Navigation überspringen

/ Wort zum Tag

Das Netz

Luitgardis Parasie über Epheser 1,7.

In Jesus Christus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade.

Epheser 1,7

Auf einer schroff emporragenden Insel im Mittelmeer galt einst ein strenges Gesetz: Eine Frau, die des Ehebruchs überführt ist, wird von einem hohen Felsen in den Tod gestürzt, und zwar innerhalb eines Tages. Der Felsen fiel unweit der Kirche fast senkrecht zu den Sandklippen ab.

Wieder einmal war die Frau eines Fischers beim Ehebruch ertappt worden. Ihr wird eine knappe Frist gewährt, in der sie ihren Mann ein letztes Mal sprechen darf. Aber der Mann ist nicht zu Hause. Sie hat keine Chance mehr, seine Vergebung zu erbitten. Auch am Morgen der Urteilsvollstreckung taucht er nicht auf. So wird die Frau in seiner Abwesenheit vom Felsen gestürzt.

Ein paar Stunden später verbreitet sich im Dorf die Neuigkeit, die Frau stehe unversehrt am Herd ihres Hauses. Staunen packt die Dorfbewohner, als der Ehemann erzählt, er habe bis spät in die letzte Nacht und am frühen Morgen tief unter dem Felsen ein Netz gespannt. Dieses habe seine Frau aufgefangen. Die Richter sind sich unschlüssig, was nun passieren soll. Schließlich wird die Markgräfin gerufen. Ihr Urteil: Die Frau darf weiterleben. Zum Andenken an die Rettung schenkt sie der schuldigen Frau ihr Haarnetz.

„Das Netz“ heißt diese Geschichte von Werner Bergengruen. Genau so geht Vergebung: Gott hat ein Netz gespannt. Es rettet Schuldige davor, in den Abgrund gestürzt zu werden. Wer Gott oder den Nächsten bitter enttäuscht hat, wer sich mit Schuldgefühlen quält – für den hat Gott ein Netz gespannt. Und viele haben das auch schon erlebt: Da hat das Netz der Liebe Gottes mich aufgefangen. Da hat Gott eine neue Chance geschenkt, obwohl ich es nicht verdient hatte. Christen sind Leute, die begnadigt wurden.

So wie es im Epheserbrief heißt: „In Jesus Christus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade.“ (Epheser 1,7)

In den Kirchen gibt es gute Rituale, in denen Menschen Schuld vor Gott bringen können und erleben, dass ihnen vergeben wird. Etwa im Beichtgebet vor dem Abendmahl. Da kann ich Gott in der Stille sagen, was mich belastet, was mir leidtut. Und bekomme dann zugesagt: Euch sind eure Sünden vergeben. Und das Wunderbare ist, dass wir das beim Abendmahl nicht nur hören. Wir können es auch sehen und schmecken: Christi Leib, für dich gegeben. Christi Blut, für dich vergossen. Gehet hin im Frieden.

Manchmal sind Menschen auch zur Einzelbeichte zu mir gekommen. Sie wollten es einmal aussprechen, wo sie sich schuldig gemacht hatten. Sie wollten Gottes Vergebung persönlich zugesagt bekommen. Auch dafür gibt es zum Beispiel im Gesangbuch ein schlichtes Ritual, mit Schuldbekenntnis, Gebet, Lossprechen, Vaterunser und Segen. Man beichtet ja nicht dem Priester oder der Pastorin, sondern Gott. Und in seinem Namen spreche ich Menschen die Vergebung zu.

Ein anderes Ritual haben wir häufig bei Glaubensseminaren praktiziert. Am letzten Abend des Seminars bekommen die Teilnehmenden eine Hausaufgabe: Wer möchte, kann für den Abschlussgottesdienst einen Brief an Gott schreiben. Diese Briefe werden vor dem Gottesdienst auf den Altar gelegt. Im Gottesdienst kann man einen neuen Anfang mit Gott machen und sich segnen lassen. Hinterher werden die Briefe draußen verbrannt. Eine Frau schrieb mir danach: „Wie befreiend zu wissen, dass meine Schuld und auch meine Sorgen mit dem Rauch zu Gott aufgestiegen sind.“

Übrigens war die Adventszeit ursprünglich genau dafür vorgesehen: Sich besinnen und sein Leben im Lichte Gottes betrachten. Sich vorbereiten, um den Sohn Gottes zu empfangen. Mit leichtem Gewissen und offenem Herzen. In diesem Sinne wünsche ich ihnen noch zwei gesegnete Adventstage.

Sie möchten noch tiefer in die Bibel eintauchen? Wir empfehlen unsere Sendereihe:

Anstoß

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (2)

Urö /

Meine "Vorschreiberin" schrieb die Schwelle ist hoch. In den letzten 2 Jahren hörte oder las ich nichts aus meiner Gemeinde. Mail, Newsletter etc. scheinen dort Fremdworte zu sein. Man ist mehr

Silvia /

Vielen Dank! Beichtangebote muesste es mehr geben (aber wie?); manchmal ist die Schwelle so hoch...