Navigation überspringen

/ Bibel heute

Die Heilung einer blutflüssigen Frau und die Auferweckung der Tochter des Jaïrus (1)

Marion Christa Nickel über Markus 5,21-34.

Und als Jesus im Boot wieder ans andre Ufer gefahren war, versammelte sich eine große Menge bei ihm, und er war am Meer. Da kam einer von den Vorstehern der Synagoge, mit Namen Jaïrus. Und als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und bat ihn sehr und sprach: Meine Tochter liegt in den letzten Zügen; komm und lege ihr die Hände auf, dass sie gesund werde und lebe.[...]

Markus 5,21–34

Kaum war Jesus also mit dem Boot wieder zurück über den See Genezareth am Ufer angekommen, wartete bereits eine große Volksmenge auf ihn. Viele brachten ihre Kranken in der Hoffnung, dass Jesus sie heilen würde.

Jairus, ein Synagogenvorsteher, lief herbei, fiel Jesus zu Füßen und bat ihn dringend, mit ihm zu kommen, denn seine 12-jährige Tochter lag in den letzten Zügen. Eine dramatische Geschichte also. Ein Kind lag im Sterben. Kurzentschlossen ging Jesus mit ihm. Aber die Leute, die ihm folgten, umdrängten ihn, sodass sie nur langsam vorankamen. Kennen Sie das, wenn etwas Eiliges oder Dringendes gemacht werden muss, dass es genau dann zu Verzögerungen kommt? Oft komme ich dann an die Grenzen meiner Geduld. Jairus, der um das Leben seiner kleinen Tochter bangte, stand unter einem enormen Druck. Warum geht es denn nicht schneller, wird er sich gefragt haben.

Während er mit Jesus und der Menschenmenge auf dem Weg zu seinem Haus war, geschah unerwartet eine weitere Unterbrechung. Eine Frau drängte sich an Jesus heran. Der Weg der Hoffnung für Jairus wurde unterbrochen. Durch diesen Vorfall kam die ganze Menge ins Stocken. Ein weiterer Ausnahmefall: Zwei Krankheitsgeschichten verbinden sich hier miteinander. Eine Rahmengeschichte, das im Sterben liegende Kind und eine in sich abgeschlossene Innengeschichte, die von der blutflüssigen Frau berichtet.

Die blutflüssige Frau

Diese Frau litt seit 12 Jahren an einer nicht stillbaren Regelblutung. In der heutigen Zeit des medizinischen Fortschritts ist dies heilbar. Das jüdische Reinheitsgesetz aber sah vor, dass eine Frau für die Dauer der Regelblutung, sieben Tage als unrein galt. Wer sie anfasste und auch alles, worauf sie saß oder lag, galt ebenfalls als unrein. Das bedeutete, in dieser Zeit keinen Kontakt nach außen zu haben zu können, auch keinen Besuch des Gottesdienstes.

Um was für eine Frau geht es in dieser Geschichte? Sie hat keinen Namen. Auch ist sie allein und ausgegrenzt aus der Gesellschaft. Eine Mauer der Isolation hat sich um sie gebildet. Ich lese von ihrem Elend, dass sie viel erlitten hat von vielen Ärzten und ihr ganzes Vermögen dafür aufgewandt hat. Aber es hatte ihr nichts geholfen, sondern es war noch schlimmer geworden.

Eine jahrelange unstillbare Blutung - was bedeutete das für ihr Leben? Sie war sicher erschöpft und kraftlos geworden. Diese Frau hatte ihre ganze Lebensgrundlage eingesetzt und erlebte doch nichts als Enttäuschung. Die Mauer des Gesetzes hat ihr viel verboten. Sie möchte zu Jesus. Glaube und Hoffnung drängen sie. Aber der Zugang ist ihr durch die Menschenmenge versperrt. Wieder eine Mauer in ihrem Leben, die sie einengen will.

Ich möchte Sie fragen: was sind Ihre Mauern, was engt Sie ein? Es gibt auch unsichtbare Mauern, die wir selbst um uns bauen. Wenn wir beispielsweise enttäuscht, gekränkt oder abgelehnt worden sind. Vielleicht spüre ich diese Mauern auch nur und kann sie nicht mit Namen benennen. „Und dennoch sind da Mauern zwischen Menschen, und nur wie durch Gitter sehen wir uns an,“ heißt es in einem Lied. Wie durch Gefängnisgitter.

