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/ Wort zum Tag

Jeremia 2,35

Gedanken zu Losung/Lehrtext des Tages.

Du sprichst: Ich bin unschuldig; er hat ja doch seinen Zorn von mir gewandt. Siehe, ich will dich richten, weil du sprichst: Ich habe nicht gesündigt

Jeremia 2,35

Der amerikanische Autor Scott Peck hat sich in seinen Büchern immer wieder auch mit der Frage auseinandergesetzt, was eigentlich das Böse ist. Einmal schreibt er, dass das Böse nicht eigentlich das Böse ist, das wir tun. Denn jeder tut immer wieder etwas Böses. Das Böse, so Scott Peck, zeige sich vor allem darin, dass einer dieses Böse gut nennt.

Und ich denke an ein Interview, das ich vor vielen Jahren mit einem Sohn des Ausschwitz-Arztes Josef Mengele gehört habe. Dieser Sohn sagte auf die Frage, ob sein Vater denn am Ende bereut habe: Nein, diesen Eindruck habe er eigentlich nie gehabt. Und das, obwohl er in Ausschwitz die Vergasung der Opfer überwacht hat, obwohl er menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen durchgeführt hat. Der Sohn von Josef Mengele: Sein Vater habe eigentlich bis zum Schluss immer behauptet, das alles sei gut gewesen, im Dienste der Menschheit, im Dienst der Medizin.

Genau daran denkt Scott Peck wohl, wenn er sagt: „Das Böse ist im Grunde das Böse, das einer gut nennt.“ Man kann auch sagen: Das ist die böseste Ausformung des Bösen.Und das geschieht nicht erst in unseren Tagen. Das klagt auch schon der alttestamentliche Prophet Jeremia an: „Du sprichst: Ich bin unschuldig; er hat ja doch seinen Zorn von mir gewandt. Siehe, ich will dich richten, weil du sprichst: Ich habe nicht gesündigt.“

Ein Gerichtswort, das auf die Untreue des Volkes Juda eingeht, das den lebendigen Gott längst eingetauscht hatte gegen alle möglichen und unmöglichen Götter und Götzen. Das war schlimm. Das war böse. Aber das eigentlich böse war dann, dass die Menschen behauptet haben, es wäre doch alles gut und richtig und vielleicht sogar im Sinne Gottes gewesen, denn er habe sie schließlich bisher verschont. Das angedrohte Gericht, sei nicht eingetreten. „Wir haben nicht gesündigt. Gott kann mit uns zufrieden sein.“

Kennen Sie das auch aus Ihren eigenen Gedanken und Gefühlen? Ich kenne das ganz gut. Es ist ja nicht so einfach, Schuld einzugestehen. Es ist nicht so einfach, mit leeren Händen vor Gott oder vor Menschen zu stehen, mit „abgesägten Hosen“, wie ein Schweizer Freund das immer nennt. Es ist nicht so einfach, mit gesenktem Kopf zugeben zu müssen, dass man ganz und gar danebengelegen  hat, dass man schuldig geworden ist. Viel eher suchen wir tausend Ausreden und Ausflüchte. Viel eher schieben wir die Schuld auf andere. Wir möchten doch noch in den Spiegel schauen können. Wir möchten doch vor uns selbst bestehen können. Das aber ist ein Teufelskreis im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Kreislauf, in dem der Teufel Menschen festhält. Was ist der Ausweg? Vielleicht das, was unsere Väter und Mütter manchmal den „Zerbruch“ genannt haben. Schonungslos offen werden. Sich selbst gegenüber. Gott gegenüber. Und vielleicht auch dem einen oder anderen Menschen gegenüber. Die wohlpolierten Fassaden abreißen und sich als der Mensch sehen, der man nun einmal ist. Einer, der weder Gottes Anforderungen genügen kann noch den Erwartungen der Menschen.

Und dann? Und dann Christus sehen, den gekreuzigten und auferstandenen Christus, der für all unser Versagen seinen Kopf hingehalten hat, der dafür gestorben ist, der uns Gottes unver­diente Gnade, seine unverdiente Barmherzigkeit zusagt. Und diesem Christus zu Füßen fallen. Heulend vor Scham und vor Freude. Ich muss nicht länger so tun als ob. Ich darf der sein, der ich bin. Ein Sünder, der Gottes Gnade geschenkt bekommen hat. Heute und immer wieder.

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