/ Wort zum Tag
Erziehungszeiten Gottes
Uwe Bertelmann über Psalm 118,18.
Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis.
Erziehungsmethoden ändern sich ja zum Glück. Mein Vater hat als Konfirmand von seinem Pastor noch Schläge mit dem Rohrstock bekommen. Erste Nachkriegszeit. Alle schoben Hunger. Der Pastor musste mal kurz weg – Gelegenheit, den Apfelbaum im Pfarrgarten zu plündern. „Ich gönne sie euch ja, aber züchtigen muss ich euch,“ hat der Pastor nur gesagt, als er plötzlich wieder da war. Zu meiner Zeit war das schon darauf reduziert, dass eine ältere Lehrerin uns tatsächlich noch die Ohren lang gezogen hat. Kann auch weh tun. Heute, zum Glück, undenkbar. Wie ist das mit Gott? Darf Gott mich „erziehen“? – Und wenn ja, mit welchen Methoden.
„Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis,“ steht in Psalm 118. Steiles Gebet! Geht meinem Gottesbild erst einmal quer! Ein Satz, mitten in einem Lobpreislied. Geschrieben vermutlich für die Grundsteinlegung für den 2. Tempel in Jerusalem, also beim Wiederaufbau nach der Zeit des Exils. 40 Jahre Zwangsmigration. Und jetzt wieder zu Hause. Alte Heimat. Neuanfang. Unter schwersten Bedingungen musste alles wieder aufgebaut werden. Und im Rückblick können sie sagen: Gott, du hast uns „schwer gezüchtigt“ – hart gestraft. Streng erzogen. Darf Gott das? Kann es sein, dass Gott uns durch Strafen erzieht? Erziehungsmethoden ändern sich – also: „Das war nur der Gott des Alten Testaments – Jesus ist ja anders“? Funktioniert nur leider nicht – im Hebräerbrief, Kapitel 12, in den Versen 4-14 ist dieser Gedanke zu einem ganzen Abschnitt ausgebaut: Gott erzieht uns, indem er uns züchtigt – sogar so wie ein Vater, der seine Kinder schlägt. In den Zeiten, in denen mein Vater von seinem Pastor geschlagen wurde, wurden solche Verse den Kindern vor den Schlägen noch zitiert. Der Hebräerbrief hebt aber zwei Dinge hervor, die dem Ganzen dann doch eine ganz andere Stoßrichtung geben:
1.: Die menschlichen Eltern, die züchtigen, tun das willkürlich, unberechenbar. Im Gegensatz dazu erzieht Gott definitiv nur zu unserem Besten (was unsere Eltern behaupten, was aber oft eben letztlich nicht stimmt). Man kann also gerade nicht vom Vorbild schlagender Eltern auf Gott schließen.
2.: Schwere Zeiten sind ein hartes Lebenstraining [V 11]. Nach einem Training bin ich fix und alle und denke, ich hätte sämtliche Lebensenergie für alle Zeiten verbraucht – in Wirklichkeit baue ich Muskeln auf. Bekomme Ausdauer. Herz und Kreislauf werden leistungsfähiger. Gott ist der Trainer, der mich im Leben nicht immer schont, sondern manchmal hart rannimmt. Das ist mit diesem Bild der harten Erziehung gemeint.
Ich fange an, mich mit dem Gedanken anzufreunden – und blicke auf mein Leben zurück: Meine Frau und ich sind über 20 Jahre verheiratet. Wir haben miteinander auch schwere Zeiten durch. Krankheitsdiagnosen. Der Tod der Eltern. Berufliche Unsicherheit und Arbeitslosigkeit. Aber wenn wir zurückschauen: Sowohl in unserer Ehe als auch in unserer Beziehung zu Gott waren es gerade diese schweren Zeiten, die die Beziehung tief gemacht haben. Zeiten, in denen wir als Menschen, als Paar und im Glauben gewachsen sind. Ganz klar: Es passieren tatsächlich Dinge, die sind einfach nur schlimm und böse und keine „Schule Gottes“ oder gar Strafe. Keine Frage! Was nicht ganz ausschließt, dass Gott uns nicht selbst durch solche Erlebnisse wachsen und reifen lassen kann.
Die Israeliten konnten im Rückblick sagen: „Du hast uns nicht dem Tod preisgegeben. – Du hast auch im Exil nicht zugelassen, dass Dein Volk untergeht.“ Wenn ich dann im Rückblick sehe, dass gerade oft schwierige Zeiten eine Schule Gottes waren - dann gibt mir das Energie, wenn ich mal wieder durch eine harte Schule muss: Mit Gott, dem liebenden Vater an meiner Seite, schaffe ich auch die nächsten Meter. Schaffe auch den Weg zum Ziel. Werde sogar den Sieg holen. Ich lasse mich nicht unterkriegen! Ja, Gott darf mein Trainer sein.
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
D A N K E !
Eine kleine WhatsAppgruppe in Südbrasilien bekommt von mir die Losungen mit einer Besprechung dazu. Und da bin ich froh, wenn ich was zum Weitergeben finde, und dann sag ich "Gott sei … mehrDank". (Nebenbei: auch der "Gezüchtigte". Psalm 118 bringt auch Vers 21, bringt auch den Dank für die Demütigung).
Herzliche Grüsse
Isolde F.
Sehr geehrter Herr Bertelmann,
danke fuer Ihre klaren und gut strukturierten Worte zu diesem Thema!
Kein leichtes Thema...
Wer moechte schon gern gezuechtigt werden...(?), und es fuehlt sich in … mehrdem Moment ja auch ueberhaupt nicht gut an...
Aber auch in den Spruechen (Bibel) steht von Zuechtigung...
Wir (als Menschen) brauchen Erziehung, leider...; ich wollte, man brauechte sie nicht...
Habe auch schon "Strafe" in meinem Leben erlebt (o. zumindest Entscheidung(en), welche ich als "Strafe" empfunden habe, und welche Gott ja zugelassen hat
Schmerzhaft..., mit fuehlbaren Konsequenzen bis heute...
Aber wichtig finde ich, zu der Einstellung "durchzudringen" (wie Sie das auch so gut geschrieben haben, u. wie Psalm 118 das sagt):
"HERR, Du darfst mich erziehen, ich gebe Dir die Erlaubnis, ich will mich erziehen lassen von Dir, weil, es wird zu meinem Besten sein, damit "Schlacke", Schmutz und Dreck aus meinem Leben rauskommt...
Oefters bitte ich den HERRN um eine
"Betauebungsspritze" (wie bei meinem Zahnarzt????), damit es nicht so weh tut. Und ich sage ihm (meinem HERRN im Himmel) auch, wie es mir geht und wie sich das Ganze anfuehlt.
Er will ja durchtragen, und er macht das auch.
Danke! viele Gruesse
Wunderschön!!
Vielen Dank für die wunderschöne Sicht auf das Training!