Was geschieht mit Menschen, die durch solch ein Gitter getrennt sind? Sie entfremden sich und werden beziehungslos. Gefühle wie Angst, Resignation, Verlassenheit, Ohnmacht, Teilnahmslosigkeit oder Aggression können entstehen.

Gewiss fühlte sich diese Frau auf der Schattenseite des Lebens. Sie kann diese Mauern nicht selbst überwinden. Sie hat es schon so oft versucht, doch viele negative Erfahrungen haben ihr die Kraft genommen.

Dies kann auch für das Leben eines Menschen, der an Jesus glaubt, gelten. Manchmal umgebe ich mich selbst absichtlich mit Mauern. Mit Mauern, die mich schützen sollen. Beispielsweise aus Angst vor Zurückweisung. Oder weil ich von Personen, die mir nahestehen, verletzt wurde. Diese Mauern können viele Formen und Kombinationen annehmen. Wie oft verbrauche ich alle Kraft, um Fassaden zu errichten. Niemand soll merken, wie ich innerlich ausgeblutet bin. Was wäre denn, wenn ein Direktor zugeben würde, dass er am Ende ist. Burnout, ausgebrannt! Um die Fassade nach außen aufrecht zu erhalten, verwende ich oftmals meine materiellen Dinge, damit mein „Ausgeblutetsein“ nicht sichtbar wird. Doch um sichtbare und unsichtbare Mauern zu überwinden, ist die beste Verteidigung ein in Gott gegründetes mutiges Vorangehen. Es muss eine Auseinandersetzung mit der Mauer geben. Doch das kann ich nur, wenn wenigstens senfkorngroß eine Hoffnung, eine Vision, eine Sehnsucht da ist, von dem, was auf der anderen Seite der Mauer ist.

Jesus heilt

In Vers 27 lese ich über die blutflüssige Frau: „Als sie von Jesus hörte, kam sie in der Menge von hinten heran und berührte sein Gewand!“ In der Frau muss dieses Hören etwas ausgelöst haben, dass ihr die Kraft gab, sich einen Weg zu Jesus zu bahnen.

Sie sagte sich: „Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund!“ Da ist ein Sehnsuchtskeim, ein Hoffnungsschimmer, wenn auch nur senfkorngroß. Sie entscheidet sich für eine neue Lebensmöglichkeit. Sie bricht durch zu Jesus. Sie berührt den Saum seines Gewandes. Und sie spürt sofort die Heilkraft, die von Jesus ausgeht. Durch eine kleine Berührung wurde diese Frau wieder lebensfähig gemacht.

In den Versen 30-32 lese ich die Reaktion von Jesus: Und Jesus spürte sogleich an sich selbst, dass Kraft von ihm ausgegangen war, und wandte sich um und sprach: Wer hat mich angerührt? Von Jesus geht göttliche Kraft aus, die heilt, die der Erschöpfung und Kraftlosigkeit ein Ende setzt. Seine Jünger sprachen zu ihm: „Du siehst, dass dich die Menge umdrängt und fragst: wer hat mich angerührt?“ Jesus aber sah die Frau an, die ihn angefasst hatte. Was geschieht hier?

Die Frau fühlt sich ertappt. Sie wird gesehen, wird entdeckt. Eine peinliche Lage für sie. Weshalb provoziert Jesus die Frau so? Er will, dass sie heraustritt und er weiß, sie kann es.
Er sieht sie an. Er gibt ihr die Chance zu einem weiteren Heilungsschritt: Heraus aus der Isolation! Heraus aus Heimlich und Verstohlen! Sie soll sich bekennen und ihr Gesicht wieder zeigen können. Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, denn sie wusste, was an ihr geschehen war. Ihr Glaube und ihre Hoffnung sind plötzlich zur Realität geworden. Sie kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Sie fürchtete sich vor möglichen Konsequenzen, aber andererseits war da das aufregende Erlebnis ihrer Heilung. Jesus sprach zu ihr: „Meine Tochter, dein Glaube hat dich geheilt; gehe hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage.“

 Jesus zu bekennen und für ihn mutig einzutreten ist sehr wichtig. Auch nennt Jesus sie seine Tochter. Ihre Seele ist ebenfalls heil geworden. Diese Wahrheit und dieses Angerührtsein von Jesus brauchen auch Sie und ich – Ihn, Jesus selbst.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.