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/ Wort zum Tag

Römer 9,20

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Paulus schreibt: Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so?

Römer 9,20

Neulich habe ich mich beschwert. Ich meinte, ich hätte allen Grund dazu und rief bei der zuständigen „Hotline“ an. Die Dame am anderen Ende der Leitung hörte geduldig zu. Hinterher ging es mir etwas besser – aber ich hatte dann doch den Eindruck, nicht wirklich etwas erreicht zu haben. Aber jedenfalls konnte ich meinen Frust loswerden. Der Ärger bleibt, wenn niemand da ist, der meine Beschwerde hören will. Dann fühle ich mich in meinem Gerechtigkeitsempfinden verletzt.

In unserem Bibeltext für heute klingt es so, als würde Gott alle Anfragen zurückweisen. „Wer bist du, lieber Mensch, dass du mit Gott rechten willst?“ Darf ich mich denn bei ihm nicht beschweren? Ist es etwa unangemessen, wenn ich frage: Gott, warum hast du zugelassen, dass mein Freund mit dem Auto tödlich verunglückt ist? Warum hast du nicht verhindert, dass die Frau eines Kollegen an Krebs gestorben ist, zwei kleine Kinder und ein trauriger Ehemann zurückbleiben? Natürlich dürfen wir Gott mit unseren Fragen bestürmen. In den Psalmen lesen wir von vielen Klagen, die traurige und verletzte Menschen an Gottes Adresse richten. Wir werden geradezu eingeladen, nicht nur unseren Dank, sondern auch unsere Klagen im Gebet vor ihn zu bringen.

Aber was Paulus hier schreibt, ist noch etwas anderes. Wenn Menschen mit Gott „rechten“, ihn zur Rechenschaft ziehen wollen, dann überschreiten sie eine Grenze. „Wer bist, lieber Mensch?“ Ja, wer bin ich denn vor Gott? Habe ich ein Recht, ihn anzuklagen oder gar zur Rechenschaft zu ziehen? Vergreife ich mich dann im Ton? „Kein Werkstück würde seinen Hersteller angreifen und ihm vorschreiben, was er hätte besser machen können“, so argumentiert Paulus, und nimmt das Beispiel eines Töpfers, der aus einem Tonklumpen formen kann, was ihm gefällt – und jedes geformte Stück auch wieder umformen kann.

Wichtig ist, dass wir den Zusammenhang des Bibeltextes im Blick behalten. In drei Kapiteln beschäftigt sich Paulus mit der Frage: Ist Gottes Geduld mit dem Volk, das er sich erwählt hat, zu Ende? Ist Gott mit Israel fertig? Paulus antwortet mit einem kräftigen Nein! Gottes Erbarmen ist nicht zu Ende – er hat die „Nase nicht voll“ von den Menschen, die immer und immer wieder ihre eigenen Entscheidungen getroffen und ihm den Rücken gekehrt haben. Gott nimmt seine Zusagen, seine Verheißungen nicht zurück. Er bleibt treu, auch wenn wir Menschen untreu sind.

Im Gottesdienst singe ich manchmal mit den anderen das Lied: „Herr dein Erbarmen ist groß, dein Erbarmen ist größer als Menschen versteh’n!“ Gott ist und bleibt souverän. Er ist uns Menschen keine Rechenschaft schuldig. Wenn er sich in Liebe erbarmt, dann können wir eigentlich nur sagen: „Danke, Vater im Himmel, dass du so mit deinem Volk, so mit deinen Kindern umgehst. Deine Treue und deine Geduld kommen nicht an Grenzen – so wie bei uns Menschen.“ Die Verse im Umfeld des Bibeltextes sprechen von Gottes Gnade, davon, dass seine Liebe alle Widerstände überwindet. Will ich Gott etwa dafür zur Rechenschaft ziehen? Im Gegenteil: Ich danke ihm von ganzem Herzen dafür, dass es letztlich nicht auf mich, sondern auf sein Erbarmen ankommt. Ich gebe zu, oft verstehe ich nicht, was Gott tut. Dann wünschte ich, es gäbe auch so eine „himmlische Hotline“ mit einem Gesprächspartner am anderen Ende, der mein Unverständnis geduldig anhört und darauf reagiert. Aber dann fällt mir ein, was Paulus im achten Kapitel des Römerbriefes von diesem Gott schreibt, der manchmal für uns rätselhaft bleibt: „Gott ist für uns – wer oder was kann dann gegen uns sein? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle in den Tod gegeben. Wenn er uns aber den Sohn geschenkt hat, wird er uns dann noch irgendetwas vorenthalten?“ Nein, mit diesem Gott will ich nicht rechten – oder ihn für irgendetwas zur Rechenschaft ziehen. Ich will ihm von Herzen vertrauen und mein Leben ihm schenken. Das bewahrt davor, dass er mich am Ende der Tage zur Rechenschaft zieht.

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