/ Wort zum Tag
Psalm 119,11
Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.
In meinem Herzen berge ich dein Wort, damit ich nicht gegen dich sündige.
Eine unbeschreibliche Menge von Eindrücken dringen täglich, stündlich, im Minuten- und Sekundentakt in unser Inneres ein: Unsere Augen nehmen Millionen von Bildern auf, die Ohren hören auf Töne und Geräusche, Nase und Mund erkennen die unterschiedlichsten Gerüche und Geschmackseindrücke und unsere Haut nimmt alle möglichen Tastempfindungen auf. Unsere fünf Sinne werden im Alltag manchmal arg strapaziert. Oft sind sowohl die Flut von Bildern als auch der Lärmpegel zu hoch. Alle diese Sinneseindrücke wollen in unserem Inneren einen Platz beanspruchen und unser Herz, unsere Gedankenwelt ausfüllen. Da stellt sich die Frage wie von selbst: Womit sind eigentlich die Kammern unseres Herzens angefüllt?
Zum Glück gibt es die wunderbare Gabe des Vergessens. Das „Vergessen“ verbinden wir zwar meistens mit unangenehmen Zusammenhängen: „Mensch, das habe ich vergessen!“ rufen wir dann aus. Im Grunde aber ist es ein Geschenk, dass wir vergessen können. Die meisten Sinneseindrücke, die wir täglich wahrnehmen, vergessen wir sogleich wieder. Wissen Sie noch, was Sie vor einer Woche zu Mittag gegessen haben? Oder erinnern Sie sich noch an die Farbe der Jacke, die der Buspassagier getragen hat, der gestern Abend vor Ihnen sass? Wenn wir nicht vergessen könnten, würden wir nach kurzer Zeit ob der Fülle an Sinneseindrücken unsern Verstand verlieren.
Und doch gibt es vieles, das in uns haften bleibt. Das Bild des Unfalls, an dem wir ungewollt vorbeigefahren sind oder die Stimme des Lehrers, der es uns in der Schule ein für alle Mal eingebläut hat: „Aus dir wird nie etwas Rechtes!“ Wir tragen viel Belastendes und viel Unrat mit uns herum, Dinge, die wir auch dann nicht vergessen, wenn wir es gerne wollten.
Womit sind die Kammern unseres Herzens angefüllt? Viele Sinneseindrücke erreichen uns, ohne dass wir etwas dafür oder dagegen tun könnten. Es gibt aber auch Schrott in unserm Inneren, für den wir selber verantwortlich sind. Warum setzen wir uns Filmen mit zweifelhaftem Inhalt aus? Ich schaue z.B. schon lange keine Krimis mehr. Warum soll ich mich in einem Verbrechen suhlen? Ich sehe im Alltag schon genug menschliches Leid. Warum lassen wir uns die Ohren mit Musik aus I-Pod-Stöpseln volldröhnen? Ich geniesse es, wenn es wenigstens zu gewissen Zeiten einigermassen ruhig ist in meiner Umgebung.
„In meinem Herzen berge ich dein Wort“, sagt der Psalmist. Er „birgt“ Gottes Wort in seinem Inneren. Er ver-birgt es dort, er hütet es, er lässt es seine Gedankenwelt erfül-len. Wenn wir für das Wort Gottes in unserem Inneren Raum haben wollen, müssen wir ihm bewusst Platz schaffen. Wir brauchen tägliche Zeitinseln, auf die wir uns zurückziehen und auf denen wir uns von äusseren Eindrücken weitestmöglich abschotten. Das kann eine ruhige Ecke in der Wohnung sein oder eine Bank im Park. Dort können wir Gottes Wort dann memorieren, indem wir es lesen, nochmals lesen, darüber nachdenken, darüber beten und es so in unser Inneres eindringen lassen. Es ist gut, Bibelworte auswendig zu lernen. Sie werden so zu einem inneren Schatz. Sie stehen uns zur Verfügung, wenn uns das Leben Fragen stellt. Sie wohnen in uns, wenn wir in Not sind. Sie sind abrufbar auch für Menschen, die uns in einer solchen Not begleiten. Wir können Sie als gelebte Erfahrung weitergeben, wenn wir jemandem beistehen wollen.
„Auswendig lernen“ ist eigentlich das falsche Wort. Die Franzosen und Engländer sagen es besser: „Apprendre par coeur“, bzw. „learn(ing) by heart“, was so viel wie „ins Herz lernen“ heisst. Füllen wir doch die Kammern unseres Herzens mit Gottesworten!
Warum sollen wir das tun? „Damit ich nicht gegen dich sündige“, sagt unser Tagesvers. Gottesworte in unserm Herzen bewahren uns vor dem Sündigen. Sie verbinden uns mit unserem Gott. Wie Adam und Eva beim Sündenfall wollte der Versucher auch Jesus zu Fall bringen. Er widerstand und blieb ohne Sünde. Wie wehrte er den Versu-cher ab? Mit Gottesworten. Jesus lebte intensiv mit seiner Bibel, unserm Alten Testament. Er verinnerlichte die Worte seines Vaters im Himmel. Als der Widersacher Gottes ihn dazu aufforderte, aus Steinen Brot werden zu lassen und damit seine Macht zu missbrauchen, entgegnete Jesus: „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch.“ Und als der Versucher Jesus dazu verführen wollte, ihn anzubeten, hielt Jesu auch hier mit einem Wort Gottes dagegen: „Zum Herrn, deinem Gott, sollst du beten und ihm allein dienen.“
Tragen Sie Sorge zu Ihrem Herzen. Lassen Sie nicht zu, dass es von Müll erfüllt wird. Verinnerlichen Sie stattdessen die kostbaren Worte unseres Gottes!
