihn überall anzurufen, uns an jedem Ort dieser Welt über seine Gegenwart zu freuen und ihn in jedem Gottesdienst auf dieser Erde begegnen zu können. Warum ist das so? Weil Jesus uns im Matthäusevangelium, Kapitel18, Vers 20 verheißen hat: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“
Eine Flucht vor Gott ist also beides zugleich: Nicht möglich und nicht nötig. – Wegweisend für uns bleibt, dass wir uns tagtäglich auf die Schlussbitte des Psalmes 139 einlassen: „Und siehe,- Gott -, ob ich auf bösem Wege bin und leite mich auf ewigem Wege.“
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Sehr einfühlsam beschrieben!!!
Mein Bruder in Christus Matthias Dreßler, mit Zustimmung habe ich deine Worte gelesen, eine Flucht (ein sich verbergen) vor Gott ist nicht möglich und nicht nötig. Nur Mt.18:20 als Verheißende … mehrErklärung ist meines Erachtens nicht korrekt. Ich erlebe es immer wieder das dieser Vers auch für Gebetsabende o.ä. benutzt wird. Doch wie so oft werden Verse der Bibel aus ihrem Kontext gerissen und genutzt ohne Bezug dazu wovon der Herr Jesus eigentlich geredet hat. Wer Mt. 18 ab Vers 15 liest wird feststellen das es um Gemeindezucht geht. Wenn ein Gemeindemitglied sündigt gehe zu ihm rede mit ihm, zeige das Fehlverhalten auf. Hört er/sie nicht auf dich nehme noch zwei ,drei andere mit die das Fehlverhalten ebenfalls bezeugen misslingt das auch bringe es vor die versammelte Gemeinde. Hat die Person auch dann kein einsehen, behandle sie wie einen Ungläubigen. Und der Abschnitt endet eben in Vers 20 "Wo zwei oder drei ...." Dieses bezieht sich auf Vers 16 wo noch zwei, drei andere mit dem sündigen Gemeindemitglied über sein Fehlverhalten Zeugnis geben. Da ist der Herr mitten unter ihnen wo es um die Untadeligkeit seiner Gemeinde geht. Wenn ich mir als Christ sicher sein will das ein Verbergen nicht nötig ist denke ich an Jeus Worte aus Mt 28:20 Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters. - Gottes Segen für dich und ein erfülltes Wochenende in der Gegenwart des Herrn.