/ Wort zum Tag
Ein kostbares, uns anvertrautes Gut
Alexander Nussbaumer über 2. Timotheus 1,14.
Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.
Paulus ermahnt seinen jüngeren Glaubensbruder Timotheus: «Bewahre das kostbare, dir anvertraute Gut in der Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt.» (2. Timotheus 1,14)
Wir sollen bewahren, schreibt Paulus. Sollen wir als Christen bewahrend, also konservativ sein? Sollen wir an den Traditionen festhalten oder uns der heutigen Zeit anpassen? Wo bewahren, wo flexibel sein? Ich plädiere für folgendes: Klar in der Mitte, beweglich an den Rändern. Welche Fragen sind in unserem Glauben zentral und welches sind Randfragen? Dafür finden wir in den Paulusbriefen Beispiele.
Einige Verse vor unserem Tagesvers schreibt Paulus: „Unser Herr, ... der uns errettet ... nicht aufgrund unseres Tuns, sondern aufgrund seiner freien Entscheidung und seiner Gnade.“
Nicht unsere Eigenleistung, sondern die freie, unverdiente und unverdienbare Gnade Gottes errettet uns. Diese Rettung geschieht durch den Tod Jesu am Kreuz. „Das Wort vom Kreuz ist Torheit für die, die verloren gehen, für die aber, die gerettet werden, für uns, ist es Gottes Kraft“, schreibt Paulus den Korinthern. (vgl. 1. Korinther 1,18)
Lassen Sie mich eine kühne Behauptung aufstellen: Hier – und nur hier - liegt das Zentrum: Jesus wurde aufgrund seines Todes am Kreuz unser Retter. Dies gilt es im Glauben anzunehmen. Damit verzichten wir, stolz zu sein auf unsere guten Taten.
Über viele anderen Fragen kann man als Christ, als Christin, geteilter Meinung sein, ohne dass man sich deswegen bekämpfen oder trennen müsste. Zuerst ein Beispiel von Paulus: Eine damals heiß diskutierte Frage war, ob man Fleisch essen dürfe, das möglicherweise aus rituellen Schlachtungen für heidnische Götter stammt. „Um Himmels Willen nein!“ fanden die einen, „spielt keine Rolle, diese Götzen gibt es gar nicht, sie sind Nichtse“ meinten die anderen. Paulus schlug einen Kompromiss vor. Eine zentrale Frage des Glaubens ist das Essen von Fleisch aus solchen Opfern nicht.
Auch heute entsteht gerade um Randfragen oft Streit: Welches ist der „richtige“ Musikstil im Gottesdienst? Wie soll gebetet werden, still mit geneigtem Haupt oder Halleluja rufend mit erhobenen Händen? Hier sollten sich Kompromisse finden lassen.
Im Zentrum hingegen dürfen wir keine Kompromisse machen. Diese Mitte sollen wir bewahren, wie Paulus im Tagesvers empfiehlt. Der Glaube an Jesus Christus ist bedroht, wenn wir seine Mitte aushebeln. Diese Mitte ist das Kreuz: Viele unserer Zeitgenossen, auch viele Theologen, gehen davon aus, dass der Mensch im Grunde gut ist. So ein Mensch muss erzogen und zum Guten angeleitet werden. Die biblische Ethik wird zentral, das „Wort vom Kreuz“ wird bedeutungslos. Ein im Grunde guter Mensch kann – und muss! – sich selbst erlösen.
Danke, Jesus, du Auferstandener. Ich muss und kann mich nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Du bist mein Erlöser und schenkst mir das, was ich aus eigener Kraft nie geschafft hätte: den Zugang zum Vater im Himmel.
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Lieber Maik W.,
ich sehe uns Menschen nicht als im Grunde schlecht. Es gibt dieses Menschenbild: Da ist gar nichts Gutes im Menschen, er ist durch und durch schlecht. Das teile ich nicht. Wir sind … mehrdurchaus fähig, Gutes zu tun und uns aus eigener Anstrengung zu verbessern. Nur: Auch unser Wesenskern ist von der Sünde betroffen. Wir sind außerstande, uns selber zu erlösen. Da brauchen wir Jesus, insbesondere seinen Tod am Kreuz.
In Jesus verbunden
Alex Nussbaumer
Danke für diese klare und mutmachende Aufforderung, das Wort in der Mitte der Bibelaussage nicht zu verwässern. Dieses wird leider auch in den Leitungskreisen der EKD viel zu oft getan
Lieber Bruder Nussbaumer,
ich freue mich immer wieder auf Ihre erfrischenden Bibelauslegungen. Heute bin ich aber leider nicht Ihrer Meinung: Wenn Sie nicht davon ausgehen, dass der Mensch im Grunde … mehrgut ist, ist er im Umkehrschluss im Grunde schlecht. Sollte Gott etwas im Grunde Schlechtes geschaffen haben? Das sei ferne - würde wohl Paulus sagen. Richtig ist m.E. aber, dass wir ständig dem Bösen konfrontiert werden und deshalb Gottes Hilfe und Beistand brauchen!
Segnende Grüße
Maik W.