Ihr Kommentar
Kommentare (6)
Lieber J.H.,
ich habe diese Auslegung ja archiviert und gerade nochmal gelesen-auch Ihre Zeilen. Wüstenzeiten gehören für mich zum Leben und Glauben dazu. Hilfreich war und ist für mich in solchen … mehrZeiten der Austausch mit Glaubensgeschwistern, die ich persönlich für vertrauenswürdig halte. Oasen der Besinnung suche ich durchschnittlich einmal im Jahr auf - d. h. themenbezogene Bildungstage in Bibelkonferenzstätten oder in geistlichen Rüstzentren. Das ist mein Weg durch Krisen- und Umbruchzeiten zu gehen. Dieser Weg sieht bei jedem anders aus. Ich möchte keine gezielte Werbung machen, würde Ihnen jedoch ein paar Adressen nennen, wenn Sie das wünschen. Gerne können Sie mir diesbezüglich eine Anfrage- Email schreiben. (Anmerkung der Redaktion: Die Email wird hier nicht veröffentlicht, kann aber von J.H. bei [email protected] erfragt werden.)
Gott segne SIE!
Lieber J.H.
Die Gefahr, Leute unter Druck zu setzen, ist mir sehr bewusst. Jeder, der eine Glaubenserfahrung weitergibt, geht das Risiko ein, nicht bloss Freude zu erzeugen, sondern auch ein … mehrschlechtes Gewissen oder Frustration.
Sie h a b e n offenbar Ihre Gebetszeiten. Sie h a b e n Ihre Beziehung zu Jesus. Sie h a b e n Freude an ihm und an dem, was er für uns getan hat. Damit ist die Mitte des Glaubens da.
Sie fühlen sich gegenwärtig "wüst und leer und antriebslos". Solche Zeiten gehören zum Christenleben. Auch ich hatte sie schon. Es gab eine Zeit, da stand mir ein einziges Gebet zur Verfügung: Der Psalm 13. Diesen betete ich immer wieder, andere Worte hatte ich keine. Aber es hat durchgetragen, ich kam am anderen Rand der Wüste an.
Grosse Gottesmänner und -frauen kennen und kannten solche Zeiten. Spontan kommt mir Henri J.M. Nouwen in den Sinn, der nach eigenem Bekunden sehr dunkle Räume durchschritten hat. Er schrieb diverse Bücher.
Ich weiss, dass es nicht einfach ist, jemanden aufzufordern, kein schlechtes Gewissen zu haben. Bleiben Sie vor Gott auch in der Wüste. Lernen Sie z.B. Psalm 139,1-14 auswendig. Kauen Sie die Worte wieder und wieder. Lassen Sie sie in sich einsickern. Gottes Worte sind Kraftworte. Sie werden in Ihnen ihre Wirkung zu entfalten anfangen.
Und tun Sie weiterhin das Ihnen Mögliche. Vielleicht schaffen Sie es ja wieder, Ihre Stille Zeit fest im Tagesablauf zu verankern. Aber eben: Lassen Sie es sich schenken!
Danke für das kostbare Wort zum Tag
Eine ausgezeichnete Auslegung des Wortes Gottes, welche ich heute gelesen habe. Vielen Dank!
Diese Auslegung werde ich archivieren und des öfteren nachlesen, denn Sie sprechen die Vergesslichkeit an. Von Natur aus sind wir Gott seis gedankt vergessliche Menschen. Ihre Begründung finde ich … mehrsinnvoll, warum es von Vorteil ist einiges zu vergessen.
Lassen wir uns von Gott deshalb immer wieder daran erinnern, dass sein heiliges Wort aus seinem Liebesbrief für unsere "Herzensbildung" notwendig und segensreich ist. Gott segne SIE in Ihrem Dienst der Wortauslegung weiterhin ganz reich!
Vielen Dank für diese Andacht. Allerdings muß ich sagen, dass sie mich - wie so viele andere mit diesem Inhalt - furchtbar unter Druck setzt. Seit Jahren versuche ich es mit irgendwelchen Zeiten - es … mehrgelingt mir nicht, trotz beten und bitten um Gottes Hilfe. Und dann fühle ich mich als Versager, als nicht lebendiger Christ. Ich schaffe es nicht, mich mit dem Text zu befassen, darüber nachzudenken. Ich lese ( wenn überhaupt) und stehe auf und meine Gebetszeiten sind meist inmitten meines Alltags verstreut. Ich bin dankbar, dass ich überall und jederzeit mit meinem Herrn Jesus über alles reden kann. Aber: FRAGE
Gibt es jemand unter Euch, der auch diese Erfahrung gemacht hat und bei dem es doch irgendwann eine Veränderung gegeben hat. Wäre mir im Moment echt hilfreich - im Moment fühl ich mich wüst und leer und antriebslos und das verstärkt mein schlechtes Gewissen noch.
Trotz allem möchte ich noch zum Schluß klar sagen: Ich finde es richtig, was in der Andacht steht und ich möchte dahin kommen, weil ganz bestimmt in dieser Art die Ruhe im Herrn liegt, die mir so unendlich fehlt.