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Ein Psalm für mich

Silke Stattaus über Psalm 102,26.

Du hast vorzeiten die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.

Psalm 102,26

„Du hast vorzeiten die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.“

So eine schöne Aussage. Gott als den Schöpfer besingen. Das mache ich doch gerne! Vor meinem geistigen Auge entstehen Bilder von einem Urlaub im Allgäu: Wir sind unterwegs in den Bergen. Plötzlich eröffnet sich uns ein Panorama. Wir bestaunen riesige Berge, saftig grüne Wiesen und bunt gefärbte Bäume vor einem strahlend blauen Septemberhimmel...

Bevor ich aber ganz ins Schwärmen komme, schaue ich mir den Zusammenhang noch einmal an, in dem dieser Vers steht.

Ich bin erschrocken und betroffen zugleich. Hier betet ein Verzweifelter, der sein Herz vor Gott ausschüttet und ihm sein ganzes Leid klagt. Nichts mit saftigen Wiesen und blauem Septemberhimmel. Die riesigen Berge stimmen zwar. Aber die sind kein Naturschauspiel, sondern nackte Tatsachen im Leben eines Betroffenen.

Was hat er nicht alles erlebt. Und wenn nicht er selbst, so weiß er von der Not anderer. Ich lese den ganzen Psalm. Nur Leid, Schmerzen und Ausweglosigkeit. Aber halt. Mitten im Psalm – und das ist auch von der Vers-Zahl her tatsächlich die Mitte - da gibt es beim Beter einen Blickwechsel. Er erinnert sich an das, was er von Gott weiß und wahrscheinlich auch selbst erlebt hat. Und blickt nach vorn in der Hoffnung, dass Gott wieder so handelt. Er bittet um Hilfe für sich und seine Nachkommen.

Plötzlich erkenne ich, dass dieser Psalm doch meiner ist. Es ist noch kein Jahr her, da musste ich wegen einer Entzündung im Darm operiert werden. Bei einer diagnostischen Untersuchung kommt es zu schwerwiegenden Komplikationen: Herzstillstand, halbstündige Reanimation, Notoperation. Ich wache nach 24 Stunden auf der Intensivstation auf und habe von all dem nichts mitbekommen. Aber meine Familie hat schreckliche Stunden hinter sich.

Langsam realisiere ich, was mit mir passiert ist. Gott sei Dank und kaum zu glauben, geht es mir den Umständen entsprechend gut. Ich muss zwar für eine gewisse Zeit mit mehreren Baustellen am Bauch leben. Aber mein Kopf ist hellwach und meine Erinnerungen sind klar.

Ich brauche mehrere Tage, um meine neue Situation anzunehmen. Die Vorstellung, dass ich kurz vor dem Himmel war, macht mich traurig. Ich wäre so gerne bei Jesus – ohne die Schmerzen und Unannehmlichkeiten, die ich jetzt habe.

„Jesus“, bete ich, „dann musst du mir einen neuen Sinn geben, damit ich wieder gerne hier lebe!“. Da fällt mir ein Bibelwort ein, das ich schon lange kenne, aber bisher nie so konkret auf mein Leben bezogen habe. Es steht im Brief an die Christen in Ephesus und wurde von dem Theologen Paulus verfasst. Der sagt: „Gott hat uns vorherbestimmt, damit wir etwas sind zum Lob seiner herrlichen Gnade.“ (Eph. 1,6)

Wenig später kommt mein Mann zu Besuch und sagt wörtlich: „Weißt du eigentlich, wie viele jetzt Gottes Gnade rühmen, weil du lebst?“ Da höre ich das Wort Gnade ein zweites Mal. Wenig später bekomme ich noch eine Karte geschenkt, auf der von Gottes Gnade die Rede ist. Dann ist es wohl mein neuer Job, geht es mir durch den Sinn, neu oder anders von Gottes Gnade zu erzählen.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich in dieses Lob einstimmen kann. Die anschließenden Monate sind mit einer weiteren Operation schmerzhaft und kompliziert. Als mein Arzt vor wenigen Tagen sagt, dass er nun unter meine Krankenakte „abgeschlossen“ schreiben kann, da jubelt es in meinem Herzen.

Und ich sage mit dem Psalm-Beter: „Du hast vorzeiten die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk.“, und füge hinzu: „Danke, dass du auch auf mich kleinen Menschen aufgepasst hast.“

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Anstoß

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Kommentare (3)

Stefanie H. /

Hallo Silke, eine Freundin von mir schickte mir Ihre Andacht. Echt krass, das habe ich auch erlebt, also eine Darm-OP und danach eine Not-OP, weil es Komplikationen gab. Ich habe jetzt einen mehr

Petra /

Vielen Dank, dass sie ihre persönlichen Erfahrungen geteilt haben. Das Erlebte macht Mut und schenkt Hoffnung!

B. Scharrer /

Vielen Dank, Frau Stattaus, für die Auslegung zur heutigen Tageslosung, verbunden mit Ihrem persönlichen Zeugnis der Gnade Gottes! Das hat mich sehr angesprochen.