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Feurige Mauern

Hans-Hagen Zwick über Sacharja 2,9.

Ich selbst will, spricht der HERR, eine feurige Mauer rings um Jerusalem her sein.

Sacharja 2,9

Mauern, wozu braucht man sie? Städte haben heute keine Mauern. Zu biblischen Zeiten war das anders. Ohne den äußeren Schutz waren Städte nicht überlebensfähig, leicht auszurauben und zu plündern.

Jerusalem ist zerstört. Gott will, dass sein Volk dort wieder wohnen kann. Aber ohne den Schutz einer Mauer kann das nicht gelingen. Ein Neubau der Befestigungsanlagen bekommt man nicht so schnell hin. Visionär wird im Text angesprochen, dass Gott selbst eine feurige Mauer für die Stadt sein will.

Was meint der HERR mit der feurigen Mauer? Wenn ich an Mauern denke, habe ich nicht die besten Empfindungen. Meine Lebensgeschichte beginnt in der DDR. Die Mauer gehört zur Grunderfahrung. Positive Lebensgefühle kann ich bis heute nicht damit verbinden. Eingesperrt sein, der Verlust von Freiheit, das will ich nicht. Das kann ich mir auch nicht schönreden. Viele, nicht alle, hatten deshalb den Wunsch, dass die Mauer verschwinden möge.

Mein Haus hat auch Mauern. Die find ich allerdings gut. Und dort, wo der Maurer das Loch gelassen hat, ist eine Tür. So kann ich wieder raus, wenn es mir zu eng wird. So viel muss sein. Und Fenster gibt es auch. Rausschauen tut gut. So kann ich meine Freiheit genießen. Anders will ich mir das nicht denken. Wenn Türen sich öffnen, kann ich auch mit feurigen Mauern leben.

Gern erinnere ich mich an die Zeit, als sich die Grenzübergänge der deutschen Mauer öffneten. Wir waren euphorisch und Gott unendlich dankbar.

Am Montag früh morgens sind wir auf der A4 unterwegs. Die Kinder schlafen hinten auf den Sitzen. Die Sonne geht über den Bergen auf. Wir sind an der Grenze. Dort werden wir sofort durchgewunken. Das geht so schnell, wie noch nie. Die Freude ist groß, denn wir haben die Mauer hinter uns gelassen.

Mein Sohn gähnt, räuspert sich, dann richtet er sich auf und schaut nach draußen. Er fragt, wann sind wir denn endlich im Westen? Wir sind schon da, sage ich. Er schaut ungläubig raus und verzieht eine Miene. Der will doch nicht weinen? Was hat er nur?

Vor einem Jahr hatte ich ihm einen großen Kasten mit bunten Legobausteinen mitgebracht. Das wurde zu seinem Lieblingsspielzeug. Mir dämmert, er glaubt wohl, der Westen sähe aus wie das bunte Legoparadies. Sein Kindheitstraum löst sich gerade auf. Stille Tränen kullern. Da muss ich was tun.

Im nächsten Ort angekommen, gehen wir in das größte Kaufhaus der Stadt. Da muss es eine Spielwarenabteilung geben, nicht schwer zu finden. Dort gibt es lauter Legobausätze. Seine Augen leuchten wieder. Der Kindheitstraum kann weiter gehen. Hier ist er gut aufgehoben. Staunend gehen wir durch die bunten Regale. Auch unsere Fantasie steigert sich. Schnell wird sie größer als unser Budget.

Wir drehen uns um. Plötzlich ist der Junge weg. Wo ist der nur? Wir laufen durch die Abteilungen aller Etagen. Er ist nicht zu finden. Verzweifelt stille Gebete gehen zu Gott. Von kleinen hübschen blonden Jungen, die entführt werden – nein, das will ich gar nicht denken. Ich laufe zur Information und lasse ihn ausrufen. Wir suchen weiter.

Da kommt die Information, dass er gefunden wurde, Gott sei Dank.

An der Hand einer Verkäuferin kommt er die Rolltreppe hoch. Wir sind gerade abwärts unterwegs. Wieder kommen ihm die Tränen. Er kann nicht zu uns kommen, denn unsere Rolltreppe geht in die andere Richtung. Aber das kriegen wir hin und schließlich nehmen wir ihn in die Arme. Die Freude ist groß.

Es ist die Angst, die mir immer noch im Nacken sitzt. Es ist der Beinahe-Verlust, der mich nachdenken lässt. Was kann ich tun, um seine Sicherheit zu gewährleisten? Wie kann ich ihn schützen.

„Und ich selbst will, spricht der HERR, eine feurige Mauer rings um sie her sein!“ – Ja, so könnte es klappen. Das ist ein starkes Bild für unser Land. Eine feurige Mauer für meinen Sohn, auch für mich und für Sie, liebe Hörer, nicht eingesperrt, sondern behütet, von Gott beschützt und getragen. So kann es gehen, so will ich es hoffen. Seine Zusage bürgt dafür.

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Kommentare (2)

Markus B. /

Das Gefühl draußen zu sein, andererseits die Sehnsucht geborgen sein. Eine Ambivalenz in unserem Leben. Nur die Beziehung zu Jesus Christus kann den gesunden Ausgleich schaffen. Leben im Reich mehr

Christoph D. /

Flucht - Deutschland hat sich nach der Wende nicht sehr biblisch verhalten.