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Psalm 22,20

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

"Du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!"

Psalm 22,20

Letztes Jahr war für mich ein Jahr mit vielen Krankheiten. Ich erlebte, wie selbst das Alltägliche kaum zu schaffen war und die kleinsten Aufgaben meine Kräfte überstiegen. Die gewohnte Stärke war verschwunden. Ich war angewiesen auf Hilfe und fühlte mich schwach.

Vielleicht kennen Sie ja solche Zeiten.

Aber selbst wenn nicht – stellen Sie sich doch für einen Moment lang vor, was es bedeutet, wenn jemand zu einem anderen sagt: „Du bist meine Stärke!“

Offensichtlich fühlt sich so jemand selbst nicht stark. So also ob die eigene Wirbelsäule, als ob die eigene Muskulatur nicht mehr stark genug sind, einen zu tragen. Als bräuchte man eine Stütze, ein Korsett, um stehen und gehen zu können. „Du bist meine Stärke!“

Ich möchte gleich abwehrend reagieren, weil das von jemand anderem wirklich viel erwartet. Weil der Mensch damit auch ein großes Stück von sich selbst abgibt, Verantwortung auf andere überträgt, sich abhängig macht.

Wir sind es eher gewohnt stolz zu betonen: „Das ist meine Stärke!“ und damit zu betonen, was wir gut zu können meinen: meine Stärke ist Mathe, oder Singen oder Kuchen backen. Vielleicht könnte man es noch durchgehen lassen, wenn jemand sagt: „Meine Stärke, das ist mein Glauben!“

Aber: „meine Stärke ist Gott“?

So betet es ja der Psalmbeter im heutigen Losungstext: „Du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!“

Offensichtlich ist er auf diese Stärke elementar angewiesen. Sie ist nicht zusätzlich hilfreich, sondern existentiell nötig.

Denn er ruft, er schreit, bittet, bettelt: Eile, mach schnell! Ich brauche dich! Ohne dich kann ich nicht gehen, nicht stehe, nicht atmen und nicht leben!

Gott ist nicht nur der äußere Halt, die Stütze eines Schwachen. Er ist auch die innere Stärke, der Lebensmut, die Lebenskraft.

„Nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir!“ Schreibt Paulus. Und er beschreibt damit sein größtes Glück: ein Leben aus Gottes Kraft, angedockt an die vitale Kraft des Lebens selbst, angewiesen und abhängig von dem, der das Leben selbst ist. Erst in diesem völligen Angewiesen-Sein auf Gott, in dieser existentiellen Abhängigkeit von Gott finde ich zu mir selbst, so beschreibt Paulus seine radikale Entdeckung, als Jesus ihn aus dem Sattel warf und er schwach und ohnmächtig am Boden lag. Da fing mein Leben erst an – so Paulus.

Solche Zeiten der Schwäche, der Krankheit, der Ohnmacht, in denen man nach Gottes Kraft schreit, sind Zeiten, in denen Gott einem näher kommt, als man es sich vorstellen kann.

Die große Chance solcher Zeiten ist es, das einem gar nichts anderes übrig bleibt, als sich Tag für Tag von Gottes Kraft tragen zu lassen.

Solchen Zeiten bergen einen Schatz: wenn ich nichts mehr vorzuweisen habe, was ich geleistet habe, wenn keine Stärke mehr in mir ist, dann bin ich, so wie ich bin vor Gott und seine Liebe erreicht mich in einer viel tieferen Schicht meines Wesens.

Hier, wo ich nichts mehr vorzuweisen habe, wo ich hilflos bin, hier erlebe ich Zuwendung und Liebe viel intensiver. Denn ich selbst habe ja nichts mehr zu bieten. Wer jetzt noch zu mir hält, meint wirklich mich. Vielleicht erlebt man nur in solchen Zeiten wirklich wie bedingungslos Gottes Liebe ist.

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