Navigation überspringen

/ Wort zum Tag

Ohrwurm und Alarmsignal

Heiko Bräuning über Apostelgeschichte 5,29.

Ohrwürmer… ich habe davon ganz viele. Ich wache oft morgens auf, und habe irgendeinen Choral im Ohr. Und den pfeife ich meistens den ganzen Tag. So dass es meine Kinder manchmal schon nervt. Ohrwürmer können aber auch Worte sein. Und das Bibelwort der heutigen Tageslese hat Ohrwurmcharakter! „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

Klar ist dieses Wort tief verankert in einer Zeit, als es die junge christliche „Jesusjüngergemeinde“ schier zerrissen hat zwischen staatlichen Verordnungen und der christlichen Botschaft Jesu. Soll man sich den weltlichen Gesetzgebern unterordnen? Und dabei fünfe grad sein lassen in Bezug auf das Wort Gottes? Soll man sich den Staatsgewalten unterordnen oder treu Jesu Willen folgen? Sich dadurch dann aber auch Gefahren für Leib und Seele aussetzen? Nun, das – ehrlich gesagt – scheint von unserer Realität weit entfernt. Wir haben selten diese Zerrissenheit im christlichen Abendland. Noch dürfen und können die meisten von uns frei und offen bekennen und glauben, was sie wollen. Und dabei ist es meistens kein großes Kunststück, Gott zu gehorchen.

Anders war es für einen Martin Luther, einen Dietrich Bonhoeffer, oder vielen Märtyrern, die ihr Leben verloren haben, weil sie Gott mehr gehorcht haben als den Menschen.

Trotzdem erlaube ich diesem Wort, für mich ein Ohrwurm zu sein. Ein Wort, dass sich immer wieder bemerkbar macht: Gott mehr gehorchen als den Menschen. Aber dieses Wort löst auch ein kleines Alarmsignal in mir aus. Ich hatte nämlich in meinem Leben viele Menschen, denen ich gehorcht habe. Warum? Weil sie seelsorgerliche Väter und Mütter waren, Brüder und Schwestern, die mich sehr gut kannten oder kennen und die mir immer wieder gesagt haben, wo es lang geht. Und ich habe daraus gelernt, dass Gott eben oft durch Brüder und Schwestern redet. Er spricht durch die, die mich kritisch begleiten. Die mir sagen, was ich kann, und was ich nicht können muss. Er spricht durch die, die mir helfen, meine Berufung zu finden und die mir helfen, vieles andere dann eben nicht zu tun. Für mich war das ein „Gott mehr gehorchen“. Und das hat mich davor bewahrt, mir selbst mehr zu gehorchen als ihm und seinen Leuten. Das hat mich bewahrt davor, Gottes Macht für ausschließlich meine Wünsche und Interessen zu instrumentalisieren. Gott spricht durch Menschen.

Aber er spricht und vor allem „hat“ er gesprochen auf eine weitere Art: Ich habe gelernt, dass er zunächst durch mich selbst redet. Er hat mich geschaffen, mit allem Drum und Dran. Er hat so viele Gaben und Talente in mich gelegt – also in jeden von uns. Das heißt, ich darf mich einbringen. Ich darf loslegen. Ich darf tun und lassen. Mit dem Mut, dass das eine gelingt und das andere nicht gelingt. Wie im Gleichnis der anvertrauten Talente deutlich wird. Handelt, bis ich wiederkomme! Einen kleinen Satz überlesen wir oft in diesem Gleichnis: nachdem der Herr an seine Knechte die Gaben und Talente ausgeteilt hatte, „ging er außer Landes“! Das heißt, die Knechte konnten weder über Fax noch Telefon oder WhatsApp mit ihrem Herrn Kontakt aufnehmen, und ihn ständig fragen: „Herr, was sollen wir tun?“ Nein, handelt, bis ich wiederkomme.

Gott mehr gehorchen heißt also, wahrnehmen, mit was er mich begabt hat. Wahrnehmen, mit welchen Gaben und Talenten er mich losgeschickt hat. Genau so haben wir sein ganzes Vertrauen und er traut uns zu, dass wir in diesem Gehorsam tun, was recht ist. Wenn er dann wiederkommt, dann kommen wir miteinander ins Gespräch. Dann schaut er sich an, was wir hinbekommen haben. Diese Art von Gehorsam steckt für mich in dem kleinen Wort „mehr“. Gott „mehr“ gehorchen. Es ist nicht ein ständiges Nachfragen und dann vorübergehend, demütig nichts tun, bis er sich eventuell meldet und Aufträge und Ansagen erteilt. Nein! Ihm mehr gehorchen heißt, mutig mit dem zu handeln, was er in uns hineingelegt hat.

Ich bin noch nicht fertig mit meinen Gedanken zu diesem starken Wort. Und ich bin offen für jeden, der es völlig anders sieht und mich eines Besseren belehrt! Aber: ich erlaube diesem Wort Gottes, Ohrwurm zu sein und zu bleiben, von mir aus jeden Tag! „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

Sie möchten noch tiefer in die Bibel eintauchen? Wir empfehlen unsere Sendereihe:

Anstoß

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (5)

Reiner K. /

ich freue mich sehr über den Text
Grüße Reiner Kurz

Angela K. /

Ein herausfordernder Text! Gott hat mir den freien Willen geschenkt, also hat er in mich, in uns Menschen, eine riesige Menge Vertrauen gesetzt. Er traut uns zu, dass wir unseren Talente und Gaben gut für ihn einsetzen. Was für ein Vertrauen, wenn ich uns Menschen ansehe! DANKE!

Markus /

Frage ist, was sagt mein Herz. Wovon ist es gefüllt? Davon geht es in meinem Mund über. Was der mainstream sagt, kann mir dann egal sein. Wem opfere ich meine Zeit? Talente sind Möglichkeiten, die mehr

Andrea F. /

Danke für dieses mutmachende und auffordernde Wort!

Andrea H. /

Ich kann in der heiligen Schrift nirgends finden, dass Gott mir vertraut. Was ich finden kann, ist, dass er seinen wiedergeborenen Kindern den heiligen Geist gegeben hat, der sie leitet, begleitet und führt nach seinem Willen.