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/ Wort zum Tag

Ehrenloge?

Ulrich Mack über Markus 10,42-43.

Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein.

Markus 10,42–43

Das Bibelwort beginnt mit einem Blick in die Weltpolitik. Jesus sagt: „Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an“. Jesus hat damals die römischen Weltherrscher vor Augen, die Besatzungsmacht. Wie recht er bis heute hat, zeigen uns tägliche Nachrichten. Wir können froh sein, in einer funktionierenden Demokratie zu leben. Aber weltweit gibt es leider viele, auf die zutrifft, was Jesus sagt: Mächtige tun ihren Völkern Gewalt an. Grund genug, heute für Politiker weltweit und bei uns zu beten.

Jetzt haben Sie aber nur den ersten Teil des Bibelwortes gehört. Wie geht es weiter? Startet Jesus nun eine Demo gegen die Besatzer? Einen Protest gegen die Großen? Nein, ganz im Gegenteil. Er sagt: “Aber so“ – so wie bei den Herrschern und Mächtigen – „Aber so ist es unter euch nicht, sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein“.

Jesus reagiert hier auf Macht-Sehnsüchte seiner Jünger. Die hatten ja kurz vor dem Einzug in Jerusalem gedacht: Jetzt geht’s los. Jetzt siegt der Messias Jesus mit Kraft. Und da – da wollen wir doch vorne mit dabei sein! Johannes und Jakobus bitten Jesus ungeniert: Wenn du in deinem Reich bist, dann lass uns neben dir sitzen - bitte eine Ehrenloge für verdiente Jünger, ein Ehrenplatz beim Weltgericht. Verständlich, dass sich die anderen Jünger kräftig über die beiden ärgern.

Aber urteilen wir nicht zu schnell über sie! Was wir an ihnen sehen, ist urmensch­lich. Wer strebt nicht nach Ansehen und Ehre? Nach Einfluss, Lob und wenn nötig nach Macht? Wie viele Beziehungskrisen in Familien haben hier ihre Wurzeln? Wieviel Spannungen auch in Gemeinden? Wie oft geht es auch da um Macht, um Einfluss, ums Rechthaben?

Jesus weist hier einen klaren Weg. „Wer von euch groß sein will, soll den anderen dienen.“ Ja – dienen! Hoffentlich kriegen Sie das jetzt nicht in den falschen Hals. Man denkt ja schnell: wenn ich jemand anderem diene, dann bin ich unter ihm, bin kleiner als er oder sie. Aber Jesus zeigt: Umgekehrt ist es richtig. Im Einanderdienen werdet ihr nicht klein, sondern groß! Nicht schwach, sondern stark. Stark im Fragen, wie es dem Menschen neben mir geht. Im Hören und Helfen, im neidlosen Gönnen und Schenken. Dienen hat mit Hingabe zu tun. Das erklärt Jesus gleich danach – und zwar im Blick auf seinen eigenen Weg. Er erklärt: Genau dazu ist er in die Welt gekommen, um zu dienen – und das mit ganzer Hingabe, sogar der Hingabe seines Lebens. Sein Sterben für uns versteht Jesus als Dienen. Damit wir erlöst leben. Die großen Herrscher und Mächtigen, die Jesus vor Augen hatte, leben längst nicht mehr. Aber Jesus lebt, und von seinem Dienen, von seiner liebenden Hingabe leben Christen heute. Grund genug, sich davon anstecken zu lassen. Also nicht zu fragen: Wie bin ich der Größte? Sondern: Wer braucht heute mein Dienen. Nicht fragen: Wo ist meine Ehrenloge? Sondern: Wie kann ich meine Mitmenschen ehren? Einfach deshalb, weil Christus mich liebt und ehrt.

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Anstoß

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Kommentare (2)

Helga S. /

Das Problem ist: Die, die das lesen, sind eh nicht vorrangig die Mächtigen und Wichtigtuer, sondern die Dienenden.

Peter J. /

'Wir können froh sein, in einer funktionierenden Demokratie zu leben.' Meinen Sie das wirklich ernst? Die Politiker versprechen im Wahlkampf, sich für Frieden und für Julian Assange einzusetzen und mehr