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Die richtigen Worte

Dorothee Döbler über Jeremia 32,40.

Ich will einen ewigen Bund mit meinem Volk schließen, dass ich nicht ablassen will, ihnen Gutes zu tun.

Jeremia 32,40

Ich stehe am Krankenbett meines Freundes. Erst Corona, dann eine Hirnhautentzündung, dann eine Herzklappenentzündung. Es sieht nicht gut aus um ihn. Seit Wochen geht es schon hin und her: auf die Intensivstation, wieder auf die normale Station, wieder Intensiv, wieder normal. Und dabei ist er ein so ungeduldiger Kranker. Letzte Woche noch sagte er mir: „Ich muss nur noch etwas zu Kräften kommen, dann entlasse ich mich hier selbst. Ich will endlich wieder in meiner Werkstatt arbeiten. Dieses Herumliegen hier macht mich fertig!“ Und dann klingelte er nach der Pflegekraft, weil er es nicht einmal allein ins Bad schaffte. „Nächste Woche könntet ihr mich doch mal am Vormittag hier abholen. Ich brauch dringend eine Luftveränderung. Wir könnten doch in ein Café und es uns schön machen!“ „Klar, machen wir“, habe ich zu ihm gesagt. „Schau halt, dass du zu Kräften kommst.“

Das war vor fünf Tagen. Jetzt liegt er im Bett, nicht mehr ansprechbar. In der Nase einen Schlauch, der ihm Sauerstoff zuführt. Rastlos gehen seine Beine hin und her. Im Wachtraum spricht er Sätze wie „Ich hab da mal einen Vorschlag ….!“ Und „Jetzt passt mal auf, das ist so: …“
Wenn er wach ist, versagen aber seine Stimmorgane. Er kann nur noch undeutlich lallen. Ich verstehe nicht, was er mir sagen will. Schrecklich!
In einem seiner wachen Momente verabschiede ich mich von ihm. Er drückt mir fest die Hände, reden kann er nicht. Und was sage ich? „Komm schnell wieder zu Kräften. Dann gehen wir einen Kaffee trinken!“ Und drehe mich schnell um und gehe, damit er meine Tränen nicht sieht.

Bin ich feige, dass ich nicht gesagt habe: ‚Das wird das letzte Mal sein, dass wir beide uns sehen! Bleib in Gottes Hand!‘ Ja, das wären gute Worte gewesen. Aber wenn er innerlich noch nicht so weit war? Ich merke, wie unsicher ich bin.

Die richtigen Worte im richtigen Moment zu finden – so schwer ist das …
In der Bibel fand ich bei dem Propheten Jeremia einen Satz, den Gott seinem Volk in einer sehr schweren Stunde zuspricht: Die Babylonier belagern Jerusalem. Die Situation für das Volk ist aussichtslos. Wenn die Feinde erst in die Stadt einfallen, wird es viele Tote geben. Und was aus den Überlebenden wird, ist ungewiss.
Wenn Gott in diesem Augenblick dem Volk durch Jeremia sagen lässt: Ich will einen ewigen Bund mit meinem Volk schließen, dass ich nicht ablassen will, ihnen Gutes zu tun“, dann kann es angesichts der Belagerung wie Hohn in den Ohren klingen.

Aber Gott meint es ernst. Diese Belagerung hat seine Begründung darin, dass sich das Volk Israel gegen Gott gewandt hatte. Es hatte anderen Göttern Tempel gebaut und diese Götter angebetet. Gott aber hält weiter zu seinem Volk. Er lässt durch Jeremia auch sagen:
„Siehe, ich will sie sammeln aus allen Ländern …. und will sie wieder an diesen Ort bringen, dass sie sicher wohnen sollen. Sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.“

Gott schenkt immer Hoffnung, wie verfahren eine Situation auch aussieht.
Hoffnung auch für meinen Freund? Er ist nur einen Tag später verstorben.
Aber ich bin gewiss in meinem Herzen, dass Gott auch mit meinem Freund einen ewigen Bund geschlossen hat, dass er nicht ablässt, ihm Gutes zu tun. Wo kann es einem Menschen besser gehen als im Himmel?

„Komm schnell wieder zu Kräften“, hatte ich gesagt. Ja, Kraft hat er jetzt wieder, dort – in der Ewigkeit ….

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Kommentare (3)

Damaris G. /

Sehr ergreifend, diese Andacht!
Als würde man selbst mit am Krankenbett stehen.
Ich finde es wirklich hilfreich zu wissen, dass auch andere Christen in Gegenwart eines Sterbenden so mitfühlend sind und verzweifelt um die richtigen Worte ringen.

Schild /

DANKE!

Gerhard K. /

Vielen Dank für diesen hilfreichen Beitrag und für das offene Eingeständnis, dass es manchmal schwierig ist, in schweren Situationen die richtigen Worte zu finden.