/ Wort zum Tag
Ohne Ende
Christoph Wolf über Prediger 5,1.
Sei nicht schnell mit deinem Munde und lass dein Herz nicht eilen, etwas zu reden vor Gott; denn Gott ist im Himmel und du auf Erden; darum lass deiner Worte wenig sein.
Es war in den achtziger Jahren. Wir waren mit einer Gruppe von 30 Jungs zwischen 15 und 17 Jahren zu einer Bibelrüstzeit zusammen. Bibelrüstzeit mussten in der DDR die christlichen Freizeiten genannt werden, weil Freizeitbeschäftigung laut Partei ausschließlich Sache der Staatsjugend FDJ war. Schon 1947 hatte ein sowjetischer Major den kirchlichen Mitarbeitern geraten: „Ihr sollt beten nicht baden“. Wir waren mit unserer Gruppe in einem Dorf mit Pfarrhaus und einer wunderschönen alten Kirche. Natürlich gehörten neben Bibelarbeit, Singen und Gebet auch Wandern, Volleyball spielen und andere Freizeitaktivitäten zu unserem Tageslauf. Nach dem gemeinsamen Abschluss am Abend luden wir alle zur Gebetsgemeinschaft in die Kirche ein. Jeder durfte, keiner musste kommen. Gebet kann man nicht verordnen. Die kamen, saßen auf Sitzkissen im Altarraum. Einzig eine Kerze erhellte die dunkle Kirche spärlich. Für die Jungs war das eine ganz neue Erfahrung. Manche beteten zaghaft laut, andere schwiegen, waren aber dabei.
Einer betete gern, das war zu merken. Und er betete zunehmend länger. Schließlich so ausführlich, dass sonst kaum jemand zu Wort kam. Vielleicht hatte er die Mahnung des Paulus: „Betet ohne Unterlass“ falsch verstanden und betete ohne Luft zu holen. Wir hatten das schon angesprochen, aber ohne Erfolg. Und so geschah es, dass an diesem Abend sein Gebet endlos schien, es wurde schon unruhig, bis ich laut und deutlich mitten hinein in sein Gebet AMEN sagte.
Alle schreckten zusammen, der Beter stockte und schwieg. Wir beendeten die Runde und verließen die Kirche. An die weiteren Reaktionen kann ich mich nicht mehr erinnern und ob mein AMEN Langzeitwirkung hatte, weiß ich auch nicht. Aber an dieses Erlebnis erinnerte ich mich, als ich die Losung der Herrnhuter Brüdergemeine für diesen Tag gelesen habe:
„Sei nicht schnell mit deinem Munde und lass dein Herz nicht eilen, etwas zu reden vor Gott; denn Gott ist im Himmel und du auf Erden; darum lass deiner Worte wenig sein.“ (Prediger 5,1).
In der Übertragung „Hoffnung für alle“ lautet der Vers: „Denk erst nach, bevor du betest, sei nicht zu voreilig! Denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde – also sei sparsam mit deinen Worten!“
Das klingt ja fast wie eine Warnung, zumindest wie ein wichtiger Hinweis. Der Hinweis ist berechtigt, denn wer betet, hat Audienz beim Schöpfer, dem Herrn von Himmel und Erde.
Wer eine Audienz bei einem Mächtigen dieser Welt hat, der bereitet sich vor, und redet nicht unüberlegt daher. Sollte das bei Gott anders sein? Und wer immer nur selbst redet, der erwartet offenbar gar nicht, dass Gott mitreden und antworten will.
Der englische Baptistenpastor und bekannte Prediger Spurgeon hat es so formuliert: „Beten ohne Inbrunst ist so gut wie jagen mit einem toten Hund; beten ohne innere Vorbereitung ist so gut wie mit einem blinden Falken auf die Beize gehen.“
Auch beten will also gelernt sein. Nicht umsonst bitten die Jünger Jesus: Herr, lehre uns beten. Und Jesus gibt ihnen das Vaterunser an die Hand.
Ihr Kommentar
Kommentare (4)
Guten Tag Herr Wolf,
In Bezug auf ihre Auslegung zu Prediger 5,1...
Sehen sie einen Unterschied zwischen Beten und reden mit Gott?
Wenn ich in Beziehung lebe mit Gott,rede ich mit ihm,oft und … mehreinfach über alles ,was in meinem Leben los ist..die alltäglichen Aufgaben oder Termine,die mir Angst machen...über Vergangenes und Zukünftiges...
Da bereite ich mich aber nicht jedesmal darauf vor,wie vor einem wichtigen Gespräch.
Dann verliere ich schnell den Mut,mit ihm zu reden,weil ich ja evtl nicht die richtigen Worte finde oder meine innere Haltung nicht ehrfürchtig genug sein könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit B.-G.
Ich glaube wie ein Kind und ich fühle mich auch wie Gottes Kind. Ich habe Respekt vor meinem Himmlischen Vater wenn ich ihn anrede. Aber ich würde mich nicht wie für eine Konferenz mit einem … mehrRedebeitrag vorbereiten. Er ist der einzige, wo ich offen sprechen kann. Auch über unangenehme, beschämende Dinge und ich weiß das er mich liebt. Auch wenn er als Vater Dinge nicht gut heißt. Aber bereits beim Aussprechen weiß ich darum das es mir nicht gut tut, was ich an seinem Wort vorbei getan habe.
Der Junge aus dem Beispiel hatte vielleicht sonst keine Gelegenheit Gehör zu finden. Oder er war unsicher und suchte nach Anerkennung. Dies kann bei einem lauten Gebet in der Gemeinschaft schon mal passieren. Manch einer hört sich dann vielleicht selber gerne. Aber auch da steckt eine Not hinter.
Trotzdem Danke für Ihren Beitrag. Der Hinweis auf das auch stille sein zu Gott und das Vater Unser fand ich sehr wichtig!
vielen Dank für diesen Impuls!
So habe ich das noch garnicht betrachtet...auch wir haben in unserem Hauskreis so eine " kein Ende findende betende Schwester" es ist spät, alle sind müde, jeder … mehrwürde auch gerne beten und seinen Dank und Anliegen vor Gott bringen und sie betet und betet, redet und redet. Oft beten dann einige garnicht mehr weil sie einfach nach Hause wollen und am nächsten Morgen wieder früh raus müssen.
Das mit dem 'Amen' zu sagen bei einem anderen ,erfordert Mut. Darüber kann man nur beten was der Herr dazu meint, aber es wäre ein guter Ansatz.
.... wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über... sagt die Bibel♡ ich darf meinem Abba-Vater Papa-Dios Jah-Daddy Römer8,15 Galater4,6 ALLES sagen, was ich auf dem Herzen habe, denn Gott ist … mehrzwar mein König und Herr, aber meine Identität ist ERSTENS Kind Gottes und daher ist Gott ERSTENS mein Papa, und Jesus ist mein Freund und Bruder und Erlöser. ER HAT mich auch von Religion erlöst, vom frommen Krampf, von kirchlichem Zwang und Druck, halleluJAH-LOVE♡♡♡ die bibelbasierte und vom Heiligen Geist inspirierte weltweite Vaterherz-Bewegung führt uns zurück zu dieser ERSTEN LIEBE aus Offenbarung 2,4 JesusSeiDank