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/ Wort zum Tag

Psalm 62,2

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.

Psalm 62,2

„Wenn es nur einmal so ganz stille wäre“, schreibt Rainer Maria Rilke Ende des 19. Jahrhunderts in einem seiner Gedichte. Damals machte man sich um Lärm noch ganz andere Gedanken als heute. Es gab Gesetze gegen das Peitschenknallen bei Pferdefuhrwerken, das Aufschlagen der Pferdehufe auf Kopfsteinpflaster und sogar gegen Geräusche von Absätzen hoher Damenschuhe. Doch die Menschen blieben in der Folgezeit mit ihrer Sehnsucht nach Stille allein. Unaufhaltsam hat sich der Lärmteppich bis heute über unsere Welt ausgebreitet: Eisenbahnen, Autos, Flugzeuge, Maschinen aller Art. Wir sind vom Lärm umgeben. Es ist Lärm, der von außen einwirkt. Rilke schreibt in seinem Gedicht noch einen weiteren Gedanken. Er sagt: „... wenn das Geräusch, das meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen.“ Er kennt auch die Geräusche, die in unserem Inneren da sind.

Stellen Sie sich vor, Sie kämen in die Lage, völlige Stille zu haben. Absolute Ruhe um Sie herum. Was passiert dann? Vielleicht meldet sich dann in Ihrem Inneren mit zarter Stimme eine unerledigte Aufgabe. Sie wollten das schon längst erledigt haben. Im nächsten Moment nutzt eine unerfüllte Sehnsucht die Gelegenheit und schiebt sich etwas lauter in den Vordergrund. Plötzlich donnert aus einer ganz anderen Ecke der Ärger wieder heran, den Sie schon erfolgreich verdrängt hatten. Zumindest glaubten Sie das. Und als dann auch noch der Schmerz über eine erlittene Verletzung sich wie eine Sirene über alles legt, ist es mit der Stille vorbei. Was nützt uns dann die äußere Stille, wenn wir die Stillekiller in uns selber tragen? Axel Kühner schreibt in einem seiner Andachtsbücher eine Anekdote aus seinem Leben. Kurz nach seiner Geburt lag er in seinem Babykorb im Wohnzimmer. Der ältere Bruder spielte nebenher und die Mutter der beiden war in der Küche beschäftigt. Da fing der Säugling an zu weinen. Hunger, das war die einfache Ursache. Der ältere Bruder konnte das Geschrei des Kleinen nicht ertragen. Er beugte sich über den Rand und forderte: „Baby ruhig sein!“ Doch Baby beruhigte sich nicht. Da nahm der Bruder ein Kissen vom Sofa und stopfte es in das Kinderbett. Da wurde es still. Doch schon stürzte die Mutter ins Zimmer, riss das Kissen zur Seite und das Kind begann wieder zu atmen. Die Geschichte zeigt, dass es zweierlei Stille gibt. Die erzwungene Stille, die leicht zur Totenstille werden kann und die Stille, die entsteht, wenn etwa ein Kind gestillt wird.

Wie begegnen wir dem, was uns die Stille raubt? Was machen wir mit den Stillekillern in uns? Ersticken wir sie? Dämpfen wir sie mit irgendetwas ab? Die Angebote sind groß. Von Entspannungsübungen über positives Denken, Meditationen, Yoga und vielen esoterischen Praktiken. In Psalm 62 lesen wir: „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft“ und in einem weiteren Vers heißt es: „Hofft auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht.“ Nicht umsonst reden wir in unserem normalen Sprachgebrauch davon, dass wir „Stille suchen“ und dass wir „Stille finden“. Wir können Stille nicht irgendwie „machen“. Wir sind wirklich darauf angewiesen, sie zu finden. Dazu gehört auch, dass wir unseren inneren Stillestörern begegnen. Wir sollen sie beim Namen nennen, ihnen nicht ausweichen oder sogar versuchen, sie zu ersticken. Vielleicht nehmen Sie sich einmal einen Zettel und schreiben alle diese Störfaktoren auf. Noch besser, wenn Sie einen Menschen haben, mit dem Sie über diese Dinge reden können und der mit Ihnen betet. „Hofft auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht.“ Diese Zuversicht wünsche ich Ihnen für den heutigen Tag. Und dass sie trotz des Lärmes und aller Geräusche, die Ihnen heute zweifellos auch begegnen, stille zu Gott sein können, der ihnen hilft.
 

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Kommentare (3)

D.u.W.Hessenauer /

Das Wort zum Tag war uns heute eine enorme Hilfe. Wir danken herzlich und grüßen mit Segenswünschen

Artur Schmitt /

Danke für diese guten und wichtigen Gedanken. Wir können Stille nicht machen - auch nicht im kommenden "Jahr der Stille 2010". Sonst überdecken wir sie noch. Wir können aber Stille suchen; uns bereit machen für die Begegnung mit Gott. Dass Gott selbst sie uns schenkt, dafür bete ich.

Hildegard Wäfler /

Danke für das ermutigende Wort.Es ist wertvoll. Grüsse Frau Wäfler