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Was denkst Du?

Wolf-Dieter Kretschmer über Lukas 5,22.

Wer kann sagen: »Ich habe mein Herz geläutert und bin rein von meiner Sünde«?

Sprüche 20,9

Als aber Jesus ihre Gedanken erkannte, antwortete er und sprach zu ihnen: Was denkt ihr in euren Herzen?

Lukas 5,22

Ich kann mir vorstellen, wie es im Raum geknistert hat. Vermutlich ist das Zimmer brechend voll mit Zuhörern gewesen. In der Mitte Jesus. Weil ihnen der Eingang versperrt wird, öffnen Männer das Dach und lassen einen in einem Tragetuch liegenden Gelähmten mit der Hilfe von Seilen herunter. Ob Jesus helfen wird? Das ist die bange Frage des Kranken und seiner Freunde.  

Jesus wendet sich ihm zu, schaut ihn an und sagt etwas Ungewöhnliches. Er spricht dem Kranken die Vergebung seiner Sünden zu.  Damit hat keiner im Raum gerechnet. Der Kranke am allerwenigsten.  

Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Zuhörer innerlich zusammengezuckt ist. Jesus, weißt du nicht, dass du dich auf dünnem Eis bewegst? Sünden vergeben? Das ist Gott vorbehalten. Oder einem Priester, der Sündenvergebung nach einem vollbrachten Opfer im Namen Gottes zuspricht. Jesus, wieso nimmst du dir heraus, das zu sagen?  

Mich beeindruckt, dass Jesus die Gedanken seiner kritischen Zuhörer durchschaut. Im Lukasevangelium, Kapitel 5, Vers 22 und 23 lese ich:  

Als aber Jesus ihre Gedanken erkannte, antwortete er und sprach zu ihnen: Was denkt ihr in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf und geh umher? 

Wie gesagt, es knistert im Raum. Die theologisch korrekte Antwort müsste lauten: Sünden vergeben ist schwerer. Aber das lässt sich leicht daher sagen. Wie soll ich feststellen können, dass die Sünden tatsächlich vergeben worden sind? Hingegen einem Gelähmten mit Worten zu heilen, scheint unmöglich.  

In diesem Fall ist es schlau, nichts zu sagen. Dementsprechend schweigen die Anwesenden und warten gespannt auf das, was passieren wird.  

Jesus wendet sich dem Gelähmten zu, spricht ihn nochmals an und heilt ihn mit seiner gottgegebenen Vollmacht.  

Mir geht die Frage von Jesus nach: Was denkt ihr in euren Herzen? Auf mich gemünzt: Was denke ich beispielsweise über Leute, die zu ungewöhnlichen und vielleicht rabiaten Mitteln greifen, nur um jemanden in die Gegenwart Jesu zu schaffen? Und wie reagiere ich, wenn das, was ich in der Bibel lese, überhaupt nicht zu dem passt, was ich mir an Glaubensüberzeugungen zurechtgelegt habe? Bin ich bereit, im Kopf umzuparken?  

Über eines muss ich mir klar werden: Jesus durchschaut auch mich. Er weiß um meine Zurückhaltung, kennt meine Bedenken. Jesus ist das eine oder andere heimliche Fragezeichen nicht verborgen, das tief in meinem Herzen entsteht.  

Trotzdem ist er bereit, zu wirken. Warum? Weil er den Glauben des Gelähmten und seiner Freunde sieht. Die praktische, höchst erfinderische Liebe, die nicht eher ruht, bevor sie ihr Ziel erreicht hat.  

Wie gut, dass Jesus damals die kritischen Gedanken im Raum zur Seite geschoben und sich dem Hilfsbedürftigen zugewendet hat.  

Wie gut, dass Jesus derselbe gestern, heute und auch morgen ist. Ich kann damit rechnen, dass er mich sieht und auch versteht, was mich zutiefst bewegt.  

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Kommentare (1)

Markus B. /

Welche Liebe der Freunde. Sie hat Jesus beeindruckt. Die Zuschauer beschäftigen theologische Fragen. Aber Jesus handelt. Sein Reich ist größer als alles Menschen Gewirktes. Wie souverän Gott die mehr